Paukenschlag in Freising:Überraschender Wechsel im Stadtrat

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Birgit Mooser-Niefanger verlässt die Grünen und wechselt zur Freisinger Mitte. Ihren Platz auf der Bundestagsliste stellt sie zur Verfügung.

Von Kerstin Vogel, Freising

Paukenschlag kurz vor dem Jahreswechsel: Stadt- und Kreisrätin Birgit Mooser-Niefanger verlässt die Partei der Grünen und wechselt zur Freisinger Mitte. Auch ihren Platz auf der Bundestagsliste der Grünen habe sie zur Verfügung gestellt, sagte Mooser-Niefanger am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Die Freisinger Mitte baut damit nicht nur ihren Status als stärkste Fraktion im Freisinger Stadtrat auf zwölf Sitze aus, ihr fällt mit dem Wechsel von Mooser-Niefanger auch der Posten der stellvertretenden Freisinger Landrätin zu, der nach Auskunft des Landratsamtes nicht an Parteistärken oder Fraktionen gebunden ist. Im Kreistag hat die FSM nach dem spektakulären Wechsel nun acht Sitze.

Sie habe für sich selber eine Entscheidung getroffen, sagte Mooser-Niefanger: "Das ist keine Entscheidung gegen jemand anderen." Sie habe speziell mit den Grünen im Landkreis eine gute Zeit gehabt und gute persönliche Kontakte gepflegt. Letzten Endes aber sei ihr Schritt ein "Akt der Fairness": Wenn man das Gefühl habe, "dass der eigene Pulsschlag nicht oder nicht mehr mit dem der Gruppe übereinstimme, müsse man schon aus Aufrichtigkeit und Respekt den anderen gegenüber für sich die Konsequenzen ziehen".

Parteiaustritt von Birgit Mooser-Niefanger
:Schwerer Schlag für die Grünen

Der Wechsel der 47-Jährigen zur Freisinger Mitte kommt unerwartet und wird schwer zu kompensieren sein.

Ein Kommentar von Kerstin Vogel

Birgit Mooser-Niefanger hatte erst im September dieses Jahres bekannt gegeben, sich bei der Bundestagswahl 2017 für die Grünen um das Direktmandat im Wahlkreis 214 bewerben zu wollen. Beim Parteitag der bayerischen Grünen in Augsburg war sie vor knapp zwei Wochen auf Platz 21 der Landesliste gewählt worden - angesichts ihrer immer starken Wahlergebnisse hatten sich die Kreis-Grünen eigentlich Hoffnungen auf Platz 11 gemacht. Natürlich sei das eine gewisse Enttäuschung gewesen, räumte die 47-Jährige am Mittwoch ein. Das habe aber nicht den Ausschlag gegeben: "Ob Platz 11 oder 21 ist im Ergebnis auch egal." Sie habe sich jedoch bei dem Parteitag wie zuvor beim Bundesparteitag inhaltlich "völlig fehl am Platz" gefühlt, die Kandidatur noch weiter zu verfolgen, wäre danach "unfair" gewesen.

Eine Fortsetzung ihres kommunalpolitischen Engagements als Parteifreie in der Fraktion der Grünen sei für sie aber ebenfalls nicht in Frage gekommen, so Mooser-Niefanger. Nachdem sie schon immer "viele persönliche und inhaltliche Berührungspunkte mit der Freisinger Mitte" gesehen habe, sei ihr die Entscheidung, ihre neu politische Heimat dort zu suchen, nicht schwer gefallen. Die "Anbahnung" sei im Übrigen sehr unkompliziert verlaufen, lobte Mooser-Niefanger.

Tatsächlich hatten die Ex-Grüne und ihre neue Wählervereinigung die Personalie fast bis zum Schluss geheim gehalten. Die Entscheidung Mooser-Niefangers sei auch für ihn eine Überraschung gewesen, sagte FSM-Fraktionssprecher Reinhard Fiedler, "aber eine freudige". Er bewundere die Stadtratskollegin schon immer für ihre "unkomplizierte und ergebnisorientierte Herangehensweise". Genauso sehe man auch bei der Freisinger Mitte die Politik.

Kreistags- und Stadtratsfraktion der Freisinger Mitte waren am Dienstagabend informiert worden und hatten sich einstimmig für die Aufnahme von Mooser-Niefanger ausgesprochen. Die Grünen erfuhren erst am Mittwochvormittag vom Verlust ihres prominenten Parteimitglieds. Sie müssen nun nicht nur eine neue Direktkandidatin für die Bundestagswahl suchen, sondern brauchen im Stadtrat auch eine neue Sprecherin. Ob sich an der Besetzung der Ausschüsse etwas ändert, konnte Fiedler am Mittwoch noch nicht sagen. Das müsse nach dem komplizierten Hare-Niemeyer-Verfahren neu berechnet werden, sagte er.

Rätselraten herrschte am Mittwoch bei den Freisinger Grünen. "Ich bin echt völlig baff", sagte ein persönlich tief betroffener Sebastian Habermeyer als Sprecher der Stadtratsfraktion: "Ich bin frustriert und traurig und muss das erst einmal verarbeiten." Er glaube nicht, dass es hier um eine Entscheidung gegen die Freisinger Grünen gegangen sei, "weil sich einfach nichts angedeutet hat", und natürlich mache er Birgit Mooser-Niefanger keinen Vorwurf, "das wäre der falsche Weg". Stattdessen müsse sich die Fraktion nun zusammensetzen und einen Weg finden, wie man mit der Situation umgehe. Habermeyer: "Natürlich wird uns Birgit Mooser-Niefanger fehlen."

© SZ vom 22.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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