Der soziale Aufstieg ist nicht immer leicht. Dem einen gelingt er, für den anderen erweist er sich als deutlich schwieriger. Und für manche ergibt er sich praktisch wie von allein: heute noch Studentin, morgen schon Mitbewohnerin einer echten Prinzessin – eine soziale Beförderung zum Hofstaat. Oder Hofnarren.
Da sitzt man eines Abends beisammen, knackt salzige Sonnenblumenkerne auf und erfährt dann auf recht nonchalante Art von der royalen Abstammung einer Person, mit der man mehrere Jahre zusammengelebt hat. „Hab’ ich dir nie davon erzählt?“ – diese Frage setzt dem Ganzen doch passenderweise die Krone auf.
Eine indonesische Prinzessin. Als Mitbewohnerin. In einer WG in Freising. Darauf angesprochen, winkt ihre Hoheit jedoch nur ab: „Es gibt bestimmt viele andere royale Studenten hier. Das ist nichts Besonderes.“
Beim Wort Prinzessin denkt man vielleicht an ein Schloss und Diadem, an Prunk und Protz, an Kleider und Kutschen. Vielleicht auch an sprechende Tiere oder eiskalte Superkräfte. Fairerweise könnten etliche Freisinger auch an royale Gestalten wie die Hopfenkönigin oder den Baumkönig denken. Doch die Realität sieht anders aus. Der Thron ist ein wackeliger Küchenstuhl, das Schloss ein Studentenwohnheim mit Dunstabzugshaube aus dem letzten Jahrtausend. Manchmal riecht es nach abgestandenem Rauch, manchmal nach Instant-Nudeln. Die Untertanen? Ein rauchender Reiskocher und ein Wasserkocher, der beim Sprudeln bedrohlich wackelt.
Fast automatisch stellt sich nun aber die entscheidende Frage: Hat diese Offenbarung Auswirkungen auf die WG-Dynamik? Denn immerhin kann nicht jeder davon erzählen, eine royale Mitbewohnerin zu haben.
Tatsächlich ändert sich nichts. Abwasch bleibt Abwasch, egal ob das Blut nun blau ist oder nicht. Auch eine Hoheit kommt daran nicht vorbei. Wobei, so ganz königlich ist sie dann doch wieder nicht – eher ein Nebenzweig des Königshauses, also nicht direkt am Thron, aber doch nah genug dran für repräsentative Verpflichtungen. Uni-Seminare tagsüber, royale Anrufe irgendwann danach.
Und dann gibt es da noch eine weitere Instanz, von der bis dahin niemand etwas wusste: die royalen Anwälte. Selten hört man zwei Wörter, die so viel Ehrfurcht und Macht ausstrahlen. Ein diskreter Zirkel im Hintergrund, der sich um Sicherheit und Image kümmert und es überhaupt nicht gerne sieht, dass die Mitbewohnerin für eine Zeitung schreibt. Die höfliche, aber bestimmte Bitte: keine Details.
Vielleicht wirkt so ein sozialer Aufstieg in Freising noch wie ein Ding der Unmöglichkeit. Prominente Gestalten verirren sich selten in die Domstadt – Hopfenkönigin hin oder her. Doch mit dem Umzug in eine größere Stadt erweitert sich eben der Horizont. Plötzlich zeigt sich: Eine Krone ändert nichts daran, dass morgens erst mal Kaffee gekocht werden muss. Oder dass der Wasserkocher gleich explodiert.