Reinhold Deuter (Piraten):Pirat aus Überzeugung

Reinhold Deuter (Piraten): Reinhold Deuter (Piraten) bei der Podiumsdiskussion mit den Bundestagskandidaten.

Reinhold Deuter (Piraten) bei der Podiumsdiskussion mit den Bundestagskandidaten.

(Foto: Marco Einfeldt)

Reinhold Deuter ist kein Direktkandidat, kämpft aber weiter.

Von Gudrun Regelein, Freising

Dass er seit ein paar Wochen nicht mehr auf der Wahlkreisliste steht, nimmt der Pirat Reinhold Deuter eher gelassen: "Ich habe eh nicht damit gerechnet, das Direktmandat im Wahlkreis 214 zu erringen", sagt er lapidar.

Im März dieses Jahres war Deuter, der mit seinen langen grauen, zum Pferdeschwanz zurückgebundenen Haaren tatsächlich ein bisschen etwas Piratenhaftes hat, in Scheyern bei der Aufstellungsversammlung seiner Partei eigentlich zum Direktkandidaten für den Wahlkreis 214 für die Bundestagswahl gewählt worden. Da hatten die Piraten noch gehofft, wieder in den Landtag in Nordrhein-Westfalen einziehen zu können. Dort allerdings scheiterten sie im Juli, so wie zuvor schon im Saarland und in Schleswig-Holstein - und plötzlich hätte Deuter Unterstützungsunterschriften für seine Direktkandidatur gebraucht. Die braucht ein Kandidat immer dann, wenn seine Partei in keinem Landes- oder Bundesparlament vertreten ist - doch am Ende fehlten 30 der insgesamt 200 notwendigen Unterschriften für die Wahlkreisliste gefehlt, berichtet Deuter.

"Man muss Träume haben", sagt Reinhold Deuter. Er plant eine Bayerntour mit der Partei

Viel ändern werde sich für ihn nun aber nichts, er stehe ja immer noch auf der Landesliste - dort auf Platz 11. "Der Wahlkampf geht weiter", sagt er. Geplant sei zunächst eine Bayerntour mit den Piraten, die nach Ingolstadt und danach weiter nach Augsburg führen werde. Seine Chancen schätzt Deuter realistisch ein, aber ein Wunschziel hat er dennoch: Dass die Piraten ein Ergebnis von knapp über fünf Prozent erzielen, sagt er ohne zu überlegen. "Man muss Träume haben", fügt Deuter noch an. Er sei Pirat aus Überzeugung, betont er. Auf seinem karierten Hemd trägt er einen Button mit der Piratenflagge.

Geboren wurde Reinhold Deuter in Pfaffenhofen - nicht weit davon lebt er noch heute mit seiner Frau, seine beiden erwachsenen Söhne sind mittlerweile ausgezogen. Er sei ein heimatverbundener Mensch, sagt Deuter. "Ich habe nie das Bedürfnis gehabt, wegzuziehen." Gerade einmal die paar Kilometer von Pfaffenhofen nach Aresing habe er geschafft, sagt er und lacht. "In unserer Gegend bin ich bekannt wie ein bunter Hund. Da heißt es immer, der Pirat kommt."

Nach dem Abitur studierte Deuter in München Informatik, auch damals pendelte er vom Elternhaus in Pfaffenhofen zur Uni. Nach dem Studium war er bei verschiedenen Firmen in der EDV-Entwicklung tätig; Anfang 1990 beschäftigte er sich mit Datenkommunikation, engagierte sich im Computer-Security-Bereich und entwickelte das TCP / IP - also die Basis des Internets - mit. 2009 folgte dann der Bruch: "Ich habe mit der EDV aufgehört." Aus gesundheitlichen Gründen, berichtet er. Deuter lernte bei einem Sattler, "das war eine Sache, die mich interessierte". Seitdem arbeitet er freiberuflich als Sattler und Feintäschner - hauptsächlich exklusive Auftragsarbeiten.

"Es heißt immer, die Piraten sind tot - aber das sind sie nicht"

Deuters politisches Engagement reicht weit zurück: Ende der 70er-Jahre war er SPD-Mitglied. Bis zum Nato-Nachrüstungsbeschluss: "Das war ein No-Go, das konnte ich nicht mittragen", sagt er. Trotz des Austritts aber behielt er sein politisches Interesse. "Vor etwa acht Jahren hatte ich dann erstmals die Piraten auf dem Radar - und fand sie geil", erzählt Deuter. Natürlich deshalb, weil diese sich intensiv mit dem Thema Internet auseinandersetzten, sagt er. Aber auch, weil seine Lebensphilosophie zu dem passe, was die Piraten vertreten. Nämlich: Ein freies und sicheres Internet, den Schutz der Daten im Netz und eine verständliche und kontrollierbare Politik zu machen. 2011 dann trat er in die Piraten-Partei ein, wurde vier Jahr später zu deren Politischem Geschäftsführer gewählt und ist seit dem vergangenen Jahr Stellvertretender Vorsitzender des Bezirks Oberbayern. Schon im vergangenen November wurde er als Bundestagskandidat für die Landesliste gewählt. "Es heißt immer, die Piraten sind tot - aber das sind sie nicht", betont er.

Dass er gegen Erich Irlstorfer, dem Kandidaten der CSU, keine wirkliche Chance gehabt habe, wisse er. "Wir sind in Bayern, da braucht man nicht zu reden. Da muss man schon ganz komische Sachen rauchen, um zu glauben, dass Irlstorfer nicht gewählt wird", sagt er. Ihm gehe es allerdings primär darum, die Piraten wieder ins Gespräch zu bringen: "Wir sind nicht in der Versenkung verschwunden." Die Partei werde derzeit wieder von Grund auf aufgebaut - "als Piraten 2.0", sagt Deuter und lacht.

Den Flughafenausbau hält er für unnötig, aktuelle Zahlen würden das auch immer wieder belegen

Lokal habe er das Thema Dritte Startbahn im Fokus. "Die ist unnötig. Was soll der Scheiß?", schimpft Deuter. Der Flughafen sei im Landkreis Freising zwar ein entscheidender Wirtschaftssektor, aber ein Ausbau sei nicht notwendig, aktuelle Zahlen würden das auch immer wieder belegen. "Das sollten auch die Politiker akzeptieren und sich an den Münchner Bürgerentscheid halten", fordert Deuter.

Er ist Co-Autor des "Orangebuch Energie", das Ende 2016 erschien, und als Piratenwerk frei runterzuladen ist. Darin wird der gegenwärtige Energiebedarf analysiert. "Wir zeigen, dass eine Transformation zu den erneuerbaren Energien auch in einem hoch entwickelten Technologieland wie Deutschland möglich ist - wenn der politische Wille dafür vorhanden wäre", sagt Deuter enthusiastisch. Für ihn sei als Pirat und als Mensch eine echte, dezentrale Energiewende, die sich nicht auf Sonntagsreden zur CO2-Reduktion beschränkt, das große Ziel.

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