Öffentliche Haushalte im Landkreis:Corona verhagelt das Ergebnis

Sachsen-Anhalt greift finanzschwachen Kommunen unter die Arme

Vor der Corona-Pandemie sind die kommunalen Einnahmen in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Die wichtigste Geldquelle sind dabei bundesweit die Gewerbesteuern.

(Foto: Tobias Hase/dpa)

Die Pandemie mindert auch die Steuereinnahmen der Kommunen. Sollte der umstrittene "Schuldenschnitt" des Bundesfinanzministers kommen, werden alle, die sparsam gewirtschaftet haben, nicht profitieren

Von Teja Banzhaf, Freising

Bundesfinanzminister Olaf Scholz will klammen Kommunen helfen. Mit seinem "Schuldenschnitt" ist er zwar im Sommer 2019 schon einmal an der CDU und den Bundesländern gescheitert. Jetzt aber liefern Corona und die kommende Bundestagswahl den Anlass für einen zweiten Versuch. Allerdings ist der Bund an sich gar nicht für klamme Kommunen zuständig, sondern das jeweilige Land. Zudem stellt sich die Frage, wie die Kommunen klamm werden konnten. Denn eigentlich sind sie, was ihre Einnahmen angeht, recht breit aufgestellt. Und drittens stiegen vor Corona die kommunalen Einnahmen in den vergangenen Jahren stetig. Steuerzahlungen von Einwohnern und ansässigen Firmen füllten auch die kommunalen Kassen im Landkreis Freising.

Nachdem die Steuereinnahmen des Jahres 2018 abgerechnet und von den Statistischen Landesämtern veröffentlicht worden sind, lässt sich für den Bund sagen, dass die Kommunen insgesamt 118,554 Milliarden Euro eingenommen haben. Das ist ein Plus von 6,468 Milliarden Euro. Der Geldzufluss im Landkreis Freising stieg gegenüber dem Vorjahr um 23,85 Millionen Euro. Unterm Strich kamen von Bürgerschaft und Firmen rund 335,13 Millionen Euro für die kommunalen Ausgaben im Landkreis Freising.

Die Gewerbesteuer hängt von der wirtschaftlichen Lage ab

Dabei gilt: Die Verlässlichkeit der einzelnen Steuern ist unterschiedlich. Ein Teil der Steuerquellen, aus denen sich kommunale Etats speisen, sind die "Realsteuern". Sie umfassen die Grundsteuern (A und B) und die Gewerbesteuer. Bei der Grundsteuer wird das Eigentum am Grundstück besteuert. Bei der Gewerbesteuer ist das Eigentum an einem Gewerbebetrieb die Grundlage, besteuert wird der Gewerbeertrag dieses Unternehmens. Gewerbebetriebe hängen von der wirtschaftlichen Entwicklung ab und die Steuern damit auch.

Die Gewerbesteuer war 2018 und damit vor Corona bundesweit die wichtigste kommunale Geldquelle mit 50,10 Milliarden Euro. Im Landkreis Freising brachte sie etwa 166,44 Millionen Euro ein und machte damit schon 49,66 Prozent des Gesamtsteueraufkommens aus. Allerdings bleibt nicht die ganze Gewerbesteuer in der Kasse. Es gibt eine Gewerbesteuerumlage, die abzuführen ist, 2018 betrug sie 37,33 Millionen Euro (Vorjahr: 29,20 Millionen Euro) und über die freuen sich die Finanzminister von Land und Bund.

Auch von der Einkommenssteuer geht ein Anteil an Kommunen

Im Gegenzug erhalten die Kommunen Anteile an der Umsatz- und der Einkommensteuer. Wobei das Gesamtaufkommen "nach dem Wohnsitzprinzip zerlegt wird"', wie das im Amtsdeutsch heißt, sprich, "die vom Arbeitgeber an die Finanzbehörde seines Sitzlandes abgeführte Lohnsteuer soll dem Land zustehen, in dem der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz hat". Wo Ganz-gut-Verdienende wohnen, geht es also den Kommunen besser. Es gibt aber eine Obergrenze für Besserverdienende, die nicht in die Berechnung einbezogen werden.

Die Formel ist also mal wieder nicht unkompliziert, das Ergebnis aber klar: Aus dem Anteil an der Einkommensteuer flossen im Jahr 2018 insgesamt 129,58 Millionen Euro (2017: 126,02 Millionen Euro). Damit sorgten Arbeitnehmer und Selbstständige über die von ihnen bezahlten Steuern auf Lohn und Einkommen allein für weitere 38,67 Prozent der kommunalen Einnahmen. Und über den kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer kamen weitere 18,13 Millionen Euro (Vorjahr: 13,42 Millionen Euro) in die Kasse, macht 5,41 Prozent der Einnahmen. Die Grundsteuereinnahmen betrugen (A und B zusammengerechnet) 2018 im Landkreis Freising 20,98 Millionen Euro (Vorjahr: 20,90 Millionen Euro), das sind 6,26 Prozent.

In den Vorjahren ging es stetig bergauf

In der Summe waren das im Jahr 2018 rund 335,13 Millionen Euro Steuereinnahmen für die kommunalen Ausgaben im Landkreis Freising (Vorjahr: 311,28 Millionen Euro). Damit stiegen die Einnahmen hier um 23,85 Millionen Euro. Im Jahr 2016 war eine Steuersumme von rund 274,20 Millionen Euro zusammengekommen und im Jahr 2015 etwa 254,12 Millionen Euro ( 2014: 251,68 Millionen; 2013: 213,74 Millionen).

Die Zahl aus dem Jahr 2013 ist wichtig, denn der Verteilung des Geldes liegen die Steuerergebnisse von 2013 zugrunde. Sie bestimmen für 2018, 2019 und auch fürs Corona-Jahr 2020, welche Kommune wie viel Geld aus dem Einkommensteuertopf bekommt. Die schlechte Nachricht: Corona ist gerade dabei, die 2020er-Zahlen zu verhageln. Und Scholz muss noch ein Rätsel lösen, falls er tatsächlich einen Schuldenschnitt durchsetzt: Er will 2500 Kommunen von ihren Schulden befreien. Es gibt aber 13 559.

Ab der 2501. werden sich alle wegen ihrer Haushaltsführung in den Allerwertesten beißen. Vor allem aber jene, die sich an den Scholz'schen Satz gehalten haben, gute Finanzpolitik sei, sich so zu verhalten, wie die "schwäbische Hausfrau, die nie über ihre Verhältnisse lebt".

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