Philosophieren via Youtube:Der Sinn des Lebens für Einsteiger

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Richard Rupp (Mitte), Kilian Karger (rechts) und Manuel Schäfler sehen sich auch nur als "drei Jungs, die da hocken und sich über ein Thema unterhalten".

(Foto: privat)

Richard Rupp, Kilian Karger und Manuel Schäfler wollen mit ihrem Podcast "Sapere audio!", der von der Initiative Kickstart Kultur Freising gefördert wird, Philosophie für alle zugänglich machen und sie entmystifizieren.

Von Thilo Schröder, Freising

Beim Stichwort "Kulturförderung" denken die wenigsten vermutlich als erstes an einen Philosophie-Podcast. Einen solchen produzieren in den kommenden Wochen die Nachwuchswissenschaftler Richard Rupp, 24, aus Freising, Kilian Karger, 30, aus Moosburg und Manuel Schäfler, 25, aus dem Raum Passau. Die drei kennen sich von der Hochschule für Philosophie in München. Gefördert wird ihr Projekt "Sapere audio! - Lebendige Philosophie für alle" von der Initiative Kickstart Kultur Freising der Freisinger Bank und des Uferlos-Teams. Am 18. Juli soll die erste Folge auf Youtube und weiteren Plattformen erscheinen.

Der Projektname geht auf das lateinische Sprichwort "Sapere aude" zurück, beziehungsweise die Kant'sche Interpretation: "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!". Im Podcast soll es um Fragen gehen, die sich jeder Mensch einmal stellt: Was ist der Mensch? Was hält die Welt zusammen? Gibt es Gott? Karger ist überzeugt: "Philosophie kann alle was angehen - und es lohnt sich." Ursprünglich hatten die drei einen studieninternen Podcast angepeilt, mit anschließender Zoom-Diskussion. Als sie von der Kickstart-Kulturförderung erfuhren, beschlossen sie, Philosophie für alle zugänglich zu machen.

Die Kickstart-Initiative fördert in der ersten Runde insgesamt sechs Projekte aus 50 Bewerbungen: neben dem Philosophie-Podcast eines im Bereich Neue Medien, ein Kinderhörbuch, Reggae- und Soundsystem-Kultur, Graffiti und eine Künstler-Meile, die unterschiedlichste Künstler vereinen soll. Zur Umsetzung haben die Kunst- und Kulturschaffenden seit Mitte April drei Monate Zeit. Insgesamt 15 000 Euro stehen zur Verfügung. Die drei Nachwuchsphilosophen investieren ihren Anteil am Förderbetrag primär in professionelles Equipment, wie sie mitteilen.

Abgehoben und verklausuliert, wie der Philosophie oft vorgeworfen wird zu sein, gerade so sollen die Diskussionen im Podcast nicht werden. Das Format solle ein "einsteigerfreundliches Level" bieten, betont Karger, dabei "nahebringen, wie akademisches Philosophieren funktioniert". Man sitze nicht herum und saufe sich einen an, führe kein Stammtisch-Gespräch, sagt er. "Aber am Ende sind wir auch nur drei Jungs, die da hocken und sich über ein Thema unterhalten", ergänzt Rupp. "Da wir uns alle schon lange kennen, wird es da schon etwas lapidarer zugehen."

Zur Philosophie gehöre neben der akademischen Beschäftigung mit philosophischen Themen auch die alltägliche Gedankenwelt, sagt Rupp. "Jeder hat ja mal philosophische Gedanken." Insbesondere jetzt im Lockdown: "Wenn man gerade raus schaut und denkt, die Welt geht unter, denkt man vielleicht eher mal über Existenzfragen nach", mutmaßt er. Auch das war ein Grund für die drei Nachwuchswissenschaftler, einen Podcast zu starten. Weil sich im virtuellen Raum nur schwer ein tiefergehendes Gespräch entwickle, habe man die Anfangsidee einer digitalen Runde verworfen: "Gerade das Philosophie-Studium lebt vom Austausch, dass man diskutiert", sagt Rupp. "Intensive Diskussionen ergeben sich aus persönlicher Nähe", pflichtet Karger ihm bei.

Aufnahmeort des Podcasts ist die darum die "Analogie", die Studierenden-Bar der Hochschule für Philosophie in München, in der schon seit Jahrzehnten Jazz-Konzerte und Vorträge stattfinden. Am 21.Mai ist der erste Aufnahmetag geplant. Zunächst vier Folgen mit einer Länge von je 40 bis 60 Minuten wollen Schäfler, Karger und Rupp produzieren und entlang einzelner Texte in philosophische Debatten einführen. Die Folgen sollen mit einem Intro beginnen, in dem Thema und Autor des Ausgangstextes vorgestellt werden.

Den Anfang macht "Der Sinn des Lebens und das gute Leben" von Roland Kipke, derzeit Dozent an der Universität Bielefeld. Der Text ist auf der Plattform Researchgate.net frei zugänglich. Die zweite Folge soll eine Einführung in die Existenzphilosophie geben. Bis zum Start im Juli gibt es schon mal kleine Video-Teaser auf Youtube, die Folgen selbst sind dann als reines Hörformat konzipiert. Über Kommentar- und Nachrichtenfunktionen kann man mit den Philosophen interagieren.

Mit dem Projekt haben sich die drei Nachwuchswissenschaftler zum Ziel gesetzt, Philosophie zu entmystifizieren und für alle zugänglich zu machen. "Wir wollen zeigen, dass Philosophie keine so trockene Angelegenheit ist", sagt Kilian Karger. "Philosophie ist ein Werkzeug, das man benutzen und das Spaß machen kann. Philosophie verbindet. Jeder kann das." Die Vision der drei jungen Männer: "Wir wollen andere Menschen mit unserer Leidenschaft für Philosophie anstecken. Und mit dieser Leidenschaft eine Brücke zwischen der staubigen akademischen Welt und den Fragen des Einzelnen bauen."

Ob dieser Leitgedanke für alle aufgeht, bleibt abzuwarten. Wenn der Podcast Anklang findet, können sich Schäfler, Rupp und Karger aber eine Fortsetzung vorstellen. Man könne etwa über tagesaktuelle Themen diskutieren, dazu Gäste einladen, sagt Richard Rupp. "Das wäre der Horizont für eine mögliche zweite Staffel."

Die zweite Bewerbungsrunde der Kickstart-Initiative startet voraussichtlich Mitte Juni. Weitere Informationen unter www.kickstart-kultur-freising.de

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