Die Möglichkeit einen eigenen Wikipedia-Artikel zu verfassen, zum Beispiel über die eigene Schule, hatten die Elftklässler des Oskar Maria Graf Gymnasium (OMG) in Neufahrn am Ende des vergangenen Schuljahres. Die Idee, so die Medien- und Informationskompetenz der Generation Z auszubauen, kommt von Benedict Gruber.
Das Projekt „Quellen- und Informationskompetenz praktisch erlernen mit Wikipedia“ richtet sich an Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 9 bis 13 und vermittelt ihnen grundlegende Fähigkeiten im Umgang mit Informationen und Quellen. In interaktiven Sitzungen lernen die Teilnehmenden, wie sie Themen recherchieren, Quellen bewerten und strukturiert aufbereiten. Durch die praktische Arbeit mit Wikipedia verfassen sie reale Artikel, die anschließend veröffentlicht werden.
Dabei wird ihre Medienkompetenz sowie ihre Fähigkeit, kritisch und selbständig mit Informationen umzugehen, gestärkt. Nach der Einführung in Wikipedia wählen die Schülerinnen ein Thema, recherchieren passende Quellen, schreiben den Artikel und lernen korrekt zu zitieren. Zum Abschluss werden die Artikel veröffentlicht und die Gruppen geben sich gegenseitig Feedback. Der Projektleiter Benedict Gruber ist ehrenamtlich sehr engagiert.
Der 29-Jährige ist Gründer und Vorstandsmitglied der überparteilichen Moosburger Gruppierung „Fresh“ sowie Digitalisierungsreferent und Vertrauensperson des Jugendparlaments der Stadt Moosburg. So hat er ein Gespür dafür entwickeln können, was wichtig für die Bildung und Medienkompetenz junger Menschen ist. Er studierte Informatik und Politikwissenschaft an der Technischen Universität München (TUM) und Psychologie an der Universität Wien. An der TUM ist er nun als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich Mensch-Maschine-Interaktion tätig.
Bei seiner Arbeit als Tutor sei er bei der Betreuung von Studierenden darauf aufmerksam geworden, dass es jungen Leuten durch die Vielzahl an heutzutage zugänglichen Quellen, häufig schwerfalle, Informationen ideal zu filtern und einzuordnen. Generell meint er, fehle es der Generation Z an Medienkompetenz, vorrangig hinsichtlich gründlicher Recherche. Ihm sei es vor allem wichtig, die Informationskompetenz der Heranwachsenden auszubauen. Mit der Aktion einen eigenen Wikipedia Artikel zu erarbeiten und zu veröffentlichen, soll es die Schülerinnen und Schülern in Zukunft weniger Überwindung kosten, wissenschaftliche Arbeiten zu schreiben.
Es muss ausreichend Einzelnachweise geben
Es solle zeigen, wie Quellen aufgebaut sind, wie man mit ihnen arbeite und auf welche man sich verlassen könne. Im Fokus steht dabei die freie Enzyklopädie Wikipedia. Diese hat bei Lehrern und Lehrerinnen oft einen schlechten Ruf. „Uns wird oft davon abgeraten, Wikipedia für Recherchen zu benutzen“, bestätigt die 18-jährige Elftklässlerin des OMG Yuche Li. Das habe sich so entwickelt, weil jeder Mensch etwas auf Wikipedia veröffentlichen könne, erzählt Benedict Gruber. Das sei zwar wahr, aber wichtig sei auch, zu wissen, dass die Enzyklopädie nichts publiziere, was nicht nachgewiesen sei. Es müsse ausreichend Einzelnachweise geben, bevor eine Veröffentlichung stattfindet, es gebe strenge Kontrollen, weiß Gruber.
Die Schülerinnen und Schüler sollen mit ihrer eigenen Publizierung das Bewusstsein bekommen, wie wichtig es sei, gründlich bei der Informationsverarbeitung zu arbeiten und sollen die Fähigkeit bekommen, auszusortieren, welche Quellen vertrauensvoll sind und was Fake News seien. Wikipedia helfe dabei, sich einen ersten Eindruck eines Themas zu verschaffen und auf Primärquellen zu kommen, die dann zitiert werden können. Diese könnten in den Einzelnachweisen eines Artikels gefunden werden.
Yuche Li arbeitete mit drei Klassenkameradinnen an dem Wikipedia-Artikel über das „Spooklight“ und hat sich bei der Recherche viel mit englischen Artikeln und Chat GPT auseinandergesetzt. Der Beitrag ist bereits im Internet aufzufinden. Das mache sie stolz, „wir konnten mit dem Projekt Wikipedia besser kennenlernen“, sagt sie. Es sei schön, etwas zu haben, auf das nun jeder Mensch im World Wide Web zugreifen könne.
Nicht alle Quellen im Internet sind verlässlich
Auch über das OMG ist fortan ein Artikel bei Wikipedia zu finden, welcher ebenso selbst von einer vierköpfigen Schülergruppe der elften Klasse verfasst wurde. Diese erzählen, es sei beispielsweise eine Herausforderung gewesen, Informationen über frühere Schulleiter zu finden. Dennoch konnten sie den Artikel nach ausführlicher Recherche erfolgreich publizieren. Benedict Gruber ist überzeugt, dass Medien- und Quellenkompetenz zu den wichtigsten Ressourcen eines basisdemokratischen Bürgers gehören. Menschen sollten mit dem Bewusstsein aufwachsen, dass nicht alle Quellen im Internet verlässlich seien.
Ein entsprechendes Bewusstsein helfe, sich in der digitalen Welt zurechtzufinden, Fehlinformationen zu erkennen und kritisch zu denken. Besonders auf Plattformen mit nutzergenerierten Inhalten sei Vorsicht geboten, da verschiedene Interessen die Inhalte prägen. Subjektive Meinungen, politische oder kommerzielle Agenden und unzureichend recherchierte Informationen führten oft zu einseitigen Darstellungen. Auch die Algorithmen sozialer Medien verstärken diese Tendenz.
Das Projekt ziele somit darauf ab, Schülern beizubringen, bewusste Entscheidungen dazu zu treffen, welche Inhalte sie konsumieren. Dadurch würden sie ihre Urteilsfähigkeit stärken und ihre Fähigkeit, aktiv und informiert an der Gesellschaft teilzunehmen. Gruber betont, dass es in einer Demokratie entscheidend sei, Manipulationen, Fake News und politische Propaganda zu erkennen. Wer Medien kritisch hinterfragt, versteht politische Prozesse besser, kann sich eine fundierte Meinung bilden und trägt zu einer starken demokratischen Teilhabe bei.
Benedict Gruber kann per E-Mail kontaktiert werden, falls Interesse an dem Projekt besteht: benedict.gruber@gmail.com.