"Tafel" hat nicht genug Waren:Neue Wege zur Versorgung gesucht

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Neufahrns Pfarrer Henninger regt eine Einrichtung an, die speziell an Flüchtlinge Lebensmittel verteilt

Noch ist es nur ein Gedankenspiel: Möglicherweise brauche es eine eigene Einrichtung, die speziell an Asylbewerber Lebensmittel verteilt, überlegt der evangelische Pfarrer Reinhold Henninger. Er leitet in Neufahrn den Unterstützerkreis, der beständig wächst und auch viele Geldspenden bekommt. Man hätte also gegebenenfalls die Mittel, um neue Wege zu gehen, so der Geistliche am Donnerstagabend im Neufahrner Sozialbeirat.

Zuvor war klar geworden: Die "Tafel" Hallbergmoos wird auch künftig keine Asylbewerber, sondern nur definitiv anerkannte Flüchtlinge als Kunden annehmen. Diese bekämen schließlich Essensgeld und Erstausstattungen vom Landratsamt, so Leiterin Tanja Voges, und im Übrigen hätte man gar nicht genug Waren, um die vielen Asylbewerber mitzuversorgen. An der jetzigen Regelung, die von allen Ehrenamtlichen erst kürzlich noch einmal bekräftigt worden sei, werde man deshalb weiter festhalten, betonte Tanja Voges.

Einen anderen Weg ist zunächst die "Tafel" in Freising gegangen: Zumindest die Flüchtlinge, die in ihren Unterkünften nicht von einem Caterer mit Essen beliefert werden, könnten zur Lebensmittelausgabe an der Kammergasse kommen. Nun sind aber die Asylbewerber, die in der Turnhalle der Wirtschaftsschule untergebracht waren, in die Containersiedlung an der Wippenhausener Straße umgezogen und versorgen sich dort nun selbst. Damit dürfen sie die "Tafel" ebenfalls nutzen. Mittelfristig könnten zu den 200 Kunden einige Hundert dazukommen, so Vorsitzender Peter Bach: "Wir haben aber gar nicht genug Waren, um alle wie bisher zu versorgen." Wie man damit umgehen soll, ist noch unklar, sagt Bach: "Wir suchen gerade intensiv nach Lösungen." Eine solche braucht es womöglich auch für Neufahrn. "Neue Herausforderungen bedingen neue Möglichkeiten und Chancen", sagt Pfarrer Reinhold Henninger mit Blick auf die Flüchtlinge. Auch ohne Traglufthalle leben bereits fast 80 Asylbewerber im Ort, und für den Geistlichen sind sie genauso bedürftig wie Menschen, die in der "Tafel" sehr wohl zum Zug kommen, weil sie zum Beispiel nur eine kleine Rente oder ein geringes Einkommen haben oder Arbeitslosengeld beziehungsweise Sozialhilfe beziehen. Diese Menschen hätten dafür doch vieles, was Asylbewerber nicht hätten, zum Beispiel eine Wohnung mit eigener Einrichtung, so Henninger. Die Argumentation von Tanja Voges zur Flüchtlingsfrage fand er deshalb "sehr schmal".

Auch Sozialreferentin Beate Frommhold-Buhl (SPD) mochte Voges' Argumentation nicht mittragen. "Ich würde die Flüchtlinge auch gerne versorgt sehen", stellte sie klar. Aber sie räumte auch ein, dass das wohl "in der Praxis nicht möglich" sei. Bald werde es im südlichen Landkreis wohl mehr als 1000 Flüchtlinge geben, "und wenn die alle kommen, ist die Tafel am Ende." Man müsse es "jeder Tafel überlassen, wem sie in welchem Maße hilft", sagt auch Bürgermeister Franz Heilmeier (Grüne).

Die "Tafel" in Hallbergmoos hat derzeit schon 365 Kunden, die von 68 Ehrenamtlichen betreut werden. Aus Neufahrn kommen - ähnlich wie aus Eching - 65 Erwachsene mit 33 Kindern. Neufahrn stelle die Hälfte der Bevölkerung im südlichen Landkreis, aber nur ein Viertel der Kunden, wunderte sich Gemeinderat Florian Pflügler (ÖDP). Womöglich sei für viele Neufahrner doch die Hürde, erst nach Hallbergmoos zu fahren oder sich gar für den Bus dorthin anmelden zu müssen, doch zu groß, überlegte Obdachlosenbetreuerin Felizitas Schmitz. Tanja Voges glaubt dagegen, dass die Neufahrner es leichter hätten als die Hallbergmooser. Diese täten sich oft schwer, weil sie aus Scham nicht in der "Tafel" gesehen werden wollten. Voges betonte: "Die, die uns wirklich brauchen, finden den Weg."

© SZ vom 28.11.2015 / bg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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