Lang ist es her: Vor vier Jahren fand in München die Internationale Autoausstellung (IAA) statt. Gruppen von Aktivistinnen und Aktivisten hatten gegen die ihrer Ansicht nach unsinnige Glorifizierung des Autoverkehrs Protestaktionen angekündigt. Eine davon fand am 7. September 2021 auf der Autobahn A 9 kurz vor der Raststätte Fürholzen statt. Drei Personen waren eine Schilderbrücke hochgeklettert. Ein junger Mann und eine junge Frau seilten sich ab und überklebten Hinweisschilder mit Papierplakaten, die mit Parolen gegen die Autoindustrie beschriftet waren. Die drei Personen müssen sich nun wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung am Freisinger Amtsgericht verantworten. Ein Urteil steht noch aus.
Eine herbeigerufene Polizeistreife sperrte zunächst die Autobahn, um eine Gefährdung von Autofahrern und nicht zuletzt auch der Aktivistengruppe zu verhindern. Es bildete sich ein zehn Kilometer langer Rückstau bis zur Anschlussstelle Allershausen. Dies war der Grund, warum dem Trio ursprünglich gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr und Nötigung von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen worden waren.
Zum Auftakt des Prozesses sah es nach einem zähen Verhandlungstag aus. Allein die Befragung des ersten Zeugen, eines damaligen Beamten der Verkehrspolizeiinspektion, dauerte gut zwei Stunden. Der Mann hatte die Sperre der Autobahn veranlasst, indem er den Verkehr aus Richtung Allershausen drosselte und vor der betreffenden Schilderbrücke zum Stillstand brachte. Der Zeuge sagte, er habe auf dieser drei Personen wahrgenommen. Zwei hatten sich abgeseilt, wobei die junge Frau einen Eimer verlor, der auf die Fahrbahn fiel. Parolen wie „Smash Car Industry“, „No IAA“ und „Verkehrskollaps“ waren auf den Plakaten zu lesen. Der als Zeuge erschienene Polizist sagte, er habe die Aktivistengruppe dreimal aufgefordert, die Brücke zu verlassen und ihren Protest neben der Autobahn fortzusetzen. Darauf hätten die drei Personen nicht reagiert.
Der Polizist sagte weiter, es sei ein sehr heißer Tag gewesen. Menschen klagten über Durst und wurden zur Raststätte und zurück gefahren, damit sie sich mit Getränken versorgen konnten. Mittlerweile war auch die Höhenrettung eingetroffen, die schließlich die beiden Männer und die Frau von der Schilderbrücke herunterholte.
Verteidiger und Rechtsbeistände der Angeklagten witterten hinter der gesamten Aktion eine Machtdemonstration des Staates. Die Polizei habe die Gefahr nicht reduziert, sondern im Gegenteil erst geschaffen, indem sie einen Stau produzierte. Dem Einlenken des Staatsanwalts war es zu verdanken, dass sich das Prozedere vor Gericht verkürzte und auf die Vernehmung eines halben Dutzends weiterer Zeugen verzichtet werden konnte. Er regte an, den Vorwurf auf die Sachbeschädigung der Schilder zu beschränken. Im Verhältnis der zu erwartenden Strafe würden die Nötigung und der Eingriff in den Straßenverkehr nicht ins Gewicht fallen.

Blieb die Sachbeschädigung. Diese scheint sich dem Vernehmen nach in einem geringen vierstelligen Bereich zu bewegen. Ein als Zeuge geladener Mann von der Autobahn GmbH sagte, dazu könne er keine Angaben machen. Die großen Hinweisschilder liegen nicht in seinem Fachbereich, also könne dazu auch nichts sagen. Seine Abteilung sei nur für die Beschilderung an den Straßenrändern, Tempolimits und sogenannte „Rausschmeißer“, also etwa Ausfahrten zu Tankstellen, zuständig. Die beiden beklebten Schilder seien auf Beschädigungen hin überprüft worden. Darauf waren nur Fußspuren und Handabdrücke zu sehen gewesen.
Jetzt geht es um die Beurteilung eines Videos, das einer der Rechtsbeistände in den Prozess eingebracht hat. Darauf soll zu sehen sein, dass die Papieraufkleber mühelos entfernt werden konnten. Das habe nicht einmal zwei Minuten gedauert. Eine Einstellung des Verfahrens ist möglich.