Ortstermin am "Abort-Turm":Ein Teil der "Stadtkrone"

Oktogen

Das Oktogon, der Erker am Diözesanmuseum, wird abgerissen.

(Foto: Lukas Barth)

Der Wissenschaftsausschuss des Landtags entscheidet am Mittwoch über die Petition zum Erhalt des Oktogons auf dem Domberg. Vorher machen sich die Abgeordneten selbst ein Bild von der Situation.

Von Petra Schnirch, Freising

Es ist keine leichte Entscheidung. Soll das Oktogon abgerissen werden zugunsten einer Museumsplanung, die ansonsten auf breite Zustimmung stößt? Oder muss der Turm als Denkmal gerettet werden, was die Sanierung des Diözesanmuseums wohl um ein bis eineinhalb Jahre zurückwerfen würde? An diesem Montag kamen Vertreter des Wissenschaftsausschusses im Landtag auf Initiative von Sepp Dürr (Grüne) nach Freising. Grund ist eine Petition des Stadtheimatpflegers Norbert Zanker. Eine Entscheidung fällt nun an diesem Mittwoch. In der kommenden Woche debattiert dann der Stadtrat über den Bauantrag der Erzdiözese.

Der Ortstermin mit den Abgeordneten Robert Brannekämper, Thomas Goppel (beide CSU), Sepp Dürr und Benno Zierer (Freie Wähler) begann am Kriegerdenkmal an der Oberen Hauptstraße. Dies ist einer der wenigen Plätze in der Stadt, an dem der Turm als Teil der "Stadtkrone", wie Zanker es ausdrückt, zu sehen ist. Dass das Oktogon eine städtebauliche Dominante ist, räumte Stadtbaumeisterin Barbara Schelle ein. Durch das, was dort entstehen soll, würde der Verlust jedoch "einigermaßen kompensiert", findet sie.

Ortstermin am "Abort-Turm": Mehrere Landtagsabgeordnete kamen am Montag zum Ortstermin nach Freising.

Mehrere Landtagsabgeordnete kamen am Montag zum Ortstermin nach Freising.

(Foto: Petra Schnirch)

Zuvor hatte sich bereits Museumsdirektor Christoph Kürzeder klar für die Umsetzung der bestehenden Planung ausgesprochen. Der Entwurf des Architekturbüros Brückner und Brückner habe das Preisgericht gerade wegen des "sensiblen Umgangs" mit der Bausubstanz überzeugt - gemeint ist hier der spätklassizistische Bau von Matthias Berger, nicht der sechs Jahre später, 1876, angefügte Erker. In den vergangenen zwei Jahren seien die Pläne optimiert worden. Die bestehende Lichtdecke beispielsweise soll anstelle des zunächst geplanten Glasdachs erhalten werden. Die Fassade orientiert sich stark am Original. Die Qualität des Gebäudes werde künftig "wieder ablesbar" sein, lobte Kürzeder, es werde seinen "eher abweisenden Charakter" verlieren. Die offene Wirkung, der Gastrobereich mit Terrasse - all das sei "eine riesige Chance für die Zukunft des Museums", sagte der Direktor.

Auch Goppel sprach von einer "sehr durchdachten Planung". Das Oktogon war einst als Abort-Turm an das damalige Knabenseminar angebaut worden. Für Sepp Dürr ist er ebenfalls ein Denkmal und noch dazu eine "Rarität". Das Landesamt für Denkmalpflege dagegen hat den Abriss nach einem längeren Abwägungsprozess gebilligt.

Auch Zanker war in die Gespräche eingebunden. Er habe die ganze Zeit für den Erhalt des Erkers gekämpft, sagte er. Architekt Peter Brückner erklärte, warum das Oktogon weichen soll: Eine Feuerwehrzufahrt für Museum und Depot sei nur über die Seite möglich, auf der bisher das Oktogon steht. Wegen des unzureichenden Brandschutzes war das Museum 2013 geschlossen worden, die Eingriffe im Gebäude selbst seien sehr schonend. Für die geplante Gastronomie soll die bisher unzugängliche Terrasse mit Blick auf Stadt und Weihenstephaner Berg geöffnet werden. Dieser Stadtbalkon bringe eine "unglaubliche Qualität", schwärmte Brückner. Auch dafür müsse dieser Bereich angefahren werden können. Markus Reif, Chef der erzbischöflichen Finanzdirektion, betonte, es sei dem Bistum "extrem wichtig", sich hier offen zu präsentieren, er sprach von einem "kirchenpolitischen Signal". Man investiere am Domberg - Sanierung und Neubau des Döpfner-Hauses inbegriffen - mehr als 100 Millionen Euro. Ausgaben in dieser Höhe müsse das Erzbistum in anderen Regionen rechtfertigen. Es wäre fatal, wenn man die Planung zurückdrehen müsste, dies würde das Projekt zudem verteuern. Zanker akzeptierte dennoch nicht, dass dies "alternativlos" sein soll. In einem anderen Punkt, das zeichnet sich ab, hat er mit seiner Petition Erfolg: Der Neubau des Kardinal-Döpfner-Hauses soll doch einen prägenden Turm erhalten. Auch der sollte eigentlich wegfallen. "Das macht deutlich", betonte Reif, "dass wir das, was in Freising diskutiert wird, ernst nehmen."

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