Personalsituation im Freisinger Rathaus:"Die Stimmung ist nicht gut"

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Im Freisinger Rathaus hängt der Haussegen schief. Das Personal beklagt Überlastung und geringe Wertschätzung. (Foto: Marco Einfeldt)

In der Stadtverwaltung liege einiges im Argen, kritisiert Monika Zauner, Vorsitzende des Personalrats. Sie spricht von geringer Wertschätzung, von Führungskräften, die Druck ausüben, und Arbeitsbelastung, die krank macht.

Interview von Kerstin Vogel, Freising

Die Nachricht war in der vergangenen Woche für viele eine böse Überraschung: Zwei weitere wichtige Mitarbeiterinnen der personell ohnehin gebeutelten Stadtkämmerei hatten gekündigt. Außerdem wurde bekannt, dass mehrere Mitarbeiter im März eine "Gefährdungsanzeige" vom September 2018 erneuert haben, um auf Personalmangel und Arbeitsüberlastung aufmerksam zu machen. Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher räumte ein, dass die Belastung im Finanzreferat sehr hoch sei, man mit vielen neuen Leuten arbeite, die noch geschult werden müssten - und sich auch die lange Vakanz der Referatsleitung nachteilig auswirke. Zumindest dieses Problem scheint jedoch gelöst, der Personalrat der Stadt hat der Einstellung eines Bewerbers zum 1. Mai am Montag zugestimmt, nun steht nur das Votum des Finanzausschusses aus. Für die Vorsitzende des Personalrats, Monika Zauner, liegt in der Stadtverwaltung gleichwohl einiges mehr im Argen, wie sie im Gespräch mit der Freisinger SZ erläutert hat.

SZ: Wie ist Ihre Einschätzung zur Personalsituation im Rathaus?

Zauner: Die Stimmung ist nicht gut, das ist Fakt, und es gibt viele, die wegen des Arbeitsklimas gehen, das ist uns bekannt - auch wenn sie das vielleicht nicht dem Vorgesetzten gegenüber äußern. Wir haben viele Aufgaben, es herrscht Zeitdruck, weil große Projekte zu bewältigen sind: die Innenstadt, die Westtangente oder bis vor kurzem das Schwimmbad. Das führt natürlich zu einem gewissen Druck für das Personal. Hinzu kommt, dass sich oft auch das geeignete Fachpersonal, zum Beispiel im Bereich Ingenieure oder Techniker, nicht so leicht findet. Im Bereich der Verwaltung geht es zwar noch, aber dann kommt dazu, dass von den Führungskräften Druck ausgeübt wird und keine Wertschätzung herrscht, dass oft wenig Verständnis für belastende Situationen aufgebracht wird und man das Gefühl hat: Die nehmen einen gar nicht ernst.

Gibt es denn konkrete Auswirkungen der angeführten Arbeitsüberlastung?

Ja natürlich gibt es immer wieder Ausfallzeiten. Die Mitarbeiter stoßen an ihre Grenzen und müssen irgendwann daheimbleiben, weil sie einfach nicht mehr können. Es kommen welche, die sind völlig aufgelöst, kommen zitternd zum Personalrat, das sind psychische Belastungen, und die werden von der Arbeit krank. Und dann suchen sie oft noch die Schuld bei sich.

Ist die Fluktuation beim städtischen Personal ungewöhnlich hoch?

Ja, das war in den vergangenen Jahren wirklich so. Eigentlich ist es in den letzten drei Jahren richtig schlimm geworden, oft begründet mit dem Fachkräftemangel, dass man eben das Personal nicht wieder nachbesetzen kann. Viele sagen, es liegt an der Bezahlung, das hören wir auch oft - und wenn man Stellenausschreibungen von anderen Kommunen anschaut, dann haben die wirklich oft eine Entgeltgruppe höher ausgeschrieben als bei uns.

Warum werden die Stellen bei der Stadt so oft befristet ausgeschrieben?

Bei den aktuellen Stellenausschreibungen, die befristet sind, heißt es, dass der kommunale Prüfungsverband das empfohlen habe, weil man nicht wisse, wie sich die Aufgabenfelder weiter entwickeln. Man kann, man muss sich aber nicht an diese Empfehlung halten.

Was könnte die Stadt denn tun, um jetzt - vom Verzicht auf Befristungen abgesehen - attraktiver für Mitarbeiter zu werden?

