Streit ums Weideland:Wohin nur mit den Bisons?

Die Gemeinde Neufahrn will ein Grundstück, auf der Bauer Josef Wiesheu seine Bisonherde hält, als Ausgleichsfläche ausweisen. Der Züchter hat nun beim Oberlandesgericht München Beschwerde eingelegt, weil er um seine Existenz fürchtet.

Birgit Grundner

- Die Bisonherde von Josef Wiesheu beschäftigt wohl bald das Oberlandesgericht (OLG) München. Demnächst soll es dort um einen Grundstücksstreit zwischen Wiesheu und der Gemeinde Neufahrn gehen: Diese ist Eigentümerin eines elf Hektar großen Areals, auf dem ein Teil der Herde weidet, und hat den Pachtvertrag nicht mehr verlängert. Aus der Weide sollen Ausgleichsflächen werden. Landwirt und Selbstvermarkter Wiesheu will aber bleiben und fürchtet andernfalls um seine Existenz sowie um die von Metzgern und Verkäuferinnen in seiner Hofmetzgerei: "Da hängen acht Arbeitsplätze dran." Ein alternatives Grundstück für die Bisons habe sich bisher trotz jahrelanger intensiver Suche nicht finden lassen, erklärt er weiter: "Ich weiß einfach nicht, wohin." Seit über 20 Jahren beschäftigt sich Josef Wiesheu mit der Bisonzucht. Die eigentliche Zuchtherde mit rund 160 Tieren steht in Sickenhausen. Über 30 männliche Tiere müsse er aber getrennt davon halten, erklärt der Landwirt, und dafür habe er das ehemalige Militärgelände bei Giggenhausen gepachtet. Vertragspartner war zunächst die Bundesvermögensverwaltung, die das Grundstück dann vor zwölf Jahren verkauft hat.

Auch Wiesheu hatte sich als Käufer beworben. Den Zuschlag bekam aber die Gemeinde. Sie will die Weide laut Bürgermeister Rainer Schneider als Ausgleichsfläche für das geplante Neubaugebiet Mitte-Ost oder für mögliche künftige Gewerbeansiedlungen ausweisen. Landwirtschaftliche Nutzung wäre dort dann nicht mehr möglich. Seit über zehn Jahren wisse Wiesheu, dass er gehen müsse, und hätte sich um Ersatz bemühen können, betont Bürgermeister Schneider: "Wir haben gleich gesagt, dass der Vertrag nicht verlängert wird." Schon seit 2010 hätte Wiesheu das Gelände räumen müssen. Wenn er sich nun weigere zu gehen, und die Gemeinde nicht auf das Gelände zugreifen könne, dann komme das einer "kalten Enteignung" gleich, schimpft der Neufahrner Rathauschef: "Das Verhalten ist absolut indiskutabel."

Die Suche nach einem anderen Grundstück scheitert laut Wiesheu vor allem daran, dass er als Selbstvermarkter nach dem Abschuss eines Tieres innerhalb einer Viertelstunde im Schlachthaus sein muss. Von Giggenhausen aus hat das geklappt. Bei den anderen Grundstücken, die ihm angeboten wurden, wäre das nicht der Fall. Hinzu komme, dass ein zusammenhängendes Grundstück solcher Größe nicht einfach zu finden sei. Der Bürgermeister vermutet noch einen anderen Hindergrund. Für eine heimische Tierart würde sich wohl schon eine Lösung finden lassen, nimmt er an. Bisons dagegen seien nicht ganz ungefährlich und hier eben nicht heimisch.

Schon zweimal haben sich die Parteien vor Gericht getroffen, berichtet Schneider, zweimal habe Wiesheu verloren - und nun Beschwerde beim OLG eingereicht. Schneider geht davon aus, dass die früheren Gerichtsentscheidungen bestätigt werden. Um alles weitere soll sich dann ein Gerichtsvollzieher kümmern - dieser ist bei Wiesheu schon vorstellig geworden. Es ist von Zwangsräumung die Rede. Unterschiedliche Ansichten gibt es auch darüber, inwieweit ernsthaft über eine Tauschmöglichkeit gesprochen wurde: Wiesheu versichert, er habe für die Weide eines seiner Grundstücke angeboten. Schneider sagt dagegen, Wiesheu habe von der Gemeinde nur ein Ersatzgrundstück gefordert.

Die Fronten sind verhärtet, aber Wiesheu hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Vielleicht dränge das OLG ja auf einen Kompromiss, wenn es erkenne, dass es um seine Existenz gehe, überlegt der Landwirt. Und die Gemeinde könnte doch ein anderes ihrer verpachteten Grundstücke als Ausgleichsfläche verwenden: "Warum gerade meines?" Weil gerade dieses Grundstück mit seinem Blick bis zu den Alpen und "von der Lage her prädestiniert" sei, um es der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen, erklärt Bürgermeister Schneider: "Es gehört zu den schönsten Grundstücken in Neufahrn", und davon sollten alle etwas haben.

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