Süddeutsche Zeitung

Prozess:Drogen-Verkaufsverhandlungen in der Bäckerei

Zwei Brüder sollen im größeren Stil mit Drogen gehandelt haben. Unklar ist die Rolle eines potenziellen Mittäters

Von Alexander Kappen, Landshut/Freising

Im Prozess gegen zwei 48 und 42 Jahre alte Brüder aus dem Landkreis Freising, die im größeren Stil mit Marihuana und Kokain gehandelt haben sollen, hat die erste Strafkammer des Landgerichts Landshut am zweiten Verhandlungstag unter anderem versucht, die Rolle eines potenziellen Mittäters zu klären. Zudem ging es der Kammer unter Vorsitz von Richter Markus Kring um den Einfluss, den ein beteiligter V-Mann der Polizei gehabt haben könnte.

Laut Anklage soll der ältere Bruder im Frühjahr 2019 einen ebenfalls bereits in Haft sitzenden Mittäter beauftragt haben, in Serbien 14 Kilogramm Marihuana an einen Lastwagenfahrer zu übergeben. Der brachte die Drogen nach Deutschland, wo sie in der Wohnung des potenziellen serbischen Mittäters zwischengelagert worden sein sollen. Anschließend habe der 48-jährige Angeklagte, so der Vorwurf, zwölf der 14 Kilo gewinnbringend verkaufen wollen, während der mutmaßliche Mittäter zwei Kilo als Entlohnung bekommen sollte. Der jüngere Bruder, 42, der in Freising lebte, soll an den Verhandlungsgesprächen in einer Bäckerei in Hallbergmoos beteiligt gewesen sein. Der Ältere soll dabei einem verdeckten Ermittler zehn Kilogramm verbindlich zu einem Preis von 2750 Euro pro Kilo angeboten haben. Zudem soll er einem Mann, der ebenfalls strafrechtlich verfolgt wird, in München ein Kilo Marihuana für 2400 Euro verkauft haben.

Ein als Zeuge geladener Polizist aus München, der an der Verhaftung des Serben beteiligt war, berichtete am Mittwoch von 20 Kilogramm Marihuana, die man in dessen Keller gefunden habe. Der Stoff sei in verschiedenen Mengen abgepackt gewesen. Bei der Vernehmung habe der Mann angegeben, vom 48-jährigen Angeklagten gefragt worden zu sein, ob er die 14 Kilo in Serbien vom Landesinneren an die Grenze bringen und dem Lastwagenfahrer übergeben könne. Der Mann habe damals gerade seine frühere Firma in Serbien abgewickelt und bei der Gelegenheit den Transport übernommen. Zwei Kilo seien für ihn als Honorar gedacht gewesen, zwei weitere habe der 48-Jährige behalten wollen und zehn verkaufen. Die Anweisungen seien vom 48-jährigen Angeklagten, geboren im Kosovo, gekommen. Der hatte am ersten Verhandlungstag Mitte Mai angegeben mit der Einfuhr des Marihuanas nichts zu tun zu haben. Das habe vielmehr der Serbe beschafft und ihn nur gebeten, bei den Verkaufsverhandlungen mit einem Albaner als Dolmetscher zu fungieren.

Der Richter fragte den Münchner Polizisten am Mittwoch, ob es den Sinn mache, für einen Transport über 20 bis 30 Kilometer zur serbischen Grenze einen zusätzlichen Zwischenlieferanten zu engagieren und ihm dafür gleich zwei Kilo zu geben. "Ich kann mir das auch nicht erklären - aber so hat er es in der Vernehmung berichtet", sagte der Polizist.

Ein Münchner Kollege des Polizisten wurde am Mittwoch auch zum Prozedere beim Einsatz von V-Männern befragt. Laut Anklage soll es nämlich in Hallbergmoos auch zu Verkaufsgesprächen mit einem V-Mann der Polizei gekommen sein, bei denen die Brüder eineinhalb Kilo Kokain zum Verkauf angeboten haben sollen. Der 42-jährige Angeklagte hatte zum Prozessauftakt angegeben, der V-Mann habe ihn in der Bäckerei angesprochen "und mich gedrängt, mindestens 100 Gramm Kokain zu besorgen". Es blieb jedoch bei den Verhandlungen. Er sei zwar nicht die Führungsperson des V-Manns gewesen, erläuterte der als Zeuge befragte Polizist. "Aber es wäre nicht untypisch, wenn der V-Mann für seinen Beitrag an den Vorgängen dieses Verfahren eine Entlohnung bekommen hätte." Üblich sei es, dass die Belohnung entsprechend der bei einem Scheindeal sichergestellten und aus dem Verkehr gezogenen Menge an Drogen gezahlt werde. Aber bei bloßen Verhandlungen sei von Fall zu Fall eine Belohnung möglich.

In dem Prozess ist ein weiterer Verhandlungstag angesetzt.

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SZ vom 28.05.2020
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