Noch nie zuvor sind in zwölf Monaten so viele Solaranlagen installiert worden wie 2023. Das stellen die Freisinger Stadtwerke in ihrer aktuellen Umwelterklärung fest. Ob das kollektive Handeln von Privatpersonen im Kampf gegen den Klimawandel langfristig wirkt, wird immer wieder diskutiert. Privathaushalte werden besonders im Bereich der erneuerbaren Solarenergie jedoch stark gefördert. Spielen sie eine entscheidende Rolle für die Energiewende?
Die Zahl der gemeldeten Solaranlagen in Freising stieg 2023 um 352 auf insgesamt 1348 an und auch die Zahl der Mikro-PV-Anlagen nahm von 51 auf 153 Anlagen zu. Dieser Anstieg scheint rekordverdächtig. Auch in Erding war das Jahr 2023 das stärkste Zubaujahr, seit es das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gibt.
Laut dem Geschäftsführer der Stadtwerke Erding, Christopher Ruthner, wurden im vergangenen Jahr 652 PV-Anlagen in Betrieb genommen, davon 120 Balkonkraftwerke. Zuvor sei das Jahr 2011 in Erding das stärkste Zubaujahr gewesen, mit 200 Anlagen, so Ruthner. In Dorfen erkennt Klaus Steiner, Geschäftsführer der Stadtwerke, ebenso einen deutlichen Anstieg mit 245 neuen Anlagen im Jahr 2023.
Diese Entwicklung ist besonders mit Sicht auf die Energiewende relevant. Die Freisinger Stadtwerke bestätigen, dass die Privathaushalte für die Herausforderungen der Stromnetze in Zukunft durchaus eine Rolle spielen werden. Denn Einfamilien- oder Reihenhäuser könnten durch ihre eigenen Anlagen selbst Strom erzeugen und diesen zum Teil in das Freisinger Netz einspeisen. Auch die kleineren Mengen, die an Strom erzeugt werden, seien nicht zu unterschätzen. Besonders die Abstimmung der privaten Anlagen auf den eigenen Verbrauch optimiert den Freisinger Stadtwerken zufolge die Stromerzeugung. Der Strom werde zum großen Teil direkt vor Ort genutzt, ohne überhaupt ins Stromnetz eingespeist zu werden, was wiederum die Stromnetze entlaste.
Die Infrastruktur muss noch besser mitwachsen
Dazu würden heutzutage oft kleine Speicher zusammen mit den Solaranlagen eingebaut, schildern die Stadtwerke. Jedoch appelliert Hans Stanglmair, Vorsitzender der Solarfreunde Moosburg, dass die Infrastruktur hier noch mehr mitwachsen müsse. Besonders bei den Speichern gebe es Aufholbedarf, um den erzeugten Strom auch in energieärmeren Zeiten nutzen zu können. Das wird durch die Politik bislang allerdings unzureichend gefördert, wie Ruthner von den Erdinger Stadtwerken zu bedenken gibt. Da die Speicher der Privathaushalte normalerweise nur die Selbstversorgung des eigenen Haushaltes optimierten, sei die Entlastung des gesamten Netzes doch noch geringer als wünschenswert.
Laut Bayernatlas haben im Jahr 2022 rund 59 Prozent aller PV-Anlagen eine Leistung von unter zehn Kilowatt gehabt. Das ist eine typische Größenordnung für private Haushalte, die damit für ungefähr 16 Prozent der installierten PV-Leistung in Bayern verantwortlich waren. Der anteilsmäßig hohe Eigenverbrauch senke allerdings den Ertrag, wie ebenfalls im Bayernatlas nachzulesen ist.
In Dorfen beispielsweise wird deutlich mehr erneuerbare Energie erzeugt als verbraucht: Der Energiefluss der Stadt Dorfen kann online in Echtzeit verfolgt werden. An einem sonnigen Tag wie beispielsweise dem 20. September 2024 machte die durch Photovoltaik erzeugte Energie, neben Biomasse, Wasser- und Windkraft, bereits rund 85 Prozent aus.
