SZ-Balkonien:Aushilfs-Ranger in der Wildnis

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Dass auf dem Redaktionsbalkon auch Brennessel wachsen, musste der wachhabende Sonntagsdienstler am eigenen Leib schmerzlich erfahren. (Foto: Marco Einfeldt)

Pflanzengießen kann zuweilen ein gefährliches Abenteuer sein.

Kolumne von Alexander Kappen, Freising

Ja, ja, so ein Beitrag zur Artenvielfalt ist schon was Tolles. Dieser naturnah bepflanzte Redaktionsbalkon, "echt und wild", wie er laut der im Frühjahr gefällten demokratischen Grundsatzentscheidung im Kollegenkreis sein soll. Der hat schon was. So prinzipiell. Also wenn man nicht gerade derjenige ist, der das ganze Gestrüpp gießen muss. So wie der wachhabende Sonntagsdienstler, der sich kürzlich - ohne diesmal von der redaktionellen Pflanzen- und Artenvielfalt-Taskforce explizit dafür sensibilisiert worden zu sein - ganz freiwillig des auf dem Balkon vor sich hin dürstenden Wildwuchses annehmen wollte.

Grundsätzlich nicht unbedingt unter akutem Grüner-Daumen-Verdacht stehend, fasste er sich ein Herz, ließ die Gießkanne volllaufen und machte sich damit auf in die Wildnis. Unbedarft und todesmutig, wie sich schon bald herausstellen sollte. Der Aushilfs-Balkonien-Ranger visierte zielstrebig jenes Grünzeug im linken, hinteren Eck an, das angesichts der gnadenlos darauf scheinenden Mittagssonne einen besonders erbärmlichen Eindruck machte. Dabei übersah er aber den noch nicht ganz so erbärmlich wirkenden Bewuchs, der ungünstigerweise in der Einflugschneise stand und der ihm bei genauer Betrachtung durchaus hätte bekannt vorkommen können.

So aber rauschte der Ranger, den sommerlichen Temperaturen entsprechend in ein T-Shirt gewandet, mit den Armen blindlings in den Topf mit den Brennnesseln. Wobei noch zu klären wäre, warum die Pflanzen- und Artenvielfalt-Taskforce in einem klassischen Fall von echter und wilder Fehlplanung die Brennnesseln ausgerechnet direkt vor der Balkontür platziert hat und nicht irgendwo hinten in einem abgelegenen Eck, wo sich schlimmstenfalls die Tauben beim Verrichten ihres Geschäfts gestört fühlen können.

Wie auch immer. Der Aushilfsranger hatte so jedenfalls ein doppelt gutes Gefühl. Einmal, weil er unter extremen, körperlich beanspruchenden Bedingungen einen Beitrag zur Artenvielfalt geleistet hatte. Und dann noch mal, als der Schmerz in den Armen nachließ.

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