Stadt Freising:Photovoltaik aufs Kirchendach

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Die Stadtpfarrkirche St. Georg ist wegen Renovierungsarbeiten gerade komplett eingerüstet. (Foto: Johannes Simon)

Wieso im Zuge der Renovierungsarbeiten der St. Georg Kirche nicht Solarplatten auf das Dach montiert werden können, bleibt einigen Freisinger Bürgern unverständlich. Die Stadt argumentiert mit dem Denkmalschutz.

Von Gudrun Regelein, Freising

Momentan ist die Stadtpfarrkirche St. Georg in der Innenstadt komplett eingerüstet - bis zur Turmspitze hinauf. Grund dafür sind dringend notwendige Renovierungsarbeiten an den Außenwänden, und das Dach erhält neue Ziegel. St. Georg ist auch die Kirche, die die Freisingerin Christine Albrecht mit ihrer Familie besucht. Sie kennt sie seit vielen Jahren.

Als bekannt wurde, dass das Dach der Kirche saniert werden müsse, hatte sie eine Idee. Nämlich die, im Zuge der Renovierungsarbeiten gleich Solarplatten auf das Kirchendach zu montieren. Das Dach biete eine große Fläche, die Ausrichtung sei perfekt, sagt Albrecht. Auch die zuständige Kirchenverwaltung habe angedeutet, diese Idee gut zu finden. Aber trotz vieler Gespräche haben inzwischen die Renovierungsarbeiten begonnen - Solarplatten aber werden dort nicht montiert werden können. "Und das verstehe ich nicht. Alle sind eigentlich dafür, ich bin nicht die Einzige."

Solarfolien könnten die Lösung darstellen

So wie sie es verstanden habe, sei der Grund, dass die Farbe der Solarplatten nicht die gleiche wie die der Dachziegel sei, "das gilt als nicht stadtbilderhaltend", sagt sie. Die neuen Dachziegel für die Kirche aber seien rot, zuvor seien sie grau gewesen. "Und damit verändert sich das Stadtbild ja gigantisch", argumentiert Albrecht. Inzwischen gebe es außerdem sogar bereits rote Solarplatten.

Anruf bei Elisabeth Maier, Verwaltungsleiterin des Pfarrverbands St. Korbinian Freising: Grundsätzlich sei die Idee mit den Solarplatten gut, sagt sie. "Aber uns sind die Hände gebunden." Grund dafür sei der Denkmalschutz, erklärt Maier - genauer gesagt die Innenstadtgestaltungssatzung der Stadt Freising. Die nämlich besagt, dass auf denkmalgeschützten Gebäuden, wozu die St. Georg-Kirche zählt, keine Solaranlagen erlaubt seien. Vor Kurzem aber habe sie gelesen, sagt Maier, dass es inzwischen auch Solarfolien und Solardachziegel gebe. "Die könnten die Lösung bieten." Kirchendächer böten grundsätzlich eine große Fläche, das von St. Georg beispielsweise umfasse 2500 Quadratmeter.

In Wasserburg wird ein Modellprojekt vorbereitet

In Wasserburg am Inn laufen derzeit die Vorbereitungen für ein Modellprojekt mit diesen Folien und Dachziegeln. Auch dort seien Solaranlagen auf den Dächern der Altstadt aus Gründen des Denkmalschutzes die Ausnahme, berichtet Andreas Hiebl von der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit. Im Zuge des Projekts bekommt nun ein Dach diese Folien, die zwischen den Stegen auf Blechdächern ausgelegt werden. Das wäre grundsätzlich auch bei größeren Dachflächen möglich, sagt er. Auf den Ziegeldächern der Altstadt dagegen werden Solarziegel getestet: jeder Ziegel sei eine Mini-Solaranlage, alle sind miteinander verkabelt.

Norbert Zanker findet diese neue Technologien äußerst spannend. Zanker, der frühere Heimatpfleger, wohnt am Rindermarkt in Freising. Schon vor über 20 Jahren wollte er auf dem Dach seines Hauses Photovoltaikplatten anbringen. "Das wurde aber damals von der Stadt Freising aus Gründen des Denkmalschutzes abgelehnt", erzählt er. Er habe sich dann an der Bürgersolaranlage, die entlang der Lärmschutzwand an der Autobahn errichtet wurde, beteiligt. In den Jahren danach habe er wegen einer eigenen Anlage immer wieder mit der Stadt verhandelt, einen neuen Antrag aber nicht mehr gestellt, "der wäre ja eh abgelehnt worden".

