Nur "minimales Wachstum":Zweifel an der Trendwende

Freisings OB Eschenbacher will in Sachen Startbahn bald mit dem Münchner Amtskollegen Reiter Kontakt aufnehmen

Von Johann Kirchberger, Freising

Sehr erstaunt sei er gewesen, sagte Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher bei einer Bürgerversammlung in Achering, dass sich Ministerpräsident Horst Seehofer am Mittwoch in einer Regierungserklärung plötzlich so deutlich für den Bau einer 3. Startbahn ausgesprochen habe. Bei seinem Besuch in Attaching habe Seehofer noch ganz anders geklungen. Bei einem minimalen Wachstum von einer Trendwende zu reden, sei schon sehr gewagt, so Eschenbacher.

Er werde jetzt natürlich noch einmal an die Rathaustüren in München klopfen und nachfragen, ob man dort eine ähnliche Auffassung habe. Ob so oder so, er gehe davon aus, dass die Münchner irgendwann noch einmal abstimmen müssen. Ein Rats- oder Bürgerbegehren werde zwar von den Freisingern einen großen Kraftakt erfordern, er sei jedoch zuversichtlich, "dass wir noch einmal und dann endgültig gewinnen". Eschenbacher versprach alles zu tun, "was in unserer Macht steht", um das Projekt zu verhindern. Und er glaube daran, sagte er, dass Gespräche auf der Straße mit den Leuten, wie schon 2012, mehr bewirkten als die vielen Millionen Euro, mit denen die Gegenseite versuche, Stimmung für die 3. Startbahn zu machen.

Sehr erstaunt war Eschenbacher dann aber auch, als ein Acheringer unwidersprochen von den übrigen Versammlungsteilnehmern erklärte, für den Bau der 3. Startbahn zu sein. Alles, was von dieser neuen Bahn aus starte, fliege nicht über Achering, sagte der. "Wir sind deshalb für die 3. Startbahn". Auch wenn der Luftverkehr insgesamt zunehme, "hätten wir wohl 20 Jahre Luft, bis über Achering so viel geflogen wird, wie heute".

Eschenbacher widersprach heftig. Er glaube nicht, sagte er, dass die 3. Startbahn für Achering Verbesserungen bringe, schon weil eine 3. Trasse dem Flughafen Platz bringe, um neue Billigfluglinien anzulocken. Zudem sei es nicht nur der Lärm, der sich negativ auf Freising auswirke. Schließlich werde auch die gesamte Wohnraumentwicklung der Stadt in Richtung Süden behindert. Außerdem würde die Startbahn neue Arbeitskräfte erfordern, die von außerhalb geholt werden müssten. Das wiederum erzeuge noch mehr Verkehr. Davor habe er keine Angst, meinte der Acheringer. "Dann bauen sie vielleicht die A 92 vierspurig aus und wir bekommen endlich einen ordentlichen Lärmschutz".

Zu Beginn hatte Eschenbacher die gesamten Großprojekte der Stadt vorgestellt, vom Hallen- und Freibad, dem Ausbau der Innenstadt, bis zum langsam zusammenfallenden Asamgebäude, dem Anbau an den Musikschulpavillon, der Brandschutzsanierung des Dom-Gymnasiums und der neuen Grund- und Mittelschule am Steinpark. Bei der Westtangente werde derzeit gerade die Baustraße errichtet, noch in diesem Herbst werde der Anstich des Tunnels erfolgen.

Viel zur Verkehrsentlastung der Stadt beitragen werde auch die Nordostumfahrung, für am 4. Oktober bereits der erste Spatenstich erfolge. Die Fertigstellung sei wie bei der Westtangente 2020/21 geplant, "vielleicht holen uns die ja sogar noch ein", so der OB. Erfreut zeigte er sich auch über die Erweiterung der Schlüterhallen inklusive eines Kinos, die inzwischen voll angelaufen sei. Gebaut würden zwar nur vier oder fünf Säle. Er sei aber froh, dass Freising bald wieder ein Kino bekomme, wenn es auch relativ klein sei. Eschenbacher stellte auch eine Reihe von Wohnbauprojekten vor, vom Finkennest über das Projekt an der Holzgarten-/Rotkreuzstraße, die Seilerbrücklwiesn, die verlängerte Jagdstraße neben der Feuerwache II, das Vorhaben an der Angerstraße und dem Bau von 150 neuen Studentenzimmern an der Giggenhauser Straße. Was Freising brauche, sei mehr geförderter Wohnraum, sagte der OB, "wir haben zwar 800 Sozialwohnungen, bräuchten aber doppelt so viel".

Gar nichts sagen wollte er zur geplanten Ansiedlung von Transgourmet in den Clemensängern, empfahl hier die Homepage der Stadt. Für das Angerbader-Areal hinter dem ehemaligen Hacklbräu werde demnächst ein Bebauungsplan aufgestellt, so Eschenbacher. Ziel sei es, mehr Einzelhandelsfläche zu bekommen, damit in Freising mehr als die derzeitigen 70 Prozent Kaufkraft gebunden würden. Hier gebe es noch Defizite, 120 bis 130 Prozent seien erstrebenswert.

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