Suche nach Lehrlingen:Brotberuf mit Nachwuchssorgen

Nachtarbeit und ein niedriges Einstiegsgehalt: Immer weniger Jugendliche wollen Bäcker werden

Von Laura Caspari, Freising

Die Bäcker klagen über Nachwuchsmangel. Lehrlinge zu finden, wird immer schwieriger, auch weil es weniger Schulabgänger gibt. "Es kommen jetzt einfach die geburtenschwachen Jahrgänge", erklärt Thomas Grundner, Obermeister der Bäckerinnung im Landkreis. Ganz so negativ sieht er die Entwicklung nicht: "Die Leute, die sich bewerben, sind sehr interessiert, die machen das aus Passion." Er selbst hat zwar keine Probleme, an Lehrlinge zu kommen, die Zahlen seien bei ihm über die Jahre konstant geblieben. Allerdings hat Grundner auch vorgesorgt: Er bietet Betriebspraktika für Schüler an. Wenn die Jugendlichen merken würden, dass es ihnen gefällt, würden sie sich auch bei ihm bewerben, sagt er.

Nun liegt Grundners Bäckerei und Konditorei mitten in Moosburg, ist also gut erreichbar. "Für junge Leute ist die Verkehrsanbindung ein riesen Thema", sagt Kathrin Stemberger von der Agentur für Arbeit in Freising. Denn wer mit 16 eine Ausbildung anfängt, hat natürlich noch keinen Führerschein. Und welcher Bus fährt schon um vier Uhr morgens, um die Bäckerlehrlinge zu ihrem Betrieb zu bringen? Alleine wohnen ist bei dem Lehrlingsgehalt ausgeschlossen, selbst wenn man bereit ist, für die Ausbildung umzuziehen. Der Gehalt für Bäckerlehrlinge ist tariflich geregelt, im ersten Ausbildungsjahr erhalten sie laut Grundner 490 Euro pro Monat, im zweiten sind es 600 und im dritten 730 Euro brutto. Erst als Geselle kommt dann der große Gehaltssprung, bei Grundner fängt man dort mit 2100 Euro brutto an.

"Der Beruf ist leider nicht mehr so attraktiv", sagt Hans Kistenpfennig. Die Nachtarbeit sei ein großes Thema, aber auch die Anbindung und der Ruf der Bäckerei würden eine Rolle spielen, ob sich ein Bewerber finde. Grundner hingegen sieht die Arbeitszeit durchaus positiv. "Um vier geht es los, mittags um zwölf ist Schluss", erklärt er. "Dann legt man sich kurz hin und hat dann noch den ganzen Nachmittag frei." Außerdem müssten Lehrlinge nur fünf Tage die Woche arbeiten, sie müssten sich nur etwas darauf einstellen.

Bei der Agentur für Arbeit waren bis August 2016 elf Ausbildungsstellen im Bereich "Back- und Konditoreiwaren" gemeldet, vier davon blieben unbesetzt, bei immerhin zehn Bewerbern. Offene Stellen können zwar immer noch bis Ende des Jahres nachbesetzt werden, wenn sich bis zum eigentlichen Ausbildungsstart im September noch keiner gefunden hat, scheinen die Chancen allerdings nicht gut zu stehen. Laut Kathrin Stemberger war die Tendenz in den Vorjahren ähnlich.

Dass Lehrlingsstellen unbesetzt bleiben, scheint durchaus ein Problem zu sein. Auch Thomas Grundner bereitet das Bäckersterben Sorgen, es ärgert ihn aber, dass viele Betriebe "nicht rechtzeitig handeln". "Bevor ich den Betrieb schließen muss, kann ich ihn an einen jungen Bäckermeister übergeben, der die Bäckerei weiterführt." Ganz so einfach scheint es allerdings nicht zu sein, vor allem, wenn wie im Fall der Bäckerei Stiele in Kranzberg nicht mehr genügend Mitarbeiter vorhanden sind. Denn dann würde das Problem einfach an den neuen Inhaber weitergereicht werden. Nach der Meisterprüfung kann sich ein Bäcker selbständig machen, sich einstellen zu lassen, das wird somit wohl eher nicht das Ziel sein - und ein Meister hat sicher andere Gehaltsvorstellungen als ein Lehrling.

Eine mögliche Lösung sieht Grundner bei den Flüchtlingen. "Ganz sicher können Flüchtlinge die Lücken schließen", meint er. Erst im Juli hat ein afghanischer Asylbewerber bei ihm ausgelernt, der "super integriert" sei: "Er spricht mit einem bayerischen Akzent." Die Flüchtlinge, die erst vor einem Jahr nach Deutschland gekommen sind, sieht er allerdings noch nicht in der Lage, eine Ausbildung zu beginnen. Denn bevor der Afghane als Lehrling bei ihm angefangen habe, sei er bereits zwei Jahre lang in Deutschland gewesen. "Da müssen die nötigen Sprachkenntnisse vorhanden sein", erklärt Grundner, gerade weil es in der Bäckerei viele Fachbegriffe gebe. Was Kistenpfennig gesagt hat, scheint also zu stimmen: Eine einfache Lösung für das Problem gibt es nicht.

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