Süddeutsche Zeitung

Flughafen:Auf Wiedersehen im Land der Diktatorenfamilie

Aladdin Almasri vergleicht den Münchner Flughafen mit dem in Damaskus, wo die Assads zum Abschied im Großformat lächeln.

Von Aladdin Almasri, Flughafen

Viele Flughäfen in der Welt ähneln sich, aber besonders schwer ist es, den Münchner Flughafen - er war 2017 auf der Liste der besten Flughäfen weltweit laut Skytrax auf Platz vier - mit dem in Damaskus zu vergleichen. Der "Damascus Airport" wird von Regimeunterstützern als "Errungenschaft des ewigen Führers Hafiz al-Assad für sein Volk" bezeichnet. Hafiz al-Assad war bis 2000 Präsident, als er starb, übernahm sein Sohn die Regierung, der Diktator Baschar al-Assad.

Heute, das muss man vorweg sagen, fliegen ab Damaskus nur noch wenige internationale und nationale Passagiermaschinen. Das Gebäude als solches ist zwar weitgehend vom Krieg verschont worden. Aber sicher ist es eigentlich nur für Regimeanhänger und seine Unterstützer. Ein Teil des Flughafens dient als Militärstützpunkt, für Flieger, Truppen und Panzer der Regierung und ihrer Verbündeten.

Vergleiche ich also die Flughäfen, mache ich das lieber mit meiner Erinnerung. Als Kind war ich oft am Flughafen. Es war schwierig, im öffentlich zugänglichen Teil des Gebäudes einen Blick auf die startenden Flugzeuge zu erhaschen. Ich ging mehrmals in den zweiten Stock, quer durch eine große Halle bis zu einem großen Fenster. Stand ich ganz nah an der Scheibe und drehte den Kopf zur Seite, konnte ich in einem kleinen Winkel die Startbahn erspähen. Vielleicht zwei Sekunden sah ich, wie eine Maschine startete. Länger zu schauen traute ich mich nicht, man riskierte sonst eine unangenehme Begegnung mit der Sicherheitspolizei, die überall im Gebäude penibel darauf achtete, dass sich Menschen nicht auffällig neugierig verhielten und schon gar nicht Fotos machten. Einfach fotografieren, vor allem öffentliche Gebäude, war und ist sowieso meist verboten. Das sollte man nicht unterschätzen, es kann Menschen hinter Gitter bringen.

Ich sah, wie ein Sicherheitsmitarbeiter einen Passagier schlug. Weil dieser einer Markierung überschritten hatte

Ich sah, wie am Flughafen Damaskus ein Sicherheitsmitarbeiter einen etwa 30 Jahre alten, kräftigen Mann schlug, nur weil er dort, wo Wartende Reisende in Empfang nehmen, eine Markierung am Boden übertreten hatte. Im Gebäude herrschten - und das tun sie noch - die Regeln der Sicherheitspolizei. Solche Gewalt, die ich auch später noch mal sah, habe ich in München nie erlebt. Im Gegenteil, die Polizisten sind höflich, korrekt. Sowieso ist der Münchner Airport anders, er ist gewissermaßen eine eigene Stadt mit zig Geschäften, internationalen Restaurants, es gibt dort ja sogar eine Schlittschuhlaufbahn im Winter. In Damaskus gab es ein paar sehr teure Cafés.

Die Flugzeuge, die im Erdinger Moos starten und landen, kann man nicht nur beobachten, man kann sie sogar fotografieren, ohne ein Verbrechen zu begehen! Das habe ich längst gemacht, oft sogar, besonders gut geht das in Hallbergmoos, da ist man nah dran an den Landebahnen. Um in Damaskus zum Flughafen zu kommen, nahmen die meisten Syrer ihr Auto. Der öffentliche Nahverkehr war, na ja, unzureichend. Der Bus fuhr jede halbe Stunde. Für einen ganzen Flughafen, kann man sagen, ist das ein bisschen wenig. Taxis gab es natürlich auch, aber vielen Menschen waren sie zu teuer. Dort gibt es keine S 1 oder S 8.

Aber was München dafür fehlt: großformatige Politikerbilder. Fährt man am Flughafen in Damaskus vor, empfangen einen drei große Porträts. Sie zeigen Hafiz al-Assad, seinen ältesten Sohn Bassel, der 1994 bei einem Autounfall nahe dem Flughafen starb, und Baschar al-Assad. Die Männer tragen Sonnenbrillen und lächeln. Darüber scherzen die Menschen, sie sagen, der Grund, warum die Bilder dort hängen, sei, dass man die Syrer auf dem Weg ins Ausland daran erinnern wolle, die freundliche Diktatorenfamilie daheim nicht zu vergessen. Es ist die Familie, die jetzt ganz in der Nähe des Flughafens, in Ost-Ghuta, Zivilisten bombardiert und ein Massaker begeht, dessen Opfer vor allem Kinder sind.

Aladdin Almasri, 34, floh 2013 aus Syrien in die Türkei. Zwei Jahre später kam er nach Bayern. Im Programm "Newscomer" schreibt er in loser Folge für die SZ Freising. Übersetzung aus dem Englischen: clli

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SZ vom 13.03.2018/clli
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