Schiedsrichter wider Willen:Gemeinderäte folgen dem Architekten

Obwohl das Hallbergmooser Bauamt die Kosten für den neuen Kindergarten am Jägerfeld um 500 000 Euro drücken will, genehmigt der Gemeinderat einen höheren Betrag und weigert sich, den Rotstift anzusetzen

Von Alexandra Vettori, Hallbergmoos

Weil sich Architekt und gemeindliches Bauamt nicht auf den Preis für den geplanten Kindergarten im Jägerfeld einigen konnten, sahen sich die Hallbergmooser Gemeinderäte bei ihrer jüngsten Sitzung in einer ungewöhnlichen Situation: Sie sollten Schiedsrichter spielen und festlegen, ob das Haus mit vier Gruppen nun maximal 3,2 Millionen Euro, 3,5 oder 3,7 Millionen kosten darf.

Dass man im Rathaus auf die neuerliche Kostensteigerung etwas verschnupft reagiert hatte, schien noch verständlich, schließlich waren ursprünglich einmal 2,7 Millionen Euro für den Kindergartenbau im Gespräch. Danach wurde die Planung konkreter, aus dem Bau ein Passivhaus, und der Gemeinderat schickte noch einige Sonderwünsche nach, so etwa ein großzügiges Gartenkonzept und eine zukunftsweisende Heizung mit Grundwasserwärmepumpe. Auf 340 000 Euro summierte Architekt Sebastian Hrycyc vor den Gemeinderäten die Summe der Sonderwünsche. Trotzdem wird der Bau seiner Meinung nach nicht für unter 3,7 Millionen Euro zu haben sein. "Sonst müssen wir kleiner bauen", erklärte er. Die Kostensteigerungen setzten sich in der jetzt konkreteren Kostenberechnung des Architekturbüros unter anderem aus der neuen, höheren Honorarordnung für die Planer, aktuellen Preisen, den jetzt eingerechneten Ausgleichsflächen und der Gebäudetechnik zusammen.

Gemeinderat Heinrich Lemer (Freie Wähler) betonte, ein Laiengremium könne nicht klären, wer nun im Recht sei und wie die Differenz von 500 000 Euro zusammen käme. Weil Architekt Sebastian Hrycyc aber seine Kostensteigerungen immerhin versuchte, darzulegen, wollte Lemer auch vom Bauamt wissen, wie es die gewünschte Preisobergrenze von 3,2 Millionen begründen könne. Daraufhin nannten die Mitarbeiter einen Baukostenvergleich mit den beiden bestehenden Hallbergmooser Kinderhäusern Spatzennest und Sternentor. Die sind laut Baukosten-Index-Vergleich auf "unterem mittleren Standard", während der neue Kindergarten "unteren hohen Standard" aufweise. Daraus leitete das Rathaus ab, dass auch das neue Kinderhaus für 3,2 Millionen gebaut werden könnte.

Im Gemeinderat sorgte der Vergleich nun für Unmut, weil man bisher davon ausgegangen war, einen guten Standard bei den Kinderhäusern zu haben. Jetzt zu hören, "dass die Standards nur zufriedenstellend bis ausreichend sind", fand nicht nur Konrad Friedrich (SPD) befremdlich. Bürgermeister Harald Reents (CSU) beeilte sich deshalb, zu versichern, es gehe nur um den Baukostenindex, nicht um die Qualität der Bauten.

Auch Grünen-Gemeinderat Robert Wäger wunderte sich über die Schiedsrichter-Position des Gemeinderats. Immerhin, lobte er, führe man die Diskussion diesmal schon, bevor gebaut werde, und nicht erst danach. Nachdem auch Martina Wilkowski (Freie Wähler) betonte, es habe keinen Sinn, jetzt noch Kleinigkeiten am Konzept zu streichen, weil die Betreuungsplätze dringend benötigt würden und deshalb die Zeit dränge, einigte sich der Gemeinderat darauf, am Standard nichts mehr zu ändern. Außerdem sprach man sich bei zwei Gegenstimmen für die Kosten von 3,7 Millionen Euro aus. Liegen die Architekten aber auch darüber, müssen sie mit einer Malus-Regelung und Einschnitten beim Honorar rechnen.

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