Startbahnakten im Schuppen:Eine Galerie des Widerstands

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Aktenordner, Flugblätter, Transparente: In einem Stadel bei Freising lagert derzeit noch das Archiv von Startbahngegner Hartmut Binner. (Foto: Marco Einfeldt)

In einem Stadel lagert alles, was Hartmut Binner zum Protest gegen den Flughafenausbau gesammelt hat. Bald übernimmt das Stadtarchiv die Erinnerungsstücke.

Von Petra Schnirch, Freising

Als Hartmut Binner die beiden großen Holztore aufschiebt, gibt er den Blick auf ein kleines Museum frei - seine Sammlung zur Geschichte des Protests gegen die dritte Startbahn. Aktenordner, Transparente, Flugblätter, Presseberichte, alles hat der langjährige Sprecher des Aktionsbündnisses "Aufgemuckt" in den vergangenen 13 Jahren gesammelt. Seit Anfang 2016 lagern sie im Schuppen eines landwirtschaftlichen Anwesens bei Freising. Für Binner ist der Stadel Büro und Erinnerungsort zugleich. Doch damit ist bald Schluss. Das Freisinger Stadtarchiv übernimmt Binners Schätze und wird sie in einem der Magazinräume unterbringen.

Im vorderen Teil des einfachen Stadels mit rohem Betonboden befinden sich Regale und ein Schreibtisch, der hintere wirkt mit den an der Wand befestigten Transparenten wie eine Galerie des Widerstands. Dennoch kennen diesen Ort nur ganz wenige. Seit ein Anrufer - der später verurteilt wurde - gedroht hatte, sein Haus anzuzünden, sei er vorsichtig geworden, sagt Binner. Deshalb bittet er auch darum, keine nähere Ortsangabe zu machen.

Zu jedem aufbewahrten Stück weiß Binner etwas zu erzählen und streift sich dafür extra sein bekanntes rotes Sakko mit Anti-Startbahn-Sticker über, das gleich neben dem Eingang auf einem Kleiderbügel hängt. Auf zahllosen Fotos von Protestaktionen ist er mit der Jacke zu sehen. Auch sie soll in den Fundus des Stadtarchivs übergehen, als Symbol der Beharrlichkeit.

Leicht fällt es Binner nicht, sich von der Sammlung zu trennen, die früher in einem Aktenrollschrank in seinem Haus, "meinem Waffenschrank im Kampf gegen die dritte Startbahn", in Keller und Garage lagerte. "Da steckt viel Herzblut drin." Bei einem Besuch in dem Stadel habe der Freisinger Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher zu ihm gesagt, dass dies alles eigentlich ins Stadtarchiv gehöre. Außerdem will Binner aus gesundheitlichen Gründen weiterhin kürzer treten. Vor zwei Jahren zog er sich bereits aus dem Sprecherrat von Aufgemuckt zurück. Jetzt habe er auch mal Zeit, auf der Terrasse zu sitzen. Die Sammlung wird im Stadtarchiv in säurefreie Kartons verpackt, wie Leiter Florian Notter erklärt. Interessant sei sie für sein Haus, weil sie sehr aussagekräftig sei und für diese Zeit in Freising stehe.

In den vergangenen 13 Jahren engagierte sich Binner nicht nur als Aktivist im Widerstand gegen den Flughafenausbau, sondern auch als Chronist. Programme und Reden bei den mittlerweile 200 Demonstrationen, Briefe, E-Mails hat der 79-Jährige akribisch archiviert. Er klappt einen der Aktenordner auf und holt seinen Schriftwechsel mit Weihbischof Bernhard Haßlberger und der Erzdiözese aus dem Jahr 2009 heraus. Dank der Hartnäckigkeit der Startbahngegner und der Unterstützung Haßlbergers habe man der katholischen Kirche die Zusage abringen können, dass sie für den Bau notwendige Grundstücke weder verkaufen noch tauschen werde, erinnert sich Binner.

Doch wühlt er nicht nur in der Vergangenheit, sondern schaltet gleich wieder in den Kämpfer-Modus um. An einem Regal hat er aktuelle Daten zu Flugbewegungen am Münchner Flughafen aufgehängt. Sie zeigen, dass es im Juni keine Veränderungen im Vergleich zum Vorjahresmonat gab. Dass Flughafen-Chef Michael Kerkloh für die Stagnation in den zurückliegenden Monaten Gewitter verantwortlich macht, kommentiert Binner verärgert mit "Startbahn-Märchenprinz".

Vor der Landtagswahl ist er natürlich mit dabei, wenn die Bürgerinitiativen gegen die Befürworter des Großprojekts in der Staatsregierung protestieren. Er hofft auf Solidaritätsbanner an Häusern und Zäunen. Bis nach der Wahl im Oktober will er sein kleines Museum gerne noch behalten und dort, bei entsprechendem Ausgang, feiern.

© SZ vom 18.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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