Studenten in Freising:Einer, der mitmischt

Studenten in Freising: Simon Horvath ist unter anderem in den sozialen Netzwerken aktiv und verwaltet dort beispielsweise die Facebook-Seite "Treffpunkt Freising", die er für sehr wichtig hält. Auch die Stadt habe "ihre Leute da drin", sagt er.

Simon Horvath ist unter anderem in den sozialen Netzwerken aktiv und verwaltet dort beispielsweise die Facebook-Seite "Treffpunkt Freising", die er für sehr wichtig hält. Auch die Stadt habe "ihre Leute da drin", sagt er.

(Foto: Marco Einfeldt)

Simon Horvath kam als "Kölscher Jung" zum Studium in die Domstadt. Inzwischen kennt er Stadt und Leute und ist vielerorts aktiv.

Interview von Clara Lipkowski

Simon Horvath ist so etwas wie der "Kölsche Jung" in Freising. Als er 2013 aus dem Kölner Raum zum Studium in die Domstadt kam, war die Umgewöhnung an Dialekt und Gepflogenheiten herausfordernd, mittlerweile aber fühlt er sich sehr wohl und ist vielerorts aktiv - in Vereinen, einer Uni-Fachschaft und virtuellen Gruppen, die Freisinger vernetzen. Vor Kurzem startete der 28-Jährige die Aktion "Refill": Passanten können in teilnehmenden Läden umsonst ihre mitgebrachte Flasche mit Leitungswasser füllen. Er sagt: "In so etwas ist Freising richtig gut: Die Leute waren sofort Feuer und Flamme."

SZ: Sie sind aus Rösrath ausgerechnet in Freising gelandet. Wie das?

Simon Horvath: Ich bin in Rösrath aufgewachsen und habe in Trier Energietechnik studiert. Dann habe ich einen Studiengang gesucht, der Umwelt und Natur mit gesellschaftlichen Themen verbindet. Forstwissenschaften und Ressourcenmanagement an der TU München hat mir am besten gefallen. Ich bin dann hierhin, aber habe erst am Tag, an dem ich umgezogen bin, gemerkt, dass es gar nicht in München ist, sondern in Freising (lacht).

War es dann ein Schock, dass es doch wieder eine ländliche Gegend wird?

Ich hab mich gefragt: Will ich das wirklich? Die ersten vier Wochen, bis Ende Oktober, waren schwer, weil ich im Auto und im Zelt schlafen musste. Ich wollte schon aufgeben, aber dann habe ich eine WG gefunden. Da bin ich heute noch.

Wie studiert es sich in Ihrem Fach?

Die Universität hat großes Potenzial. Neben unserer TUM-Fakultät für Forst haben wir noch die Forstwirtschaftler der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft. Also die geballte wissenschaftliche Kompetenz an einem Ort. Leider gehen gerade viele gute Professoren in Rente und die Neubesetzung der Posten ist schwierig, weil sich nur schwer Ersatz findet und wir von der TUM nicht genug Unterstützung bekommen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass der TUM unsere Fakultät nicht so wichtig ist. Dabei haben wir hier jedes Jahr zwischen 150 und 250 Studienanfänger - und das allein im Bachelor. Wir holen viele Studierende nach Freising. Aber das Studieren hat sich verändert. Das liegt auch an den Studenten.

Inwiefern?

Sie kommen aus der Schule und werden im Studium weiter verschult. Es geht nur darum, die Prüfungen zu schaffen, Stichwort "Bulimiestudium", nicht darum, eigenverantwortlich zu sein und Wissenskompetenz aufzubauen. Man lässt sich berieseln.

Sind Sie mehr auf das Studium fokussiert, als das Studentendasein zu feiern?

Der Freisinger ist schon eine besondere Art Student. Ein Großteil ist einheimisch, aus der Gegend, somit auch Wochenendheimfahrer, was der Tod für das Freisinger Studentenleben ist. Als ich 2013 herkam war das noch extrem. Dann haben wir im Freisinger Studentenlebenverein Dynamik entwickelt, auch in den sozialen Medien. Im Winter 2015 gab es zwei, drei Partys in der Woche. Aber es ist immer ein Zusammenspiel der Studenten und der lokalen Bar- und Kneipenbesitzer. Das Abseits war der einzige Laden, der ein bisschen alternativer war, wo man einfach abhängen konnte, wo es nicht so konservativ-wirtshaus-mäßig war. Denn natürlich ist das Problem: Freising hat keine Kneipen. Außer dem Klimperkasten.

Ist das so? Es gibt das Furtner, das Schneiders, die Q-Bar...

Das Schneiders zum Beispiel: Das ist mehr ein Wirtshaus und ja, Haupttreffpunkt für Studierende und Erstsemesterveranstaltungen. Und immer voll. Aber ich finde es nicht schön, da zu sein. Furtner ist für alle Freisinger da, nicht nur Studenten. Man kann schon ausgehen. Aber würden nicht alle über das Wochenende nach Hause fahren, gäbe es hier ein richtig geiles Nightlife.

Worüber regen sich die Studenten ansonsten auf?

Die Infrastruktur ist schlecht. Aber da splittet sich die Gesellschaft auch. Es gibt jüngere Studenten, die sagen, es ist Quatsch, wenn Läden länger auf haben als bis 19 Uhr, dann muss man halt wann anders einkaufen. Das ist dann diese bayerische Erziehung, von denen, die vom Dorf kommen. Was gut ist: Freising ist kompakt, man kann alles erreichen, wenn einem nicht, wie mir, das Rad gestohlen wird. Aber auch zu Fuß kommt man überall hin. Wir haben hier die Natur, den Flughafen, München. Wir jammern auf hohem Niveau. Und: Freising ist schon innovativ, aber noch nicht modern genug.

Sie haben "Refill" gegründet. Warum?

Wie oft bin ich schon durch die Innenstadt gelaufen, hatte Durst, bin in ein Geschäft und musste mir für zwei Euro eine 0,5-Liter-Flasche Wasser kaufen. Dabei ist doch unser Leitungswasser sehr gut. Zudem trinken wir alle viel zu wenig Wasser. Und: Wir produzieren zu viel Plastikmüll. Es gilt die Natur zu bewahren, damit wir überleben können. Sie braucht nicht uns, sondern wir sie. Es machen schon 50 Städte in Deutschland mit, in Freising 15 Läden.

Und das Ziel ist, dass alle mitmachen?

Das wäre natürlich schön, aber es lohnt sich nicht immer. Drogeriemärkte haben Wasserspender, Banken auch. Ich habe Läden gesucht, die es nur in Freising gibt, um das Lokale zu stärken.

Auf Facebook verwalten Sie den "Treffpunkt Freising". Warum braucht es ihn?

Es gab verschiedene studentische Gruppen, aber keine, wo man sich mit Freisingern austauscht. In den ersten zwei, drei Monaten hatten wir 1000 Mitglieder, heute sind es 6000. Die Stadt hat auch ihre Leute da drin. Für viele ist es eine Plattform, zu wissen, was in der Stadt los ist.

In den sozialen Medien wird viel gehetzt. Hatten Sie mal Probleme damit?

Eigentlich nicht. Es gab aber im März mal einen Fall, da kam eine französische Campingtruppe zur Luitpoldanlage, wie jedes Jahr. Jemand hat ein Foto davon in der Gruppe gepostet und gefragt, was sind das für Leute, was machen die hier. Kurz darauf standen unter dem Post 450 Kommentare! Und teils richtig rassistische Beiträge, "das sind doch Zigeuner, Ausländer, die machen alles dreckig". So etwas schaukelt sich schnell hoch. Aber Verstöße gegen die Gruppenregeln lösche ich sofort. Die Stadt hat die Diskussion wohl mitbekommen, am nächsten Tag jemanden geschickt und die Situation geklärt. Da sieht man, was für eine Bedeutung so eine Gruppe hat.

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