Süddeutsche Zeitung

Sozialer Wohnungsbau in Freising:Salamitaktik

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Die Stadt will die maroden Häuser im Wohngebiet Obere Pfalzgrafstraße/Am Stengerbach in Lerchenfeld ersetzen. Pro Jahr soll dabei ein Gebäude nach dem anderen an die Reihe kommen

Von Kerstin Vogel, Freising

Ein bisschen ist das Thema in der Corona-Krise hinter andere Probleme zurückgetreten, doch bezahlbarer Wohnraum ist und bleibt Mangelware in Freising. Vor allem für einkommensschwächere Haushalte ist es nahezu unmöglich, eine Wohnung zu finden - und das, obwohl die Stadt auf dem Gebiet des sozialen Wohnungsbaus anders als viele andere Kommunen durchaus aktiv ist. Viel war daher auch vom sprichwörtlichen Tropfen auf den heißen Stein die Rede, als es für die Stadträte nun um die Zukunft der maroden und teilweise bereits unbewohnbaren Häuser im städtischen Wohngebiet Obere Pfalzgrafstraße/Am Stengerbach ging.

Zunächst hatte sich in der vergangenen Woche der Planungsausschuss darum bemüht, eine langfristige Perspektive für den Bereich zu erarbeiten. Bereits im Oktober 2017 hatte die SPD-Fraktion einen Antrag zur Bereitstellung von Geld für die Überplanung des Wohngebietes gestellt, weil die Gebäude dort nicht mehr den aktuellen Wohnstandards entsprachen. Geprüft werden sollte auch, inwieweit eine Nachverdichtung möglich wäre und ob Formen des genossenschaftlichen Bauens und des Mehrgenerationen-Wohnens umgesetzt werden könnten.

Die verwaltungsinterne "SoKo Wohnen" hatte daraufhin vereinbart, eine Machbarkeitsstudie zu erarbeiten - und dabei zu prüfen, ob eine an der umliegenden Bebauung orientierte Planung nach Paragraf 34 des Baugesetzbuches möglich wäre, um die zeitraubende Aufstellung eines Bebauungsplans zu umgehen. Für das Projekt soll möglichst eine Aufnahme in das Kommunale Wohnungsbauförderprogramm beantragt werden und man hätte gerne den Zuschlag in einem Modellvorhaben der Staatsregierung, das den programmatischen Titel "Klimaanpassung im Wohnungsbau" trägt.

Insgesamt geht es bei der Planung um acht bebaubare Grundstücke, auf denen fünf stark sanierungsbedürftige Wohnhäuser mit 68 geförderten Wohnungen stehen. Ziel ist nun eine "zeitgemäße und qualitätsvolle Neubebauung des Areals mit etwa 100 Wohnungen", wie es im Ausschuss hieß. Entlang des Angerbachs soll zudem ein Grünzug samt Fuß- und Radweg entstehen - und man würde das alles gerne in Bauabschnitten realisieren - "jedes Jahr ein Gebäude", so der Wunsch von Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher.

Dieses Ziel einer "Modellsiedlung für stadtnahes, familienfreundliches, nachhaltiges und ökologisches Leben und Bauen" wäre laut der nun im Planungsausschuss vorgestellten Planstudie des Büros "Ebe, Ausfelder, Partner" sowohl über eine Planung nach §34 als auch mit einem neu aufzustellenden Bebauungsplan umsetzbar. Die Stadträte votierten am Ende einstimmig dafür, vor allem aus Zeitgründen die Variante ohne Bebauungsplan weiter verfolgen zu lassen. Sollte das Projekt wie gewünscht als Modellvorhaben ausgewählt werden, müsste noch ein Realisierungswettbewerb ausgelobt werden. Nicolas-Pani Graßy (Linke) brachte die Stimmung im Ausschuss auf den Punkt: "Ein tolles Konzept."

Um die an ihre Kapazitätsgrenzen stoßende Notunterkunft in der Unteren Isarau zu entlasten, soll unabhängig von den Planungen das Gebäude an der Oberen Pfalzgrafstraße 14 zeitnah saniert und wieder für ein paar Jahre mit Einfachstwohnungen nutzbar gemacht werden. Der Finanzausschuss hat dafür am Montag nach kurzer Debatte 280 000 Euro genehmigt.

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Quelle:
SZ vom 15.07.2020
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