Öffentlicher Nahverkehr:Widerstand zeigt Wirkung

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Für Moosburgs Bürgermeisterin Anita Meinelt ist mit dem Söder-Ticket die MVV-Tarifreform gescheitert. Andere Landkreispolitiker glauben jedoch, dass noch einmal nachverhandelt wird

Von Petra Schnirch und Nadja Tausche, Freising

Die Moosburger Bürgermeisterin Anita Meinelt (CSU) ist überzeugt, dass die MVV-Tarifreform gescheitert ist - und sie schreibt das auch dem Gegenwind aus Moosburg und dem Landkreis-Norden zu. Andere Kommunalpolitiker haben das Projekt dagegen noch nicht abgehakt. Sie glauben, dass das Paket noch einmal aufgeschnürt und nachverhandelt wird. Wahrscheinlich ist, dass der Kreistag im Oktober nicht über die Reform abstimmen wird, davon geht Landrat Josef Hauner (CSU) aus. Dort wäre sie wohl auch abgelehnt worden, davon ist Rainer Schneider, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, ebenso wie Meinelt überzeugt.

"Wir sollten die Vorteile der bisher geplanten Reform nicht infrage stellen", sagt Hauner. Zu den positiven Aspekten zählt er beispielsweise das Sozialticket für sozial Schwächere. Weil Einzelfahrkarten zum Teil deutlich teurer geworden wären, sieht Hauner den Freistaat in der Pflicht: Der müsse die Tarifreform zu einem größeren Teil als bisher geplant finanziell unterstützen. Mit den so erreichten Verbesserungen könne man durchaus mit einer Mehrheit im Kreistag rechnen. Um hier Gewissheit zu haben, sollte man das Thema allerdings auf die Zeit nach der Landtagswahl verschieben. Dann wisse man, wie viel Geld die neue Regierung in den öffentlichen Nahverkehr stecken wird, so Hauner.

Den Vorschlag von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), bis 2030 eine Jahreskarte für 365 Euro einzuführen, hält Hauner für einen Schritt in die richtige Richtung. Deswegen die geplante Tarifreform komplett zu kippen, fände er aber falsch. Anders beurteilt dies Anita Meinelt: Eine Zwischenlösung für einige wenige Jahre ergibt für sie keinen Sinn. Die Söder-Initiative bezeichnet sie als gute Basis für die weitere Diskussion, denn "wir wollen den ÖPNV verbessern, nicht für Teile der Bevölkerung verschlechtern". Auch Johannes Becher (Grüne) ist überzeugt, dass der Freistaat mehr Geld in die Hand nehmen muss. Dass die Tarifreform in ihrer jetzigen Form erst einmal geplatzt ist, liege am Widerstand der Gemeinden in den Landkreisen München und Freising, da ist er sich sicher. Der Vorschlag Söders sei definitiv nicht der Grund dafür: "Jetzt wird versucht, schadlos zu vermarkten, dass die Reform nicht durchgeht", so Becher. Ob der Vorstoß nur Wahlkampfgerede gewesen sei, werde sich zeigen - ein Schritt in die richtige Richtung sei er allemal.

Erleichtert über die aktuelle Entwicklung ist auch Rainer Schneider. Er sei verwundert gewesen, dass der Freisinger Landrat den bisherigen Plänen "überhaupt zustimmen konnte". Nach der immer lauter werdenden Kritik haben die Landräte aus seiner Sicht "kalte Füße bekommen" und nutzen nun Söders "Gedankenspiele", um zurückzurudern. Schneider wünscht sich Nachverhandlungen. Dass die Tarifreform tatsächlich wie geplant im Juni 2019 in Kraft treten wird, glaubt er nicht mehr. Sie dürfe aber nicht jahrelang auf Eis gelegt werden. Auch Schneider sieht in Söders Vorschlag ein "Zeichen", dass der Freistaat nun doch mehr Geld bereitstellen werde. Dass nicht alle von der geplanten Reform profitiert hätten, begründete ein MVV-Vertreter vorKurzem in Moosburg damit, dass der Freistaat Mehrkosten der Umstrukturierung bisher nicht übernehmen wollte. Dies aber hätte zur Folge gehabt, dass viele der Betroffenen wieder mit dem Auto gefahren wären, glaubt Schneider.

Auch Manuel Mück, Chef der CSU-Kreistagsfraktion, würde die Einführung eines günstigen Jahrestickets begrüßen. "Das wird aber eher eine langfristige Sache." Zuerst müssten entsprechende Kapazitäten in Bus und Bahn geschaffen werden, weil dann mehr Menschen damit fahren würden. Er hofft nun auf schnelle Nachverhandlungen, um die MVV-Tarifreform zeitnah umsetzen zu können.

Peter Warlimont, der für die SPD im Kreistag sitzt, findet vor allem die Informationslage ungenügend: "Wir haben keinerlei aussagekräftige Unterlagen von den Verantwortlichen der Reform bekommen", kritisiert Warlimont. "Das ist ein Umgang mit einem Entscheidungsgremium, der so nicht geht." In ihrer jetzigen Form müsste man auf jeden Fall mit einer Ablehnung der Tarifreform im Freisinger Kreistag rechnen.

© SZ vom 13.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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