OB-Kandidaten über Integration:Sprache ist der Schlüssel

Parteiübergreifende Einigkeit: 25 Prozent der Menschen in Freisng haben einen Migrationshintergrund. Sie zu fördern und zu integrieren ist Teil der Stadtpolitik. Von der Sorge um die Finanzierung wollten die meisten Teilnehmer nichts hören.

Kerstin Vogel

Vieles war am Dienstag beim Treffen der Projektgruppe Migration mit den OB-Kandidaten unstrittig, schließlich sind die Zahlen eindeutig: 25 Prozent der Menschen in Freising haben einen Migrationshintergrund. Nimmt man nur Kinder, ist es ein Drittel, Tendenz steigend. Dass Migrationsarbeit und Integration damit zur Stadtpolitik gehören müssen, kann und will keiner der Kandidaten leugnen. Alle wollen deshalb die Stadtverwaltung "interkulturell öffnen" - alle wissen auch, was zählt: die Sprachförderung, die möglichst früh ansetzen, aber auch möglichst allen Generationen von Migranten zugänglich sein sollte.

Die Sprachbarrieren aufbrechen", nannte das CSU-Kandidat Rudolf Schwaiger, der selber einen Teil seiner Wahlwerbung in türkischer Sprache präsentiert. Wie alle anderen betonte er, der Integrationsarbeit auf kommunaler Ebene hohen Stellenwert beizumessen. Er könne sich dafür die Einrichtung einer "Stabsstelle" beim OB vorstellen, wie es in Nürnberg vorgemacht werde, sagte Schwaiger. Er fürchte aber, "dass das finanziell nicht durchsetzbar" sei. Als zentrales Handlungsfeld der Integrationsarbeit nannte er die "ethnische Ökonomie" - die bessere Vernetzung von Gewerbetreibenden mit Migrationshintergrund in der heimischen Wirtschaft.

Helmut Priller, der für die ÖDP Oberbürgermeister werden möchte, verwies zunächst auf seine Erfahrungen: Von den neun Lehrlingen, die er in seiner Firma ausgebildet habe, hätten vier einen Migrationshintergrund. Auch für eine erfolgreiche Lehre sei die Sprache Voraussetzung, sagte Priller und forderte für eine bessere Sprachförderung kleinere Gruppen in Kindergärten sowie eine zweite Lehrkraft an Grundschulen. Bei der Quartiersgestaltung müsse die Stadt darauf achten, kein "einseitiges Wohnen", sprich: keine nur von Migranten bewohnten Viertel zuzulassen.

Für ihn als Berliner sei eine multikulturelle Gesellschaft normal, ließ Linken-Kandidat Daniel Wilke die multikulturelle Zuhörerschaft im Asamfoyer wissen. Integration sei ein bedeutendes Thema, sagte er und widersprach - wie alle anderen - Schwaiger und dessen Sorge um die Finanzen: In die Migrationsarbeit sollte man Geld stecken, auch um Potential für die Wirtschaft zu erschließen. Zur Chefsache würde Wilke dieses Thema deshalb machen, gleichzeitig müssten aber Initiativen, wie die an diesem Abend viel gelobten Freisinger MiBiKids, ein Sprachförderprojekt, von unten kommen. Zudem brauche es einen Ausländerbeirat und "Antidiskriminierungsregeln".

Den Integrationsgipfel der Bundesregierung nannte Wilke eine "Konferenz der leeren Worte", was ihm von SPD-Kontrahentin Eva Bönig seltene Zustimmung einbrachte. An die Adresse von Schwaiger konnte sie sich zudem den Hinweis nicht verkneifen, dass der gelobte Nürnberger OB ein SPD-Mann sei. Sie selber wolle die Migration nicht als Problem sehen, unterstrich Bönig: "Die Problembetonung verstellt den Blick auf die Chancen der kulturellen Vielfalt - und diese Chancen sollten beide Seiten nutzen." Es gelte, sich zu verständigen, ohne dass eine Seite ihre Kultur aufgeben müsse - und auch Bönig sieht den Schlüssel dazu in "Sprache, Sprache, Sprache".

Dass die Migrationsarbeit nicht am Geld scheitern dürfe, betonte auch FSM-Bewerber Tobias Eschenbacher. Freising sei ein besonderes Pflaster, viele Kulturen würden das städtische Leben bereichern. Die Handlungsfelder des künftigen Oberbürgermeisters habe die Projektgruppe Migration bereits selber erarbeitet, sagte der 34-Jährige, das "A und O" sei dabei die Kommunikation der hier engagierten Organisationen. Ihm schwebe eine Freisinger Bürgergesellschaft vor, in der alle am Stadtleben teilnehmen, "denn eine Gesellschaft, die sich nicht mehr entwickelt, bleibt auf einer Stufe hängen, die nicht zukunftsfähig ist".

Auch wenn die Migrationsarbeit freiwillige Aufgabe der Stadt sei, dürfe man hier nicht sparen, unterstrich Benno Zierer, Kandidat der Freien Wähler. Integration müsse auf allen Ebenen gelingen. Ein Freisinger OB müsse dieses Thema zur Chefsache machen - "und die Arbeit beginnt im Rathaus". Auch bei der Belegung von Sozialwohnungen müsse drauf geachtet werden, "keine Ghettos zu schaffen". Künftige Stellenausschreibungen für die Verwaltung müssten auch Migranten zugänglich sein. Zierer: "Wir müssen gemeinsam leben und feiern, nur so kann Integration gelingen."

Für Grünen-Bewerber Sebastian Habermeyer steht fest, dass Integration machbar ist und dass die "in Freising gelebte Vielfalt eine Bereicherung für beide Seiten darstellt". Auch Habermeyer lobte die Arbeit der MiBiKids, nannte es aber "traurig, dass der Verein finanziell nur überleben kann, weil er von der FMG gesponsert wird". So etwas müsse von der Stadt bezahlt werden, forderte Habermeyer - ebenso wie die 5000 Euro Nebenkosten für das Begegnungscafé im Haus der Vereine. "Soviel kosten zwei von den goldenen Eckfenstern am Marcushaus." Als Aufgabe der Projektgruppe Migration bezeichnete er es, "uns nach dem Wahlkampf an unsere Versprechungen zu erinnern".

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