Freisinger Stadtrat entscheidet:Vorerst kein Radentscheid

Freisinger Stadtrat entscheidet: Die Initiatoren des Radentscheid Freising - hier bei der Unterschriftenübergabe - und die Stadt einigen sich auf einen Kompromiss.

Die Initiatoren des Radentscheid Freising - hier bei der Unterschriftenübergabe - und die Stadt einigen sich auf einen Kompromiss.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens und die Stadt einigen sich auf einen Kompromiss - bis 2027 werden 27 Maßnahmen umgesetzt und weitere 27 vorbereitet.

Von Kerstin Vogel, Freising

In der Stadt Freising wird es in absehbarer Zeit keinen Radentscheid geben. Die Initiatoren des an sich erfolgreichen Bürgerbegehrens dazu haben stattdessen eine Vertragsvereinbarung mit der Stadt ausgehandelt, in der die Umsetzung zahlreicher Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit im städtischen Radverkehr festgeschrieben ist. Am Donnerstag hat auch der Stadtrat das Vertragswerk mit 31:6 Stimmen abgesegnet.

Mitte September 2021 hatte das eigens gegründete Aktionsbündnis "Radentscheid Freising" 3551 gültige Unterschriften an Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher übergeben. Im Oktober erklärte der Stadtrat das damit initiierte Bürgerbegehren für zulässig, doch bereits einen Monat später trafen sich Vertreter des Bündnisses mit der Stadt zu ersten Verhandlungen: Statt des bereits für den 20. Februar 2022 terminierten Bürgerentscheids wollte man einen öffentlich-rechtlichen Vertrag aushandeln, in dem konkrete Maßnahmen festgeschrieben werden. Der Bürgerentscheid sollte damit überflüssig werden, für die juristische Begleitung der Vertragsverhandlungen bat das Aktionsbündnis die Freisinger Bürgerinnen und Bürger zwischenzeitlich sogar um Spenden.

Großräumig Tempo 30, sobald rechtlich möglich

Dass der - wegen des sich abzeichnenden Verhandlungserfolges - zunächst auf den 3. April 2022 verschobene Bürgerentscheid nun tatsächlich nicht stattfinden muss, ist zu einem großen Teil dem Verhandlungsgeschick von Dominik Fuchs zu verdanken, wie am Donnerstag im Stadtrat allseits gelobt wurde. Fuchs war es auch, der den Stadträtinnen und -räten das Vertragswerk noch einmal ausführlich vorstellte - und dafür den griffigen Slogan "2 x 27 bis 2027" formulierte.

In aller Kürze ist damit gemeint, dass in den kommenden fünf Jahren, bis zum Jahr 2027 also, zum einen 27 bereits beschlossene Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs in Freising umgesetzt werden sollen. Für weitere 27 Maßnahmen sollen bis dahin die Planungen vorangetrieben werden. Sobald die rechtlichen Vorgaben durch die Straßenverkehrsordnung das ermöglichen, soll auf den Straßen der Stadt außerdem großräumig Tempo 30 angeordnet werden. Bislang können Gemeinden Tempo-30-Zonen nur in reinen Wohnstraßen ohne Durchgangsverkehr oder im direkten Umfeld von Kindergärten, Schulen oder Altenheimen ausweisen.

15,3 Millionen Euro für Pflichtmaßnahmen

Laut Paragraf 5 des Vertrags nehmen die Initiatoren des "Radentscheids" im Gegenzug den Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids zurück und dürfen in den kommenden fünf Jahren kein inhaltsgleiches Bürgerbegehren starten.

Die verpflichtend umzusetzenden Maßnahmen sind noch einmal untergliedert in die Kategorien "Anpassung bestehender Fahrradstraßen", Markierungsarbeiten, bauliche Maßnahmen, verkehrsrechtliche Themen und Fahrradabstellanlagen. Ihre Gesamtkosten belaufen sich auf etwa 15,3 Millionen Euro, wobei ein Großteil dieser Summe in die lange geplante teure Verbreiterung der Hochtrasse fließt, die allein um die 10,5 Millionen kosten wird. Weiterer hohe Kostenfaktoren sind die Erneuerung der Korbinianskreuzng sowie die Landshuter Straße mit Kosten von etwa 3,2 Millionen Euro.

Einige Stadträte halten den Vertrag für überflüssig

Viele der in dem Vertrag nun festgeschriebenen Projekte decken sich mit den Einzelmaßnahmen, wie sie auch im Mobilitätskonzept der Stadt beschrieben sind - und genau daran entzündete sich am Donnerstag dann doch eine kleine Debatte. Manch ein Stadtrat mochte nicht recht einsehen, wozu es den Vertrag überhaupt brauche. Die Verwaltung arbeite schon an der Umsetzung vieler der darin genannten Projekte, für viele Maßnahmen seien bereits Fördermittel akquiriert - und zudem lege der Vertrag weder eine Priorisierung fest, noch mache er zeitliche Vorgaben, kritisierte etwa Samuel Fosso (FSM): "Ich freue mich über jede Verbesserung, aber so ist der Vertrag überflüssig."

Hans Hölzl (FSM) bemängelte, dass in dem Vertrag wichtige Projekte wie der Isarsteg Süd oder ein Radweg an der Schlüterbrücke fehlten und bat darum, möglicherweise strittige Maßnahmen wie etwa den Wegfall von Parkplätzen an den Guten Ängern auch künftig im zuständigen Ausschuss zu besprechen.

"Einstieg in die Mobilitätswende"

Während Jürgen Mieskes (CSU) dafür warb, die Bürger doch tatsächlich entscheiden zu lassen, zeigte sich Peter Warlimont (SPD) umgekehrt froh, dass es zu der mit einem Bürgerentscheid einhergehenden Polarisierung nun nicht kommen müsse. So gebe es nur Gewinner "und eigentlich keine Verlierer", sagte er. Die Inhalte des Vertrags zeigten zudem, dass der Vorwurf, die Stadt komme mit Verbesserungen für den Radverkehr nicht voran, "so nicht stimmt".

Manfred Drobny (Grüne) lobte den Vertrag als Kompromiss, der "den Einstieg in die Mobilitätswende" bedeute, Karlheinz Freitag (FW) freute sich, dass man nun über "Struktur" und einen "Leitfaden" verfüge - und Ulrich Vogl (ÖDP) wurde angesichts des "Pragmatismus", mit dem man das hinbekommen habe, gleich ganz euphorisch: "Das ist eine Sache, wie man sie sich schöner nicht wünschen kann", schwärmte er.

Zur SZ-Startseite

Verkehrspolitik
:Druck von der Straße

In vielen Städten sammeln Aktivisten Unterschriften für bessere Fahrradwege. Doch was setzen die Kommunen am Ende wirklich um?

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: