Die Leute laufen, fahren und radeln vorbei und reden drüber. Über den Neubau von Michael Thalmair und seiner kleinen Familie. Es ist ein moderner Betonbau in Aiterbach, der jedem sofort ins Auge sticht, weil er anders ist als die umliegenden Gebäude. Wenn Thalmair an diesem Wochenende im Rahmen der "Architektouren" für Skeptiker und Neugierige seine Haustür öffnet, möchte er "mit den Leuten ins Gespräch kommen, das einfach mal zeigen und erklären".
Bereits zum 22. Mal finden am 24. und 25. Juni die "Architektouren" der Bayerischen Architektenkammer statt. "Die Besichtigungstermine am letzten Juni-Wochenende haben sich inzwischen zur Attraktion für Architekturinteressierte entwickelt. Sie bieten eine einmalige Gelegenheit, mit Architekten sowie mit Bauherren und Nutzern vor Ort ins Gespräch zu kommen", erläutert Christine Degenhart, Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer. Dieses Jahr sind insgesamt 221 Objekte in ganz Bayern und vier im Landkreis Freising zu besichtigen. Mit dabei: Das Haus in Aiterbach.
Michael Thalmair ist selbst Architekt und arbeitet als geschäftsführender Gesellschafter bei seinem Büro KPT Architekten in Freising. Als er sein 2015 fertiggestelltes, eigenes Heim geplant und gebaut hat, musste daher natürlich etwas Besonderes her. "Wenn man selber baut, muss man schon was ausprobieren", sagt er. Ihm sei der extreme Kontrast zu den anderen Häusern schon bewusst, aber im Gegensatz zu "Toskanahütten und Stadtvillen" sei der Trend mit Beton beständiger und wertvolles Design. In den österreichischen und schweizerischen Alpen sei es völlig normal, solche modernen Häuser zu bauen, deshalb seien das Zusammenspiel von Sichtbetonwänden mit hellem Paketboden, große Fenster und lichtdurchflutete Räume für ihn auch kein Luxus, sondern eben gute und vor allem "ehrliche Architektur", erzählt Thalmair.
Das wirklich Besondere aber ist: In seinem Haus sei kein einziger Ziegel verbaut, erklärt er, denn die Außenwände seien aus Infraleichtbeton und innen ausschließlich Trockenbau verwendet worden. "Das ist das aktuell best gedämmte Haus der Welt", schwärmt Thalmair. Denn die Kombination eines hochwärmedämmenden Leichtbetons mit den optischen Eigenschaften eines Sichtbetons ermöglicht Bauobjekte, bei denen die energetischen Anforderungen an Außenbauteile erfüllt werden und zugleich mit modernem Betondesign ohne zusätzliche Dämmung gearbeitet werden kann. "Der Beton ist so leicht, dass er sogar schwimmt", ergänzt der Bauherr. Dies sei eine geniale, zukunftsweisende Technologie, erklärt Michael Thalmair, denn man spare sich beim Infraleichtbeton die zusätzliche Wärmeisolierung und die Wände seien feuerfest, was katastrophale Brände wie aktuell beim Grenfell Tower im Londoner Stadtteil Kensington verhindern könnte.
"Häufig haben die Bauherren noch zu wenig Mut, solch eine moderne Architektur mit Beton umzusetzen, oft Angst, dass die Leute reden", sagt der Architekt. Es hieße Beton sei so kalt. Aber das stimme nicht, denn mit der richtigen Einrichtung und einem hellen Fußboden, wirke es wohnlich und en vogue.
Und wer immer noch zweifelt, hat am Sonntag zwischen 14 und 16 Uhr die Möglichkeit an der Atterstraße 11 in Aiterbach vorbeizuschauen.