Prozess am Landgericht Landshut:"Sperr mich in den Heizungskeller"

57-Jähriger leidet an einer manisch-depressiven Krankheit, bedroht Ehefrau und geht auf Bruder los. Strafkammer ordnet Unterbringung in Psychiatrie zur Bewährung an, wenn sich der Beschuldigte an Auflagen hält.

Peter Becker

Wie wenn ein Schalter umgelegt wird." So beschrieb ein 57-jähriger Mann aus dem Landkreis der Strafkammer am Landshuter Landgericht die Situation, wenn er von einem depressiven in einen manischen Zustand wechselt. Habe er einige Tage im Bett gelegen und die Decke angestarrt, werde er plötzlich von einem Tag auf den anderen geradezu euphorisch, bis die Stimmung ins Aggressive kippe. In so einer Verfassung befand sich der Mann, als er mit einem Kantholz auf seinen Bruder einschlug, Polizisten bedrohte und verletzte. Die Strafkammer sprach sich nun für eine Unterbringung in eine Psychiatrie aus. Vorerst zur Bewährung. Damit dies so bleibt, muss sich der 57-Jährige einer engmaschigen Kontrolle unterziehen.

Seit etwa zehn Jahren leidet der Mann an einer schweren manisch-depressiven Erkrankung. Vollkommene Tatenlosigkeit wechselte sich jeweils am Ende eines Winters mit Hyperaktivität ab, die irgendwann in Aggressivität umschlägt. "Bitte sperr mich im Heizungskeller ein, damit nichts passieren kann", flehte der Mann seine Ehefrau an, als er spürte, dass er die Kontrolle über sich verliert. Wochenlang, sagte die Frau, die als Zeugin auftrat, hatte er zuvor nicht mehr geschlafen. Sie habe sich deshalb noch gefreut, als er nach monatelanger Niedergeschlagenheit wieder etwas Fröhlichkeit entwickelte, die sich aber allmählich zu hektischer, zielloser Aktivität steigerte.

Irgendwann musste ich ihn aber wieder aus dem Heizungskeller rauslassen", sagte die Ehefrau. Sein Zustand verschlimmerte sich. Er bedrohte seine Frau, die über den Notruf die Polizei verständigte. Ihr Mann wurde zur Behandlung ins Bezirkskrankenhaus nach Taufkirchen gefahren. Fatalerweise holte ihn aber seine Schwester bereits am nächsten Tag wieder heraus. Sie fuhr mit ihm in eine Münchner Klinik. Dort attestierte eine Ärztin, dass er unauffällig sei. Er durfte wieder nach Hause. Im Lauf der nächsten Tage entwickelte sich der nächste manische Schub. Ausgerechnet an einem Sonntag, als keine ärztliche Hilfe erreichbar war. "Uns sind die Hände gebunden, solange ihr Mann nicht sich selbst oder andere gefährdet", hieß es bei Polizei, als die Frau bat, ihren Mann wieder nach Taufkirchen zu fahren, bevor ein Unglück geschehe. Dazu wäre es fast gekommen, wäre der 57-Jährige nicht von seinem Bruder überwältigt worden, als er in dessen Haus eindrang.

Es tut mir alles sehr leid", sagte der Angeklagte. "Ich kann mich aber an nichts mehr erinnern." Außer, dass er seine Frau zu seinem Bruder geschickt habe und sie nicht wiedergekommen sei. "Sie hat sich aber völlig richtig verhalten", erklärte der Mann.

Sein Zustand ist seit dem Vorfall stabil geblieben. Die manische Phase ist zu Beginn dieses Frühjahrs ausgeblieben. Ursache dafür ist die offenbar richtige medikamentöse Einstellung durch den behandelnden Arzt, bei dem sich der 57-Jährige nun einmal im Monat melden muss. Der Beschuldigte steht von sofort an unter Führungsaufsicht. Regelmäßig muss er Urin- und Blutproben abgeben. Dies dient der Kontrolle, ob er Alkohol trinkt und der Medikamentenspiegel konstant bleibt. Vorsitzende Richterin Gisela Geppert verordnete auch einen Kriseninterventionsplan: Wenn die Ehefrau merkt, dass ihr Mann wieder in einen manischen Zustand gerate, müsse sie sofort die vorübergehende Unterbringung im Bezirkskrankenhaus veranlassen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: