Prozess:Striemen im Gesicht und diverse Schrammen

Vater schlägt elfjährigen Sohn, wird dafür verurteilt und unterliegt jetzt beim Einspruch gegen die Höhe der Tagessätze

Von Alexander Kappen, Freising

Der Angeklagte hat seinen Einspruch gegen den Strafbefehl, den er erhalten hatte, zwar auf die Rechtsfolgen und letztendlich dann nur auf die Höhe der Tagessätze beschränkt. Aber der Staatsanwältin fehlte in der Verhandlung am Freisinger Amtsgericht am Dienstag dafür immer noch jedes Verständnis. Mit der Geldstrafe von 3000 Euro, resultierend aus 75 Tagessätzen zu je 40 Euro, komme der Angeklagte im Strafbefehl ohnehin "verdammt gut weg". Der sechsfache Familienvater aus dem nördlichen Landkreis hatte, wie er mit der Beschränkung seines Einspruchs einräumte, im vergangenen Oktober seinen elfjährigen Sohn mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen und ihm dabei mehrere Striemen zugefügt. Jugendrichter Boris Schätz verurteilte ihn dafür zu 75 Tagessätzen zu je 30 Euro.

Mit dieser Geldstrafe in Höhe von 2250 Euro blieb er unter dem Antrag der Staatsanwältin, die bei den 75 Tagessätzen zu je 40 Euro aus dem Strafbefehl blieb. Die Anwältin und der Anwalt, die den Angeklagten in der Verhandlung verteidigten, wollten die Strafe auf 75 Tagessätze zu je 25 Euro reduzieren.

Die Verteidiger hätten anfangs auch gerne die Anzahl der Tagessätze verringert. Daran sei nicht zu rütteln, machte die Staatsanwältin jedoch von Beginn an deutlich: "Da geht gar nichts." Den zur Last gelegten Sachverhalt finde sie "unbeschreiblich, da kommt der Angeklagte wahnsinnig gut weg", betonte sie. Der Verteidiger entgegnete, dass es letztlich "ja nur eine Watschn" gewesen sei: "Dass ein Vater seinem Sohn eine Ohrfeige gibt, ist ja nicht so selten, das kommt ja leider, leider immer wieder vor." Die Staatsanwältin warf dem Verteidiger daraufhin vor, dass er das Verhalten des Angeklagten wohl auch noch gutheiße. Der Anwalt "verharmlost das", sagte sie. Der Verteidiger verwahrte sich gegen diesen Vorwurf.

Der Richter nahm zu Beginn der Verhandlung zwar auch den Begriff "Watschn" in den Mund, als die Verteidigerin fragte, ob man die Öffentlichkeit aussperren könne. Es gehe um eine Watschn und nicht um sexuellen Missbrauch oder dergleichen, sagte der Richter, der keinen Anlass für eine Verhandlung hinter verschlossenen Türen sah. Aber damit wolle er die Tat "nicht herunterspielen", stellte er klar. "Da war schon eine Wucht dahinter". Zudem müsse jeder Übergriff rigoros geahndet werden. Und vor allem "verhandeln wir hier heute nur einen Übergriff, aber im Hintergrund stehen ja auch noch andere Verletzungen". Er verwies auf die Fotos, die alle Prozessbeteiligten gemeinsam in Augenschein nahmen. "Da geht es um diverse Schrammen am Körper des Geschädigten", sagte der Richter und nannte etwa Verletzungen an Oberschenkel, Fuß und Knöchel des Jungen, die auf den Bildern zu erkennen seien.

Dass der Angeklagte, der aus zwei Ehen sechs Kinder im Alter von zweieinhalb bis 25 Jahren hat, letztlich seinen Einspruch gegen den Strafbefehl auf die Tagessatzhöhe beschränkt habe, sei vor diesem Hintergrund eine kluge Entscheidung gewesen, meinte die Staatsanwältin. Sie rückte von ihre Forderung keinen Millimeter ab. Sowohl die Anzahl als auch die Höhe der Tagessätze im Strafbefehl seien "absolut angemessen". Die Verteidigerin rechnete die finanziellen Verpflichtungen des Angeklagten gegenüber seiner Frau und den fünf noch nicht volljährigen Kindern auf und kam auf eine Tagessatzhöhe von 25 Euro.

Der Richter hielt letztlich 30 Euro für angemessen. Die 75 Tagessätze "gehen im Kontext in Ordnung". Er verwies noch einmal darauf, "dass da im Hintergrund mehr gewesen ist, die Übergriffe sind nicht runterzureden". Er hoffe, sagte er am Ende zum Angeklagten, "dass Sie das in den Griff bekommen, weil das sonst mit Sicherheit eine Geschichte wird, die das Jugendamt interessiert".

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