Interreligiöser Austausch im Netz:Digitaler Dialog

Interreligiöser Austausch im Netz: Irfan Tariq hat am Dienstagabend ein interreligiöses Treffen der Neufahrner Ahmadiyya-Muslime moderiert. Wegen der Corona-Pandemie "traf" man sich erstmals online.

Irfan Tariq hat am Dienstagabend ein interreligiöses Treffen der Neufahrner Ahmadiyya-Muslime moderiert. Wegen der Corona-Pandemie "traf" man sich erstmals online.

(Foto: Marco Einfeldt)

Neufahrner Ahmadiyya-Muslime setzen ihre interreligiösen Treffen im Netz fort. Bei der Podiumsdiskussion sind alle Religionen willkommen.

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Imam Malik Usman Naveed verbringt seit Monaten viel Zeit am Telefon: "Ich rufe jeden Tag Leute an und frage sie, wie es ihnen geht und ob sie Hilfe brauchen." Zum Glück können die Muslime auch noch in der Moschee der Ahmadiyya-Gemeinde im Neufahrner Norden zusammenkommen, wenn die Corona-Regeln eingehalten werden. Dazu gehört auch, dass jeder Besucher seinen eigenen Gebetsteppich mitbringt. Die evangelische Kirchengemeinde im Ort hält Gottesdienste schon lange im Freien ab - "auch bei Eiseskälte", wie Pfarrerin Karin Jordak betont. Die Sonntagsmessen werden aufgezeichnet und ins Netz gestellt. Die Auferstehungskirche sei einfach zu eng und zu klein "in dieser eigenartigen Pandemiezeit".

Diese hat nun auch dazu geführt, dass der Imam und die Pfarrerin ihren seit langem guten Kontakt nun auf einer anderen Ebene fortgesetzt haben: Am Dienstagabend nahmen sie ebenso wie der Rabbiner Tom Kucera von der liberalen jüdischen Gemeinde Beth Shalom in München via Zoom an einer digitalen Podiumsdiskussion teil, zu der die Muslime eingeladen hatten. Thema: "Propheten als Vorbilder unserer Zeit". Man wolle damit das gegenseitige Verständnis fördern, erklärte Moderator Irfan Tariq. Bis zu 50 Interessenten verfolgten den interreligiösen Austausch, bei dem es dann neben den theologischen Fragen doch auch um ganz praktische Alltagsthemen ging.

Der Dialog als "ebenso großartig wie unersetzlich"

Die Veranstaltung hat bei den Ahmadiyya-Muslimen, die sich als Reformgemeinde verstehen und zum Beispiel für eine Trennung von Religion und Staat eintreten, eine lange Tradition. Regelmäßig laden sie auch zu anderen Anlässen in die Moschee ein, die ansonsten Treffpunkt für fast 400 Gemeindemitglieder aus dem ganzen Großraum München ist. Das neueste Format hat dem Versuch, auch auf andere zuzugehen, ganz offensichtlich nicht geschadet. Im Gegenteil: Es dürften sogar ganz neue Kontakte entstanden sein.

So ein Dialog sei "ebenso großartig wie unersetzlich", schrieb ein Vertreter der Neuapostolischen Kirche Freising begeistert in den Chat. Und ein Sikh meldete sich über die Webcam zu Wort: Im Großraum gebe es gut 1000 Sikhs, berichtete er. In Neufahrn würden ebenfalls Familien leben: "Ich hoffe, es ist bald wieder ein persönlicher Austausch möglich." Etwas schwieriger ist es offenbar mit dem Dialog innerhalb der verschiedenen muslimischen Gemeinden im Ort. Da gebe es "nicht viel Kommunikation", räumt der Imam ein, ein anderes Mitglied der Ahmadiyya-Gemeinde deutet an: "Man kann keinen Dialog führen, wenn der andere nicht reden möchte". Aber, versichert der Imam, man sei weiterhin wirklich offen für alle. Spätestens am 3. Oktober soll es erneut eine offizielle Einladung geben: Dann soll wie jedes Jahr der "Tag der offenen Moschee" stattfinden - sofern es die Pandemie wieder zulässt.

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