Autodiebe auf Abwegen durch den Landkreis Freising:Teure Flucht vor der Polizei

Wer für die Schäden an sieben Einsatzwagen aufkommt, bleibt vorerst ungeklärt.

Von Peter Becker, Freising/Eching

Aberwitzig war die Verfolgungsjagd, die sich zwei Männer vor drei Jahren auf der Autobahn A 9 von Bayreuth nach Dietersheim im Landkreis Freising geliefert hatten. Dabei wurden mehrere Polizeiautos demoliert. Der strafrechtliche Aspekt der Verfolgungsjagd ist abgewickelt. Das Landshuter Landgericht verhängte Gefängnisstrafen. Die Polizei hat offenbar die beiden Delinquenten wegen der beschädigten Autos auf Schadenersatz verklagt. Das Oberlandesgericht hat diese Klage nun teilweise verworfen und verwies den Rechtsstreit zu einer erneuten Verhandlung an das Landgericht München I zurück.

Wer von den beiden Männern das Auto einer Frau in Halle gestohlen hatte, konnte das Landgericht nicht nachweisen. Der Wagen geriet bei Bayreuth in eine automatische Kennzeichenkontrolle. Die meldete ihn als gestohlen und die Hetzjagd begann. Es kam zu mehreren Kollisionen mit Polizeiautos, die den Fluchtwagen zum Stillstand bringen wollten. In Garching stießen die Fahrzeuge gegen Pflastersteine an einer Baustelle, Dienstwagen wurden bei der Verfolgungsjagd über Äcker und Felder beschädigt. Die Klägerpartei machte einen Schaden von knapp 75000 Euro geltend.

Die Frage ist nun: Wer zahlt den Schaden? Das Landgericht hatte entschieden, dass die Versicherung der Fahrzeughalterin nicht zuständig ist. Dagegen hat sich die Klägerpartei gewandt. Das Oberlandesgericht kam zu dem Schluss, dass ein Anspruch an die Halterin und Versicherungsnehmerin ausscheide. Der Frau sei das Auto gestohlen worden. Dessen Benutzung durch den verurteilten Fahrer habe sie nicht durch eigenes Verschulden ermöglicht. Die Versicherung hafte für den Fahrzeughalter, aber nicht für den tatsächlichen Fahrer. Gegenüber ihm bestehe keine Leistungspflicht.

Der unberechtigte Fahrer ist zwar einem Halter gleichgestellt und mitversichert. Die Versicherung ist aber nicht zur Leistung verpflichtet, wenn dieser den Schadensfall vorsätzlich herbei geführt hat. Bei dem Verhalten des Fahrers liege wohl ein bedingter Vorsatz nahe, weil der Täter sein Vorhaben ausgeführt habe, ohne auf einen glücklichen Ausgang des Verfahrens hoffen zu können. Er überlasse es in der Hoffnung auf einen guten Ausgang dem Zufall, ob sich eine von ihm erkannte Gefahr verwirkliche oder nicht. Davon war die Klagepartei selbst ausgegangen, da es der Fahrer des Fluchtwagens in Kauf genommen habe, mit Polizeifahrzeugen zu kollidieren.

Anders sieht es das Oberlandesgericht bei der Verfolgungsjagd in Dietersheim. Da sei nicht ohne Weiteres von einem bedingten Vorsatz des Fahrers auszugehen. Ein Polizeifahrzeug geriet auf Rollsplit ins Rutschen und prallte gegen Pflastersteine. Was den Unfall anbelangt, mangele es an einer Beweisaufnahme seitens des Landgerichts. Ebenso verhält es sich bei dem Zusammenstoß eines Polizeiautos mit dem Fluchtfahrzeug. Ohne Klärung der Umstände sei weder auf bedingten Vorsatz des Polizisten, der den Fluchtwagen stoppen wollte, noch auf einen des flüchtigen Fahrers zu schließen.

Der Senat kam zu dem Schluss, dass die erste Instanz die Beweismittel nicht erschöpfend behandelt habe. Dabei handele es sich jedoch um das Kernstück eines Zivilprozesses. Auch gelte es, die Verantwortlichkeit des Fahrers zu klären. Dazu werden Sachverständige nötig sein. Das Landgericht war in seinem Urteil davon ausgegangen, dass die Steuerungsfähigkeit des Fahrers durch Drogenkonsum erheblich eingeschränkt war. Dieser habe seine "dissozialen Persönlichkeitszüge" verstärkt.

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