Prozess in Landshut:Mutter bedroht, Kollegin bedrängt

31-jähriger Neufahrner ist womöglich nicht schuldfähig

Von Alexander Kappen, Landshut/Neufahrn

Es fing laut Anklage damit an, dass er im Oktober 2018 die Wohnungstür eines Nachbarn einschlug und dabei einen Schaden von gut 2400 Euro verursachte. Mitte Dezember 2018 soll der 31-jährige Neufahrner, der sich seit dieser Woche vor der sechsten Strafkammer des Landshuter Landgerichts verantworten muss, dann mit einem Brotmesser auf einen Küchentisch eingestochen und seiner Mutter gedroht haben, sie umzubringen. Ebenso wie gut zwei Monate später, als er sie, abermals mit einem Messer in der Hand, bedroht haben soll.

Anfang Januar 2019 schlug er, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, auch gegen die Wohnungstür eines Mannes und schrie laut: "Mach die Tür auf! Ich schlage dich und ich töte dich!". Und schließlich soll der 31-Jährige, der laut Anklage an paranoider Schizophrenie leidet und daher wohl schuldunfähig ist, zwischen Oktober 2018 und April 2019 einer ehemaligen Arbeitskollegin nachgestellt haben. Diese leidet nun unter Angst, Unruhezuständen, Schlafstörungen und Nervosität.

Der Angeklagte befindet sich seit März 2019 in der Psychiatrie. Nun will das Gericht unter Vorsitz von Richter Ralph Reiter prüfen, ob der Beschuldigte auf Bewährung aus der Unterbringung entlassen werden kann. Aufklärung soll hier unter anderem das Gutachten eines Sachverständigen bringen, dessen Vortrag für kommenden Freitag vorgesehen ist. Sein Mandant sei sich seiner Krankheit bewusst, sagte der Verteidiger. Mutmaßlicher Auslöser für die Erkrankung ist der frühere Drogenkonsum des Angeklagten.

Besonders angetan war der 31-Jährige offenbar von seiner ehemaligen Arbeitskollegin. Monatelang schickte er der Frau von seinem Mobiltelefon aus Textnachrichten oder rief sie an. Allein zwischen dem 18. und 25. Oktober 2018 soll er sie 29 Mal angerufen haben. Zudem suchte er sie mehrmals an ihrer Arbeitsstelle auf. Bei den Kontaktaufnahmen drohte der Beschuldigte laut Anklage wiederholt damit, sich und jemanden anderen für sie umzubringen. Selbst als er bereits im Isar-Amper-Klinikum München-Ost untergebracht war, versuchte er noch, durch das Schreiben von Briefen Kontakt zu der Frau aufzunehmen. Diese ließ bereits fünf Handynummern sperren und änderte ihren Facebook-Account.

Am zweiten Verhandlungstag waren am Dienstag die Eltern und die Schwester des Angeklagten als Zeugen geladen. Alle drei machten jedoch von ihrem Recht Gebrauch, als nahe Verwandte die Aussage zu verweigern. Allerdings bestätigten die Eltern auf Anfrage des Vorsitzenden Richters, dass sie ihren Sohn wieder bei sich aufnehmen würden, sollte er auf Bewährung entlassen werden. Obwohl eine Entscheidung noch aussteht, sensibilisierte der Richter die Eltern dafür, sich im Fall der Fälle an den Bewährungshelfer oder Arzt zu wenden, "wenn Sie merken, dass mit ihm was nicht stimmt". Ihr Sohn sei schließlich krank, "und Sie sind am nächsten dran". Laut Richter hat sich der Angeklagte bereit erklärt, sich die nötigen Medikamente "mit einer Spritze geben zu lassen, die vier Wochen hält, dann muss er nicht jeden Tag Tabletten nehmen".

Der Prozess wird am kommenden Freitag fortgesetzt.

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