"Auch die Kirchen sollten ein Zeichen setzen"

Norbert Zanker wohnt mit Blick auf die St. Georg-Kirche, die wäre prädestiniert für die Gewinnung von Solarenergie, sagt er. "So wie auch Tausende andere Kirchen in Deutschland." Nicht nur wegen der Größe und der Neigung der Dächer, sondern auch wegen ihrer Ausrichtung. Angesichts des Energiewendebeschlusses sollten diese genutzt werden. "Auch die Kirchen sollten ein Zeichen setzen."

Photovoltaik auf Kirchendächern sei zwar prinzipiell zu begrüßen, sagt Werner Hillebrand-Hansen, einer der beiden Vorstände der Bürger-Energie-Genossenschaft Freisinger Land. Aber es gebe viele andere Gebäude, die dafür besser geeignet seien - und bei denen es wegen des Denkmalschutzes keine Probleme gebe. Eigentlich müsste jede Kommune, jedes Unternehmen und jeder Privatmensch schauen, ob auf den eigenen Dachflächen Photovoltaikanlagen möglich seien, fordert er. "Es ist eine Aufgabe der Gesellschaft, die eigenen Möglichkeiten zu überprüfen." Denn auch ohne die Flächen, die unter Denkmalschutz stehen, könne die Energiewende erreicht werden. "Die Kirchen sind dabei kein vorrangiges Thema." Schon jetzt aber gebe es verschiedene Möglichkeiten, Photovoltaikanlagen so auf Dächer zu installieren, dass sie sich optisch in das Stadtbild einfügen.

Grundsätzlich ist keine Baugenehmigung erforderlich

Solarenergieanlagen und Sonnenkollektoren können grundsätzlich in, auf und an Dachflächen baurechtlich verfahrensfrei installiert werden, heißt es aus dem Landratsamt. "Das heißt, es muss weder ein Bauantrag gestellt werden, noch ist eine Baugenehmigung notwendig", sagt Pressesprecher Robert Stangl. Der Bauherr sei allerdings selbst für die Einhaltung der geltenden Vorschriften verantwortlich, müsse also prüfen, ob er eine andere Genehmigung benötigt. Falls auf dem Dach einer Kirche - einem Baudenkmal - eine Photovoltaikanlage errichtet werden soll, sei dafür eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nötig. Diese werde von der Unteren Denkmalschutzbehörde im Landratsamt nach Einholung einer fachlichen Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalschutz erteilt. "PV-Anlagen auf einem Kirchendach wurden im Landkreis aber bislang nicht beantragt und daher auch nicht thematisiert", sagt Stangl.

In der Stadt Freising gebe es zuletzt vermehrt Anfragen bezüglich der Möglichkeiten solarer Energiegewinnung innerhalb des denkmalgeschützten Ensembles Domberg und Altstadt Freising, berichtet die Pressesprecherin der Stadt, Christl Steinhart. "Wir würdigen jede Anfrage vor dem Hintergrund der Vorgaben der Gestaltungssatzung sowohl intern als auch im Austausch mit dem Landesamt für Denkmalpflege." Schließlich sei der Ausbau erneuerbarer Energien im Stadtgebiet ein wesentliches Leitziel für die Arbeit von Stadtrat und Verwaltung. Dabei komme der Solarenergienutzung wohl das größte Zuwachspotenzial zu.

Allerdings werden im Plan zur städtebaulichen Denkmalpflege bei der Erneuerung der Dacheindeckung der Stadtpfarrkirche naturrote Biberschwanzziegel genannt. "Das lässt keine Überdeckung durch PV-Anlagen zu", sagt Steinhart. Grundsätzlich aber seien auch innerhalb des denkmalgeschützten Ensembles Anlagen für eine Solarenergiegewinnung möglich. Beispielsweise auf Nebengebäuden oder auf Gauben könnten diese zugelassen werden - zumindest unter bestimmten Voraussetzungen.

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