Für Stanglmair ist klar, „jede Kilowattstunde zählt und alles wird gebraucht“. Selbst die noch kleineren Mikro-PV-Anlagen, auch Balkonkraftwerke genannt, hätten „einen nennenswerten Einfluss“, bestätigen die Stadtwerke Freising. Diese würden auch Haushalten ohne eigenes Dach ermöglichen, aktiv zu werden. Die kleine Menge des erzeugten Stromes decke die Grundlast des Bedarfs ab.

Ganz im Sinne des kollektiven Handelns summieren sich die Bemühungen von vielen kleinen Einzelanlagen also sehr wohl, die Stadtwerke Freising sprechen von „einer relevanten Größe“. Ruthner schätzt die erzeugte Strommenge durch Mikro-PV-Anlagen dagegen eher als „überschaubar“ ein und sieht die Verteilungsgerechtigkeit, die Möglichkeit auch als Mieter Stromkosten reduzieren zu können, als Hauptantreiber der Installationen.
Durch vereinfachte Regeln soll möglichst vielen Menschen die Nutzung gestattet werden. Somit sind „Installation und Betrieb der steckerfertigen Mikro-PV-Anlagen leichter geworden“, erklären die Stadtwerke Freising. Die Anmeldung beim Netzbetreiber sei entfallen und müsse nur noch beim Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur erfolgen. Auch die Leistungsobergrenze für die Mikro-PV-Anlagen sei auf 800 Watt Wechselrichterleistung pro Haushalt erhöht worden. Es müsse zwar die Zustimmung des Gebäude-Eigentümers eingeholt werden, diese dürfe allerdings nicht ohne triftigen Grund verweigert werden. Das Solarpaket der Ampelregierung habe die Installation von PV-Anlagen erheblich erleichtert, so Stanglmair. Er hoffe, dass dieses den Ausbau noch beschleunige.
Die Zunahme bei den PV-Installationen lässt sich aber wohl nicht nur mit dem Umweltbewusstsein der Menschen erklären. Stattdessen verweisen Stanglmair und Ruthner auf den Ukrainekrieg und die Corona-Krise. Die dadurch bedingten Lieferkettenprobleme und die Schwankungen der Energiepreise hätten zu einem Aufholeffekt geführt und ein Interesse für Autarkie geweckt, so Ruthner. „Die Verbraucherinnen und Verbraucher machen sich Gedanken, wie sie Energie einsparen und wie sie selbst Strom erzeugen können“, folgern die Freisinger Stadtwerke.
Es gibt noch genug freie Flächen und damit Potenzial
„Um die große Masse zu überzeugen, muss es sich wirtschaftlich lohnen. Wenn der Solarstrom günstiger ist, überzeugt das“, bestärkt Stanglmair diese Einschätzung. 2023 sei deshalb auch in Moosburg ein sehr gutes Jahr gewesen. Besonders Ende 2023 und Anfang des Jahres 2024 habe die Nachfrage jedoch wieder etwas nachgelassen, so Stanglmair. Obwohl er weiterhin hohe Strompreise prognostiziert, rechnet er damit, dass der Anstieg der erzeugten Solarenergie wieder auf ein „Normalmaß“ zurückgehe.
Der aktuelle Ausbau der Solarenergie ist für den Vorsitzenden der Solarfreunde Moosburg noch lange nicht ausreichend und nicht schnell genug. Es gebe noch sehr viel Potenzial, sagt er. Obwohl sich nicht alle Orte eignen würden wegen Schattenseiten oder Denkmalschutz, gebe es noch genug freie Flächen und die Bürger könnten noch aktiver werden.
In der Region herrschen gute Einstrahlungswerte und die Installation einer Photovoltaik-Anlage würde sich laut der Stadtwerke in den meisten Fällen lohnen. Die Einstrahlung auf das eigene Dach könne man in Freising im Solarkataster des Landkreises nachschauen, in Erding gebe es ein solches Kataster weiterhin nicht.