Prüfen, ob nicht wie in anderen Kommunen eine höhere Eingruppierung möglich ist, und mit Zulagen arbeiten, mit der bekannten Arbeitsmarktzulage, zu der wir als Personalrat schon vor Jahren einen Antrag gestellt haben, zuletzt hat es die SPD im Stadtrat auch wieder getan - doch von anderen Kommunen wissen wir, dass sie die Arbeitsmarktzulage längst zahlen. Die Landeshauptstadt München tut das auf jeden Fall. Wenn man Fachpersonal gewinnen und halten will, dann muss man auf so etwas setzen und die Möglichkeiten, die es gibt, Zulagen zu zahlen, weit möglichst ausschöpfen. Und was die weichen Faktoren angeht, da muss die Wertschätzung besser werden, und dass man die Probleme der Mitarbeiter ernst nimmt.

Stadt Freising
:Rathaus-Personal am Limit

Vor allem in der Stadtkämmerei häufen sich die Klagen über die enorme Arbeitsbelastung. Mehrere Stellen sind unbesetzt, zwei weitere Mitarbeiterinnen haben gekündigt. Auch von Mobbing ist die Rede.

Von Kerstin Vogel

In - anonymen - Zuschriften an die SZ ist von Mobbing innerhalb der Verwaltung die Rede. Ist Ihnen dazu etwas bekannt?

Wir wissen von Beschwerden, ja. Natürlich wird der Begriff "Mobbing" leicht in den Mund genommen, aber auch das muss ernst genommen werden, weil es einfach heißt, dass es einen Konflikt gibt, ein Problem, das geregelt werden muss. Das können oft nicht die unmittelbaren Vorgesetzten machen, sondern da ist dann tatsächlich auch mal ein Oberbürgermeister gefragt. Uns ist bekannt, dass ihm auch von verschiedenen Seiten Vorfälle mitgeteilt worden sind, wo etwas nicht ganz korrekt gelaufen ist. Aber man landet immer wieder an einem Punkt, wo man zwar in der Zeitung etwas liest von Wertschätzung für die Mitarbeiter, als Mitarbeiter aber genau weiß, dass das überhaupt nicht so ist - und dass stattdessen in der Stadtverwaltung immer noch so ein Hierarchiedenken herrscht. Wo "unten" eigentlich viele Mitarbeiter sitzen, die sich gerne einbringen würden, aber ganz genau wissen, sie werden nicht gehört. Wenn Wertschätzung herrscht, ist Geld manchmal gar nicht mehr so wichtig. Es gibt da eine ganze Generation von engagierten jungen Leuten, die sich einbringen wollen, man sieht die aber nicht und lässt sie nicht. Wir haben eigentlich einen jungen, dynamischen Oberbürgermeister, aber der verlässt sich halt auf eine langgediente Führungsebene, die an alten Strukturen festhält.

Ein Problem, das zu der angespannten Personallage beiträgt, ist ja angeblich auch, dass die neuen Mitarbeiter immer erst einmal den "Beschäftigtenlehrgang 1" absolvieren müssen und deshalb auch nur eingeschränkt zur Verfügung stehen.

Ja, da gehen die Meinungen auseinander, ob sie den wirklich alle sofort und gleichzeitig machen müssen. In anderen Kommunen lässt man neue Mitarbeiter erst einmal ankommen, sich in den Aufgabenbereich einarbeiten und dann schickt man die einen nach dem anderen auf diesen Lehrgang. Aber diese Probleme sind den Verantwortlichen gar nicht so bewusst, die schauen da im Personalamt nicht über den Tellerrand.

Es gibt zwei Gefährdungsanzeigen. Ist darauf seitens der Stadt reagiert worden oder warum hat man die jetzt noch einmal erneuern müssen?

Den Mitarbeitern, die das unterschrieben haben, da waren übrigens auch Vorgesetzte dabei, muss jetzt klar signalisiert werden, was hat Priorität, welche Aufgaben sind zuerst zu erledigen, welche kann ich liegen lassen, wo kann ich als Arbeitgeber helfen. Der Ball liegt da im Feld vom Oberbürgermeister und vom Personalamt. Vielleicht müssen Aufgaben umverteilt werden, vielleicht braucht es auch schnellere Rechner und die Arbeitsplätze müssen auch auf psychische Belastungen hin überprüft werden. Es gibt auch schon einen Entwurf zu einer flexibleren Arbeitszeitvereinbarung, aber der muss noch einmal richtig durchdacht werden, weil auch hier die Basis - also die Mitarbeiter - nicht mitgenommen worden ist. Es gibt auch Bedenken, weil das alles jetzt in Richtung Vertrauensarbeitszeit gehen soll und nicht alle das Ruder aus der Hand geben wollen, sprich: den Mitarbeitern nicht richtig vertrauen.

© SZ vom 09.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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