Student unterstützt Seniorin:Die Pionierin ist 84 und kommt aus Giggenhausen

Lesezeit: 1 min

"Wohnen gegen Hilfe" bietet viele Vorteile und ist dennoch nur eine Wohnform für Menschen mit Spaß an Neuem

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Ingrid Müller, Seniorin aus Giggenhausen, gehört gewissermaßen zu den Pionieren: Die 84-Jährige hat vor einigen Monaten einen jungen Gartenbau-Studenten aus Göppingen aufgenommen, der für sein Zimmer plus Küche und Bad keine Miete, sondern gerade einmal 150 Euro Nebenkosten im Monat bezahlt. Dafür muss er wöchentlich vier Stunden Arbeit im Haushalt von Ingrid Müller leisten. Markus Finner, so heißt der junge Mann aus Göppingen, kümmert sich um den Garten und hilft bei dem, was täglich im Haus anfällt.

Mittlerweile gibt es im Landkreis Freising ein halbes Dutzend solcher "alternativer Wohnformen für Jung und Alt", wie sie offiziell heißen. Vermittelt, unterstützt und begleitet wird das "Wohnen für Hilfe" von Martin Gerstenberger, der im Freisinger Landratsamt für die Wohnberatung zuständig ist. Am Donnerstagabend hat er das Angebot im Neufahrner Sozialbeirat vorgestellt.

Als Faustregel für den Arbeitseinsatz der Untermieter gilt: Für einen Quadratmeter Wohnfläche gibt es eine Stunde Hilfeleistung im Monat. Dabei geht es ausschließlich um Unterstützung bei Alltagsarbeiten. "Es werden keine pflegerischen Leistungen erbracht", betonte Gerstenberger. Er hilft beim gegenseitigen Kennenlernen ebenso wie beim Aushandeln der konkreten Vereinbarungen, die in einem Vertrag fixiert werden. Das Zusammenleben funktioniere dann auf Basis eines Tauschprinzips und sei somit auch kein fiskalisches Thema, solange nur eine Nebenkostenpauschale bezahlt werde, erklärte Martin Gerstenberger auf Nachfrage einer Zuhörerin: "Das ist kein Fall, wo das Finanzamt sagt, es wurde ein geldwerter Vorteil erwirtschaftet."

Das Angebot "Wohnen für Hilfe" gibt es im Landkreis Freising seit 2015, und es sei eine geniale Idee, fand Neufahrns Sozialreferentin Beate Frommhold-Buhl (SPD). Natürlich komme mit dem neuen Mitbewohner jemand Fremdes ins Haus. Aber dafür gebe es mit dem Landratsamt auch eine "zwischengeschaltete Stelle, sodass jemand ein Auge drauf hat", lobte Frommhold-Buhl. Eine gewisse Grundoffenheit solle aber natürlich schon vorhanden sein, ergänzte Gerstenberger.

Neufahrns Zweiter Bürgermeister Hans Mayer (CSU) bezeichnete das "Wohnen gegen Hilfe"-Modell als guten Übergang und als Vorstufe vor der Verpflichtung einer Pflegekraft. Gerstenberger würde sich nun freuen, wenn das Projekt weiter wachse, geht aber davon aus, dass es für solche Partnerschaften zwischen Jung und Alt im Landkreis auch ein Limit gibt: "Maximal 20 sind realistisch", schätzte er.

© SZ vom 25.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: