Rechtsextremismus:Rechte Umtriebe im Löwenwirt

Neonazis aus München stören eine Veranstaltung von "Freising ist bunt". Wirt Günter Wittmann wehrt sich gegen den Vorwurf, sein Lokal sei ein Treffpunkt der rechtsextremistischen Szene

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Zu einem Zwischenfall mit Polizeieinsatz ist es Montagabend bei einer Veranstaltung von "Freising ist bunt" im "Gasthaus zum Löwen" gekommen. Robert Andreasch, Referent von der Antifaschistischen Informations- und Dokumentationsstelle München, Aida, sprach dort zum Thema "Aktuelle Entwicklung der extremen Rechten in Bayern". Wohl nicht zufällig, so Freisings Polizeichef Ernst Neuner, besuchte das Gasthaus an diesem Abend auch eine Gruppe von Personen, "denen ein geschultes Auge ansehen konnte, dass sie aus rechten Szene stammen". Weil sich der Aida-Referent bedroht fühlte, alarmierte er die Polizei. "Freising ist bunt" entschloss sich, die Veranstaltung vom Löwenwirt ins "Abseits" zu verlegen. Auf dem Weg dorthin wurden die Freisinger Antifaschisten von der Polizei begleitet.

Auch die Freisinger SPD, die an diesem Abend zufällig im Löwenwirt getagt hatte, verließ das Lokal "aus Solidarität mit ,Freising ist bunt'", formulierte das der SPD-Ortsvorsitzende Markus Grill, der die Situation laut eigenen Aussagen durchaus "als bedrohlich" empfunden hat. "Da saßen bestimmt 20 Neonazis, die waren auch als solche erkennbar, und wir haben uns dann entschlossen zu gehen." Mittlerweile habe die SPD auch ihre Weihnachtsfeier beim Löwenwirt abgesagt. "Wir als Demokraten können kein Lokal besuchen, wo wir befürchten müssen, Personen der rechten Szene zu begegnen", begründet er das. Vom Wirt Günter Wittmann erhoffe man sich eine Klarstellung und eine deutliche Distanzierung von dieser Personengruppe, so Grill weiter.

Wittmann weist den Vorwurf von sich, sein Lokal sei ein Treffpunkt der rechten Szene. Noch in der Nacht war ein Vorwurf dieser Art auf der Facebookseite von "Freising ist bunt" gepostet worden. Dieser Beitrag wurde dann ein paar Stunden später jedoch wieder gelöscht. Verantwortlich dafür sei ein Mitglied von "Freising ist bunt" gewesen, das "nach dem Vorfall einfach sehr aufgewühlt war", erklärt dazu Albert Baumgartner-Murr, Sprecher der Freisinger Antifaschisten.

Der Vorfall im Löwen zeigt auch, wie ein und dasselbe Ereignis auf zwei völlig unterschiedliche Weisen bewertet werden kann. Während der Aida-Referent Andreasch berichtete, das "gesamte Erdgeschoss des Lokals" sei an mehreren Tischen von Mitgliedern der rechten Szene besetzt worden, "gefährliche Leute aus der Münchner Szene", von denen er sich bedroht gefühlt habe, will Günter Wittmann das nicht bemerkt haben. "Bei mir hat vorher nur einer angerufen und einen Tisch für zwölf Personen zum Spareribs-Essen reserviert. Am Telefon höre ich doch nicht, ob jemand gelb, braun oder rot ist", sagt Wittmann. Und weiter: "Ich kann doch jetzt nicht jeden Tätowierten vor die Tür setzen." Auf keinen Fall wolle er sich in die rechte Ecke drücken lassen, "wo ich wirklich nicht hingehöre".

Andreasch wirft Wittmann weiter vor, dieser habe ihn praktisch vor die Tür gesetzt, als er gebeten habe, mit dem Telefon am Tresen die Polizei zu rufen. Wittmann wiederum sagt, er habe Andreasch nur gesagt, wenn er die Polizei rufen wolle, solle er das vor der Tür machen, "weil ich hier meinen Frieden haben will". Außerdem habe Andreasch begonnen, die Personen am Tisch mit seinem Handy zu fotografieren, was diesen nicht gefallen habe.

Wittmann schlägt nun vor, einen runden Tisch zum Thema zu veranstalten, der vom Freisinger Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher moderiert wird. Der steht dem positiv gegenüber, "wenn das beide Seiten wollen". Eschenbacher warnt in diesem Zusammenhang vor schnellen Vorverurteilungen. "Wir sollten uns nicht auseinander dividieren lassen und vorher alle miteinander reden", erklärte er. "Freising ist bunt" hat unterdessen entschieden, keine weiteren Veranstaltungen im Löwenwirt mehr abzuhalten. "Herr Wittmann ist ja nun nicht auf der Brennsuppe daher geschwommen", so Baumgartner-Murr. "Er hätte die Leute, die da teilweise mit Springerstiefeln in seinem Lokal saßen, durchaus als Vertreter der rechten Szene erkennen können." Wittmann hätte klar sein müssen, dass sie wegen "Freising ist bunt" gekommen seien.

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