Täter wartet auf Weihenstephaner Uni-Parkplatz:Der Fall Richard Oetker

Oetker Entführung

Richard Oetker auf dem Weg zur Verhandlung gegen den Entführer.

(Foto: Erk Wirginings)

Vor 40 Jahren wurde der Industriellensohn Richard Oetker als Student in Weihenstephan entführt. An den Folgen leidet er bis heute.

Von Petra Schnirch, Freising

Mit Freising wird Richard Oetker zeitlebens schmerzhafte Erinnerungen verbinden. Hier verbrachte er seine Studentenzeit, seit 1973 lebte er mit seiner Frau Marion in der Domstadt und studierte an der Technischen Universität Brauwesen, eines der Aushängeschilder in Weihenstephan. Und hier nahm sein Leben am 14. Dezember 1976 eine dramatische Wendung.

Gegen 18.45 Uhr hatte Oetker sein Seminar im zweiten Stock des Hörsaalgebäudes am Alten Hochschulhof etwas früher verlassen, war also allein, als er im Dunkeln zu seinem Auto ging - der Parkplatz befindet sich südlich der markanten Gebäude, die heutzutage spöttisch bis liebevoll "Margarinewürfel" genannt werden. Oetker wollte nach Hause in die Zweigstraße fahren. Doch sein Entführer passte ihn ab und zwang ihn in eine schmale Kiste, die in dessen Kastenwagen stand. Der Rest ist bekannt: Ein Stromschlag verletzte den damals 25 Jahre alten Industriellensohn so stark, dass er bis heute unter den Folgen leidet. Zwei Tage später war er frei.

40 Jahre liegt das mittlerweile zurück, an den Studenten Oetker erinnert sich der emeritierte Professor Ludwig Narziß nicht mehr, wohl aber an eine Begegnung auf der Fachmesse Interbrau 1977 in München. Richard Oetker habe sich mit dem Gehen "sehr, sehr schwer getan", erzählt er.

In den meisten Zeitungsberichten direkt nach der Tat fehlt der Hinweis darauf, dass die Entführung in Freising ihren Anfang nahm, ganz. In den Fokus der Ermittler rückte schnell ein Verdächtiger. Erst als sich diese Spur als falsch herausstellte, konzentrierte sich das Landeskriminalamt stärker auf den Ausgangspunkt der Entführung und bat im Mai 1977 um Hinweise aus der Bevölkerung.

Am 1. Dezember sprach ihn ein Mann in der Haydstraße an

Aus dem Bericht "Fall Oetker in Freising neu aufgerollt" in der SZ-Ausgabe vom 27. Mai 1977 geht hervor, dass der Täter sein Entführungsopfer offenbar mindestens zwei Wochen lang ausspioniert hatte. Am 1. Dezember sprach ein Mann Oetker gegen 19 Uhr in der Haydstraße an - vermutlich war es der spätere Entführer. Einen Tag danach wurde der Industriellensohn offenbar beobachtet, als er in der Hohenbachernstraße gegen 15 Uhr bei einem Unfall half, wieder einen Tag später stand ein Kastenwagen, womöglich das Tatfahrzeug, an der Ecke Zweig-, Ganzenmüllerstraße. Das ziegelrote Auto, in dem Oetker am 16. Dezember 1976 bei Germering schließlich gefunden wurde, zeigte die Polizei Anfang Juni mehrere Tage lang am Freisinger Marienplatz.

30 Jahre lang hatte Oetker geschwiegen, inzwischen hat er oft über die beiden Tage der Entführung, seine Ängste und seine Schmerzen gesprochen, vor achteinhalb Jahren auch am Weihenstephaner Campus. "Es war, als wäre eine Hand gekommen, die mich von einem Leben ins nächste geworfen hat", sagte er damals vor 150 Zuhörern. "Wir sind alle stärker, als wir denken. Wir müssen nur selbst daran glauben."

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