Jedes Jahr verschwinden weltweit mehr als zehn Millionen Hektar Tropenwald – eine Fläche, die beinahe der gesamten deutschen Waldfläche entspricht. Diese Rodungen erfolgen hauptsächlich zur Gewinnung von Weideland oder für den Anbau von Futtermitteln wie Soja und Palmöl. Gleichzeitig leidet der deutsche Wald unter den Folgen des Klimawandels: Dürre, Borkenkäfer und Stürme setzen ihm massiv zu. Wie hängen diese Entwicklungen zusammen?
In einem Vortrag der Reihe TUM@Freising zeigte Professor Thomas Knoke von der TUM School of Life Sciences am Dienstag im Freisinger Lindenkeller spannende Lösungsansätze auf, die sowohl globale Regenwälder als auch lokale Wälder schützen können. Er erklärte, wie die Entwaldung, also der dauerhafte Verlust von Waldflächen, in den Tropen nicht nur das globale Klima, sondern auch die heimischen Ökosysteme beeinflusst. „Was hat eine Leberkässemmel mit Waldzerstörung und Borkenkäfern zu tun?“ Dieser ungewöhnlichen Einstiegsfrage folgte im Verlauf des Abends eine eindrückliche und verständliche Erklärung. Dem Professor gelang es, die zentralen Probleme klar herauszuarbeiten. Eindeutig ist: Der übermäßige Fleischkonsum in unserer Gesellschaft stellt einen der zentralen Faktoren für die Verschärfung des Klimawandels dar.
Aktuell dominiert die Fleischproduktion die Treibhausgasemissionen im Nahrungsmittelsektor. „Der Landnutzungssektor steuert mit seinen Entwaldungsaktivitäten und der nicht nachhaltigen landwirtschaftlichen Ökosystemnutzung 24 Prozent der jährlichen Treibhausgasemissionen bei“, erklärte Knoke. Dies habe direkte Auswirkungen auf die globale Erwärmung, die sich in Form von Überschwemmungen, Hitzewellen, Dürren, Stürmen, Bränden und Erdrutschen äußert. Die Auswirkungen der Regenwaldzerstörung sind auch in deutschen Wäldern spürbar, wie das Extrem-Dürrejahr 2018 gezeigt hat, welches nicht nur Fichtenbäume, sondern auch Eichen- und Tannenarten betraf. Teil des Problems: Die wirtschaftlichen Anreize zur Rodung sind meist höher als bei nachhaltigeren Alternativmodellen zur Landschaftsnutzung. Besonders betroffen sind Länder wie Brasilien, die Demokratische Republik Kongo und Indonesien.
Ein weiteres zentrales Problem sei die Instrumentalisierung von Klimaproblemen, ohne dass konkrete Maßnahmen dann auch effektiv umgesetzt würden, schilderte Professor Knoke weiter. Solche leeren politischen Versprechen seien besonders in Ländern wie Brasilien und Indonesien erkennbar, wo politische Instabilität zusätzlich dazu beitrage, dass Klimaschutzmaßnahmen nicht konsequent verfolgt würden. Dabei seien es gerade diese Länder, die aufgrund ihrer tropischen Regenwälder eine entscheidende Rolle im globalen Klimaschutz spielten.
Angesichts dieser ernüchternden Erkenntnisse bleibt die dringende Frage: Was können wir nun tun? „Ich sag’s Ihnen jetzt schon, ich habe auch keine Patentlösung zum Klimaschutz. Aber ich habe ein paar Ansätze, die ich gerne vorstellen würde“, stellte Knoke klar. Neben der dringenden Aufforderung, den Fleischkonsum bewusst zu reduzieren, standen in seinem Vortrag vor allem innovative Ansätze in der Forstwirtschaft im Fokus. Diese sollen unsere Wälder widerstandsfähiger gegen die Auswirkungen des Klimawandels machen.
In seiner Forschung beschäftigt sich der Professor mit der Frage: Wie sieht der Wald der Zukunft aus? Er untersucht dabei ein Modell des sogenannten Generationenwaldes, bei dem auf derselben Fläche junge, ältere, alte und sehr alte Bäume einer Art miteinander koexistieren. Dieses Modell des strukturierten Waldes erhöht das Erholungs- und Regenerationspotenzial der älteren Bäume und stärkt die Resilienz des gesamten Waldes.
Klimamaßnahmen dürfen nicht nur kurzfristige politische Ziele verfolgen
Entscheidend ist es dem Professor zufolge, selbst kleine Erfolge nachhaltig zu sichern, um langfristig einen spürbaren Mehrwert zu erzielen. Das bedeutet, dass einmal eingeführte Klimamaßnahmen nicht nur kurzfristige politische Ziele verfolgen dürfen, sondern dauerhaft Bestand haben müssen, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Die Herausforderung liegt dabei nicht nur in der Umsetzung, sondern auch in der Überwachung und Sicherstellung der Erfolge. Internationale Zusammenarbeit und die Einhaltung globaler Klimaziele sind hierbei von zentraler Bedeutung.
Solche wegweisenden Forschungsprojekte, die in internationaler Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und Einheimischen in betroffenen Ländern wie Indonesien oder Ecuador durchgeführt werden, tragen sowohl zum Schutz der tropischen als auch der heimischen Wälder bei. Gemeinsam mit einem bewussten Konsumverhalten jedes Einzelnen und unterstützenden politischen Maßnahmen könnten diese Ansätze helfen, die Klimakrise anzugehen und die Erderwärmung zu verlangsamen.
Die Veranstaltung war Teil der Vortragsreihe der TUM School of Life Sciences und der Stadt Freising mit dem Titel „TUM@Freising. Wissenschaft - erklärt für alle“. Die Veranstaltungsserie verfolgt das Ziel, der Freisinger Bevölkerung wissenschaftliche Themen verständlich und informativ näherzubringen. Thomas Knoke, ist seit 2005 Professor für Waldinventur und nachhaltige Nutzung an der TUM School of Life Sciences. Seine wissenschaftliche Laufbahn führte ihn bereits nach Südafrika, Chile und China.