Ärger in Rudelzhausen:Zu wenig Essen in der Quarantäne

Lesezeit: 2 Min.

Geflüchtete in Rudelzhausen protestieren gegen die Situation in ihrem abgeriegeltem Heim. (Foto: Marco Einfeldt)

Flüchtlinge protestieren gegen die Situation in ihrem abgeriegelten Heim.

Von Alexandra Vettori, Rudelzhausen

Am Wochenende haben einige der 42 Flüchtlinge in der Rudelzhausener Unterkunft sogar Transparente an ihren Quarantäne-Zaun gehängt, "kein Essen" stand darauf, und sie haben auf Töpfe geschlagen als Zeichen des Protests. Denn seit Montag voriger Woche steht ihr Haus teilweise unter Quarantäne, weil zwei Kinder positiv auf Covid-19 getestet wurden. Nach einigen Tagen klagten viele, dass sie nicht mehr genug zu essen hätten. An Sicherheitsdienst und Gitterzaun vorbei durften während der Quarantäne nur Geimpfte, und die sollten, so die Position des Freisinger Landratsamts als Unterkunftsbetreiber, für die Nichtgeimpften miteinkaufen. Schließlich erhalten die Flüchtlinge Geldleistungen und keine Versorgung. In der Realität aber hat das nicht wirklich gut funktioniert.

Denn wer in Rudelzhausen kein Auto für den Einkauf hat, der muss sich an die wenigen öffentlichen Busfahrten nach Mainburg oder Freising halten. Die 42 Menschen in der Rudelzhausener Unterkunft stammen aus acht Familien. Die betroffene Familie, ungeimpft und mit zwei Corona-positiven Kindern, hat insgesamt vier Kinder - für sie einen Einkauf mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu tätigen, ist kein leichtes Unterfangen. Und so hat Petra Linseisen, eine ehrenamtliche Flüchtlingshelferin geholfen. "Ich bin viermal einkaufen gegangen, aber ich habe auch einen Job und pflege meine Eltern. Am Samstag war ich drei Stunden lang einkaufen", erzählt sie, "danach war ich fix und fertig, obwohl mir ein geimpfter Bewohner geholfen hat."

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Für eine sechsköpfige Familie einkaufen - das ist nicht einfach

Trotzdem hat sich Petra Linseisen dann am Wochenende noch hingesetzt und in einem langen Brief an das Landratsamt ihre Sicht der Dinge dargelegt. Während das Amt betont, alle Bewohner seien über die Quarantäne informiert gewesen, kritisiert die Helferin die Art und Weise des Vorgehens. Plötzlich kamen abends Polizei, Security und Technisches Hilfswerk und stellten den Zaun um das Gebäude auf. "Da hätte von Anfang an mehr Kommunikation da sein müssen", ist Linseisen überzeugt. Im Gegensatz zur amtlichen Stellungnahme sei sehr wohl Blaulicht im Einsatz gewesen. Und warum der Zaun so nah am Haus sein müsse, dass man kaum die Terrasse betreten könne, erschließe sich ihr auch nicht.

Auch was ein Einkauf in Rudelzhausen, zumal für eine sechsköpfige Familie, bedeute, "darüber macht man sich im Landratsamt keine Gedanken", sagt Linseisen. Die Busfahrer nehmen in der Regel nur einen Kinderwagen mit und maximal zwei Menschen mit mehreren Taschen. Regelmäßig gebe das ein regelrechtes Wettrennen: Wer nicht in erster Reihe an der Bushaltestelle stehe, der müsse eben eine Stunde auf den nächsten Bus warten.

Sie brauche "alles, Brot, Eier, Mehl", sagt eine Bewohnerin in Quarantäne

Eine Bewohnerin, Mutter von vier Kindern, ungeimpft und daher in Quarantäne, fühlt sich allein gelassen mit all den hungrigen Mäulern. "Wer kann kaufen für sechs Leute?", fragt sie in gebrochenem Deutsch, "alle kaufen für ihre Familie". Auf die Frage, was sie akut brauche, kommt: "Alles, Brot, Eier, Mehl". Ihr Mann habe eigentlich eine Arbeit, aber jetzt dürfe er nicht hinaus. Und sie betont, "nachher wir werden alle impfen, ganze Familie". In zwei Zimmern wohnt sie mit Mann und den vier Kindern im Alter von acht bis 13 Jahren. Digitalen Unterricht gibt es nicht, "kein Computer", sagt die Mutter.

Inzwischen gibt es wenigstens für alle Bewohner, außer den beiden erneut positiv getesteten beiden Kindern, Entwarnung. An diesem Mittwoch, 24. November, endet die Quarantäne, der Sicherheitsdienst wird dann abgezogen, der Bauzaun abgebaut.

© SZ vom 24.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Corona im Landkreis Freising
:"Das kann ganz übel werden"

Das Klinikum Freising ist schon jetzt voll belegt, Pandemiebeauftragter Christian Fiedler warnt aber, dass die neue Corona-Welle für die Krankenhäuser und ihre Intensivstationen gerade erst begonnen hat.

Von Charline Schreiber

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: