Süddeutsche Zeitung

SZ-Balkonien:Saatgut für glückliche Bienen

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Paul und Felix Ilberg haben das Startup "Bienenlachen" gegründet, das Saatgut auf bestäubende Insekten abstimmt.

Von Johannes Schmid, Freising

Vor gut einer Woche hat die Freisinger SZ auf ihrer Facebook-Seite angekündigt, den bislang stets kahlen, unschönen Balkon vor dem Konferenzraum in eine neue, insektenfreundliche Variante von "Balkonien" zu verwandeln und um Anregungen und Ideen dafür gebeten. Drei erste Töpfe sind bereits angesät und ein Kollege hat das von einem User empfohlene Start-up "Bienenlachen" genauer unter die Lupe genommen.

"Eine angenehme und ertragreiche Spielwiese für Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und Co" zu schaffen. Das ist eines der Ziele von Paul und Felix Ilberg, Gründer des Startups "Bienenlachen", das speziell auf Bienen und andere Bestäuber abgestimmtes Saatgut verkauft. Das junge Unternehmen ist Teil der Ilberg GmbH, sesshaft in Freising.

Angefangen haben die beiden Brüder mit Ilbetrics, einem weiteren Startup, das sich auf Leistungsdiagnostik im Mannschaftssport spezialisiert hat. Dazu haben Paul und Felix eigens eine Web-App entwickelt, die sowohl bei der Durchführung als auch der konkreten Auswertung unterstützt und es so möglich macht, das Training für einzelne Spieler und das Team effizient und individuell zu optimieren. Felix trainiert nebenbei noch in seinem Heimatverein Handball-Jugendmannschaften. Dadurch kam er mit Valentin in Kontakt, einem 15-jährigen Schüler. Valentin absolvierte ein zweiwöchiges Schülerpraktikum bei Ilbetrics. Das Ziel der Brüder war es, "mit Valentin ein Projekt umzusetzen und ihn komplett zu integrieren", sagt Felix Ilberg. In den ersten Gesprächen stellte sich neben der Liebe zum Sport die gemeinsame Verbundenheit zur Natur heraus. Und so entstand "Bienenlachen".

Das Projekt will keine Symptome bekämpfen, sondern die Ursache

Felix Ilberg beschreibt die Philosophie und Intention des Unternehmens mit folgenden Worten: "Gesetze beschließen und Blühmischungen vertreiben löst nur das Symptom und nicht die Ursache. Wir müssen uns doch hinterfragen, warum die Menschen so handeln, wie sie handeln." Wenn neue Flächen für Bienen und die Artenvielfalt geschaffen würden, sei das ein sehr guter Anfang. Doch wenn sich in den Köpfen der Menschen nichts ändere, dann hätten wir das gleiche, oder ein neues Problem in den Jahren darauf.

"Wir wollen mit dem Projekt "Bienenlachen" die Ursache des Problems angehen. In unserer heutigen Gesellschaft leiden wir fast alle unter Dauerstress." Ein entscheidender Punkt sei, dass unser Fokus extrem eng werde. "Er ist nur auf uns selbst und die Kampfsituation gerichtet. Das macht ja auch Sinn, da es schließlich um unser Überleben geht." Ob eine Fläche neben mir blühe oder nicht, spiele in diesen Moment keine Rolle, da wir einfach nur überleben wollten. Schafften wir es aber in unserem Alltag nicht mehr in den Ruhemodus zu kommen, habe das fatale Folgen für uns und unsere Umwelt. Im Ruhezustand regeneriere sich der Körper und unser Fokus werde wieder breiter.

Mehrere lokale Betriebe unterstützen das Startup

"In diesem Zustand können wir auf einmal wieder die vielen schönen Dinge um uns herum sehen und sind nicht mehr nur auf uns selbst und unser Überleben fokussiert. Und was passiert, wenn sich fast die ganze Gesellschaft im Kampf oder Flucht Modus befindet?" Die Anzahl der Menschen mit Depressionen und Krankheiten sei auf dem Höchststand, das Bewusstsein für unsere Umwelt und Tiere werde immer geringer. Doch das Schöne sei, dass wir es selbst in der Hand hätten, wie wir uns fühlen und wie wir auf andere Menschen einwirken. "Genau das ist das Ziel, das wir mit "Bienenlachen" erreichen möchten. Nur wenn wir das Bewusstsein der Menschen erreichen und wieder mehr Liebe, Dankbarkeit und Mitgefühl in den Herzen sähen, können wir die Ursache für die Probleme lösen und wirklich einen Unterschied machen."

Und das Projekt schlägt schon erste Wurzeln. Mehrere lokale Betriebe unterstützen das Startup schon und vertreiben die Blütenmischung. Ein Teil des Erlöses wird an das Projekt "Zusammen Halt finden" der Diakonie Freising gespendet, das Kinder, Familien und Jugendliche unterstützt und betreut, in denen ein Elternteil schwer erkrankt oder gestorben ist. Die Bürgermeisterin von Moosburg, Anita Meinelt, hat 500 Päckchen Saatgut gratis den Bürgern zu Verfügung gestellt, die seitdem 5. April im Einwohnermeldeamt ausliegen und gratis mitgenommen werden können. Inspiriert wurden Paul und Felix Ilberg auch vom Film "Das Glücksprinzip", in dem ein Lehrer seine Schüler dazu auffordert, sich zu überlegen, wie sie die Welt verbessern können. Und dass scheinen sie sich zu Herzen genommen zu haben, denn so wie es aussieht werden sie genau das mit ihrem Startup erreichen.

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Quelle:
SZ vom 11.04.2019
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