Startbahnprozess:Hoffnungen haben sich zerschlagen

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Verwaltungsgericht hält formale Ausweisung des Vogelschutzgebiets für ausreichend und verweist auf das Bundesverwaltungsgericht. Bund Naturschutz ist enttäuscht

Von Johann Kirchberger

Unglückliche Werbung: Das ist genau das, was die Startbahngegner fürchten. Mit einer dritten Startbahn käme der Flughafen zu weit nach Freising hinein. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Hoffnungen des Bund Naturschutz (BN) auf eine Vorentscheidung im Startbahnprozess haben sich nicht erfüllt. Der 8. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs unter Vorsitz von Richter Erwin Allesch wies in einem Aufklärungsbeschluss über das 2008 erlassene Vogelschutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" die Auffassung des Bund Naturschutz zurück, wonach es nicht reiche, ein Schutzgebiet formell auszuweisen, sondern auch Maßnahmen zu seiner Erhaltung und Verbesserung ergriffen werden müssten. Allesch begründete seine Entscheidung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach eine rein formelle Unterschutzstellung eines Gebiets nicht zu beanstanden sei. Zudem seien die Zuständigkeiten im Bayerischen Naturschutzgesetz "zersplittert" und auf mehrere Behörden verteilt. Wäre es anders, meinte Allesch an die Vertreter des Bund Naturschutz gewandt, "hätte die Gegenseite einpacken können".

Der Grünen-Landtagsabgeordnete und Freisinger BN-Kreisvorsitzender Christian Magerl zeigte sich über die Entscheidung enttäuscht. Der 8. Senat habe sich nicht getraut, eine eigenständige Entscheidung zu treffen, sagte er. "Der Prozess hätte zu Ende sein können, und wir hätten am Nachmittag im Garten arbeiten können." BN-Anwalt Ulli Kaltenegger zweifelte daran, ob die formelle Unterschutzstellung eines Gebiets mit dem EU-Recht vereinbar sei. Er führte eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) an, der eine Rüge der EU-Kommission an Schutzmaßnahmen in Tirol zurückgewiesen habe, weil konkrete Schutzmaßnahmen aufgelistet worden seien. In anderen österreichischen Bundesländern, bei denen dies nicht der Fall gewesen sei, habe der EuGH der Rüge zugestimmt.

Kaltenegger führte auch an, dass ein wesentlicher Grund für den Artenrückgang der Vogelwelt im Erdinger Moos die Bewirtschaftung der Flächen sei. In diesem Zusammenhang wirke sich das Fehlen eines "Managementplans" besonders negativ aus. Im Planfeststellungsbeschluss selbst, sagte er, werde bereits eine "negative Entwicklung" im Vogelschutzgebiet "Nördliches Erdinger Moos" eingeräumt. Dagegen gemacht worden, wie nach EU-Richtlinien vorgeschrieben, sei aber nichts. Auch BN-Sachverständiger Matthias Schreiber übte Kritik an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Der EuGH habe immer gesagt, dass die Bestimmungen für ein Vogelschutzgebiet klar und nachvollziehbar sein müssten, "da muss irgendwo was stehen". Im Planfeststellungsbeschluss würden aber nur Erhaltungsziele genannt, nicht aber welche Aufgaben und Verpflichtungen sich daraus ergeben. Die Ver- und Gebote für das Naturschutzgebiet Viehlassmoos, das Teil des Vogelschutzgebiets ist, hätten ein Maßstab sein können.

Rechtsanwalt Andreas Geiger, der im VGH-Prozess das Landesamt für Umwelt vertritt, sah sich durch die Entscheidung des Senats bestätigt, wonach die inhaltliche Sicherung des Vogelschutzgebiets und der betroffenen Vogelarten ausreichend sei. Die Auslegungen der BN-Vertreter bezeichnete er als unangebracht.

Kaltenegger und Magerl beklagten, dass nur 20 Prozent des Vogelschutzgebiets tatsächlich mit Schutzvorschriften überzogen seien. Und davon wiederum sei der größte Teil für den Wiesenbrüter auf die Zeit vom 20. März bis 15. Juli beschränkt. Für den Rest des Jahres gebe es keinerlei Einschränkungen, sagte Magerl. Als größtes Manko bezeichnete Kaltenegger, dass immer mehr Wiesen umgepflügt und mit Mais bepflanzt würden. Die wenigsten Vogelarten hätten da eine Überlebenschance. Wegen der fehlenden Schutzvorschriften können dagegen jedoch nichts getan werden, "aber es hätte etwas getan werden müssen". Das Vogelschutzgebiet werde nicht verbessert, sondern verschlechtert, folgerte Kaltenegger.

Andreas Otto vom Landesamt für Umwelt wies die Vorwürfe zurück. "Wir setzen auf vertragliche Lösungen mit den Landwirten", sagte er, es brauche allerdings Zeit, bis sich das entwickele. In welchem Umfang bislang schon Verträge abgeschlossen worden seien, konnte Otto jedoch nicht sagen.

© SZ vom 08.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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