Streit um Flughafen-Ausbau:Bürgerentscheid spaltet Startbahn-Gegner

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Soll ein Bürgerentscheid den Startbahnstreit klären? Darüber sind sich selbst die Gegner des Projekts nicht einig. Denn die Bewohner der betroffenen Gemeinden dürften dabei wohl gar nicht abstimme. Die Frage ist daher: Was halten die Münchner selbst von dem Flughafen-Ausbau?

Christian Krügel und Marco Völklein

Vom Lärm einer dritten Start- und Landebahn im Erdinger Moos wären sie nicht oder nur wenig betroffen. Und dennoch werden wohl die Münchner Bürger über den Flughafenausbau entscheiden können - während die unmittelbaren Airport-Anlieger nicht abstimmen dürfen.

Soll ein Bürgerentscheid initiiert werden, um den Startbahnstreit zu klären? Hierbei dürften ausgerechnet die Bürger Münchens entscheiden - obwohl sie nicht oder nur wenig betroffen sind. (Foto: dapd)

Der geplante Münchner Bürgerentscheid führt zu einem demokratischen Dilemma, das selbst die Flughafengegner spaltet. Hartmut Binner, Sprecher des Bündnisses "Aufgemuckt", nannte beim SZ-Forum am Freitagabend in Freising das geplante Bürgerbegehren eine gute Gelegenheit, "in München die Bürger für unsere Sache einzunehmen".

Ganz anders sieht es der Freisinger Landrat Michael Schwaiger (Freie Wähler): "Ich hätte das nicht gemacht." Er fürchtet, dass sich die Mehrheit der Münchner für den Bau aussprechen könnte und das Projekt damit eine Art demokratisches Gütesiegel bekäme. "Wir werden dieses Votum aber natürlich akzeptieren", kündigte Schwaiger beim SZ-Forum an - und erntete prompt heftige Buh-Rufe der Startbahngegner.

Die hoffen auf ein Nein der Münchner, ein Ja der Großstädter würde die Konfrontation wohl eher noch verschärfen. "Wir Freisinger dürfen nicht mitreden - das ist ein Skandal", hieß es bereits am Freitag. Binners Kollegin im Aufgemuckt-Sprecherrat, Helga Stieglmeier, machte deutlich, dass eine Zustimmung der Münchner zur dritten Startbahn nichts daran ändern werde, dass die Betroffenen in Freising und Erding weiter gegen die Pläne kämpfen würden.

Der "Skandal" rührt aus einem verfassungsrechtlichen Dilemma und der schwierigen Rechtslage rund um den Betrieb des Flughafens. Gesellschafter des Airports sind der Bund, der Freistaat und die Stadt München. Für den Beginn der Bauarbeiten an der neuen Bahn braucht es einen einstimmigen Beschluss der Gesellschafter.

Ziel der Münchner Grünen ist es, dass die Stadt mit Nein stimmt, wenn die Mehrheit der Bürger im Entscheid dies so will. In der Flughafenregion ist ein solcher Entscheid nicht möglich - weder die Landkreise Erding und Freising, noch die Domstadt selbst sind Gesellschafter der Flughafen München GmbH - ein schwerer Konstruktionsfehler aus den siebziger Jahren, wie Landrat Schwaiger am Rande des SZ-Forums einräumte.

Mitsprache gibt es nur über den Nachbarschaftsbeirat - der aber nicht mitentscheiden darf. Ein landesweiter Volksentscheid, bei dem die Bürger der Flughafenregion genauso stimmberechtigt wären, wäre nur möglich, wenn zum Ausbau des Flughafens ein (Finanzierungs-) Gesetz nötig wäre.

Münchens OB Christian Ude (SPD) und Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) bedauern, dass es zu einer solchen Volksabstimmung im Freistaat nicht kommen könne. Sie erwarteten sich dadurch ein klares Ja zum Ausbau, weil gerade in Ostbayern viele Politiker Hoffnungen auf den Airport als Wirtschaftsmotor setzen.

Fahrenschon begrüßte darum die angekündigten Münchner Bürgerbegehren. Das sorge wenigstens dafür, dass sich die Menschen intensiv mit dem Thema auseinandersetzen. Allein die Entscheidung in der Landeshauptstadt werde aber "nicht das Ende der Debatte darstellen", prophezeite er.

© SZ vom 17.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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:Mit Pauken und Trompeten gegen die dritte Startbahn

Ihre Mission ist klar - der Flughafenausbau darf nicht realisiert werden. Beim SZ-Forum in Freising treffen die Gegner des Flughafen-Ausbaus auf Befürworter wie Münchens Oberbürgermeister Christian Ude, dessen Aussagen viele Zuhörer als Provokation empfinden. Doch neben einer hitzigen Debatte gibt es auch gemäßigte Töne - unter anderem von einem Airport-Mitarbeiter.

Simon Leonhardt

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