Pläne für die dritte Startbahn:"Sollen sie sich doch auf die Straße stellen und Unterschriften sammeln"

Demonstration gegen 3. Startbahn am Flughafen München, 2017

Demonstration gegen eine dritte Startbahn am Rande des Staatsempfangs zum 25. Geburtstag des Münchner Flughafens vor der Allerheiligen-Hofkirche.

(Foto: Catherina Hess)

Nach Markus Söders Vorstoß sehen sich die Startbahngegner gut gerüstet. "Die Leute wollen bessere Luft", sagt Aufgemuckt-Sprecherin Stieglmeier. Das zähle mehr als wirtschaftliche Interessen.

Von Petra Schnirch, Freising

Auf der einen Seite über Diesel-Fahrverbote in München diskutieren, auf der anderen die Entwicklung am Flughafen anschieben - für den Grünen-Landtagsabgeordneten Christian Magerl passt das nicht zusammen: "Es gibt Obergrenzen für diesen Raum, was die Belastung angeht." Aber auch die Zahlen selbst, mit denen Bayerns Finanzminister Markus Söder am Sonntagabend bei einer Sondersitzung in der Staatskanzlei die Forderung nach einer dritten Startbahn erneuerte, ändern für Magerl nichts an der Bewertung der Situation. Die Zahl der Flugbewegungen liege auch 2016 weit unter dem "Maximalwert 2008".

Für 2016 meldete der Finanzminister - er ist auch Chef des Aufsichtsrats der Flughafen München GmbH (FMG) - einen Anstieg der Flugbewegungen um 3,8 und der Passagier-Zahlen um 3,1 Prozent, für dieses Jahr rechnet er mit einem Plus von 3,9 Prozent in beiden Bereichen. Dennoch lagen die insgesamt 394 000 Flugbewegungen im Jahr 2016 deutlich unter den 2008 registrierten 432 000 Starts und Landungen, darauf weisen die Startbahngegner immer wieder hin.

Helga Stieglmeier, eine der Sprecherinnen des Aktionsbündnisses "Aufgemuckt", glaubt angesichts dieser Zahlen nicht, dass die Staatsregierung mit ihrer Forderung nach einem Flughafenausbau Erfolg haben wird. Die Stadt München, die dem Projekt als Mitgesellschafterin zustimmen muss, fühlt sich bisher an das Votum des Bürgerentscheids von 2012 gegen einen Startbahn-Bau gebunden. Eine neuerliche Abstimmung anzusetzen, dürfte schwierig werden, glaubt Stieglmeier. Für ein Ratsbegehren, das der Münchner Stadtrat anleiern könnte, sieht sie keine Mehrheit. Zu einem neuen Bürgerbegehren meint sie an die Adresse der Befürworter nur: "Sollen sie sich doch auf die Straße stellen und Unterschriften sammeln."

Die Debatte um giftige Stickoxide durch Diesel-Fahrzeuge habe die Münchner sensibilisiert, sagt Stieglmeier

Vor einer weiteren Bürgerbefragung hat die Aufgemuckt-Sprecherin keine Angst: Sie glaubt, dass die aktuelle Debatte um giftige Stickoxide durch Diesel-Fahrzeuge die Münchner zusätzlich sensibilisiert hat. "Die Leute wollen eine bessere Luft" - und sie würden nicht zulassen, dass gleichzeitig das Umland verpestet werde. "Klima- und Umweltschutz gehen vor", sie zählten mehr als die wirtschaftlichen Interessen der FMG.

Pläne für die dritte Startbahn: Angesichts der Luftbelastung glaubt Aufgemuckt-Sprecherin Helga Stieglmeier (links) nicht, dass sich die Bürger in der Region eine dritte Startbahn wünschen.

Angesichts der Luftbelastung glaubt Aufgemuckt-Sprecherin Helga Stieglmeier (links) nicht, dass sich die Bürger in der Region eine dritte Startbahn wünschen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Christian Magerl verweist in dem Zusammenhang auf eine Deutschlandkarte des Umweltbundesamts: Die zeigt für das Jahr 2015 die Hotspots der Umweltbelastung durch Stickoxide auf. In Bayern strahlt darauf neben den Ballungsräumen München und Nürnberg der Flughafen als heller Fleck heraus. Und das Umland des Airports sei hier mitbetroffen, sagt der Landtagsabgeordnete. Ein Ausbau sei deshalb nicht zu tolerieren.

Sein FW-Kollege Benno Zierer macht für das aktuelle Plus bei den Flugbewegungen einen "überhitzten Wettbewerb der Fluglinien" durch Subventionen für Billigflieger verantwortlich. "Flughafen-Chef Michael Kerkloh will unbedingt noch die Bagger rollen sehen, bevor er in den Ruhestand geht", sagt Zierer. Der "künstlich aufgeblähte Trend" sei nicht nachhaltig, glaubt er, da die Fluggesellschaften zum Teil die gleichen Strecken anbieten und "sich gegenseitig kannibalisieren". Als Beispiel führt er den Billigfluganbieter Transavia an, der sich nach einem kurzen Intermezzo im Herbst wieder zurückzieht.

Egal, wie es nun weitergeht: Auch wenn es zu einer weiteren Abstimmung in München kommen sollte - das Aktionsbündnis Aufgemuckt sei vorbereitet, sagt Stieglmeier. Die Startbahngegner könnten sofort reagieren, die Kontakte untereinander seien immer wieder aufgefrischt worden. Das Münchner Bündnis, Initiator des erfolgreichen Bürgerbegehren 2012, hat sich nie aufgelöst. Als vor geraumer Zeit ein Volksbegehren pro oder contra Startbahn im Raum stand, habe man sofort einen Arbeitskreis gegründet, um Kampagnen vorzubereiten. Wie diese aussehen könnten, will Stieglmeier nicht verraten. Die eine oder andere Idee gebe es schon. Auch die Argumente-Sammlung sei immer wieder aktualisiert worden. Neben dem Bedarf, den die Startbahngegner nach wie vor bezweifeln, spielen der Umwelt- und der Klimaschutz dabei eine maßgebliche Rolle.

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