Süddeutsche Zeitung

Neufahrner Mesnerhaus:Kleinod mit Potenzial

Bei den "bestandserhaltenden Maßnahmen" im alten Neufahrner Mesnerhaus kommen beeindruckende Räume zum Vorschein. Dazu gehören ein Tonnengewölbe im Keller, Schablonenmalerei an den Wänden, ein gemaltes Apostelkreuz und ein Hohlkehlenfries an der Decke im Obergeschoss.

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Ein Tonnengewölbe im Keller, Schablonenmalerei an den Wänden der ehemaligen Wohnräume, ein gemaltes Apostelkreuz im Treppenhaus, Hohlkehlenfries an der Decke im Obergeschoss. Bei den "bestandserhaltenden Maßnahmen" im alten Neufahrner Mesnerhaus ist deutlich geworden, welches Potenzial der denkmalgeschützte Bau hat. Nach der Sanierung werde er ein "Kleinod" sein, ist Bürgermeister Franz Heilmeier (Grüne) überzeugt.

Die Vorfreude könnte freilich noch den einen oder anderen Dämpfer bekommen: Baustoffe sind derzeit knapp und Fachfirmen für ein so anspruchsvolles Projekt schwer zu kriegen. "Die Baukonjunktur macht es uns nicht einfach", sagte Architekt Armin Peschmann in der jüngsten Gemeinderatssitzung, "und die Baupreise sind manchmal nicht mehr reell". Trotzdem zeigte er sich insgesamt recht optimistisch, dass die Komplettsanierung mit den veranschlagten 1,85 Millionen Euro zu machen ist. In einem Jahr soll die Maßnahme abgeschlossen sein.

Bei den Bodenarbeiten könnten auch archäologische Funde gemacht werden

Dabei ist manches durchaus aufwendiger als zunächst gedacht. Weil das Gebäude zum Beispiel keinerlei Fundamentierung hat, muss man diese abschnittsweise unter den Ziegelbauwerken anlegen. Die Arbeiten werden auch Beeinträchtigungen für das angrenzende Lokal bedeuten, wie der Architekt auf Nachfrage von Manfred Holzer (Freie Wähler) sagte. Auch könnten bei den Bodenarbeiten archäologische Funde gemacht werden. Der "Zeit- und Kostenfaktor" wäre dann nicht ganz kalkulierbar, meinte der Experte.

Das einstige Mesnerhaus neben der Alten Kirche ist das älteste profane Gebäude Neufahrns. Es stammt im Kern aus dem 17. Jahrhundert. Bis zur Säkularisation 1803 war es eine Friedhofskapelle. Danach wurde es zum Schulhaus umfunktioniert und Mitte des 19. Jahrhunderts zu seiner heutigen Größe erweitert. Es diente unter anderem als Wohnhaus und Arztpraxis, und von den 1970er Jahren an war das Gebäude dann lange Sitz des Türkischen Arbeitnehmervereins. Als es bereits leer stand, wurde es durch einen Brand schwer beschädigt.

Bestandserhaltende Maßnahmen sollen zunächst weitere Folgen verhindern

Danach haben Feuchtigkeit und Schimmel dem Bau extrem zugesetzt. Noch weitere Folgen sollten nun bis zur Komplettsanierung mit den bestandserhaltenden Maßnahmen verhindert werden. Der Putz wurde bis zur historisch wertvollen Schicht in Handarbeit abgetragen. Böden und Deckenbalken wurden freigelegt, nachträglich eingezogene Zwischenwände entfernt. Im Tonnengewölbe im Untergeschoss haben die Arbeiter den dick aufgetragenen Zementputz weggeschlagen, so dass jetzt wieder die Original-Ziegeloberfläche zu sehen ist.

Die Fugen sind geöffnet, damit das Mauerwerk "frei atmen und austrocknen" könne, erklärte Peschmann. Insgesamt kamen beeindruckende Räume mit spannenden Strukturen zum Vorschein, wie es in der Gemeinderatssitzung hieß. Das Gremium musste sich freilich mit Fotos und Schilderungen des Architekten begnügen. Eine Besichtigung ist derzeit wegen der Corona-Regeln und Kontaktbeschränkungen nicht möglich.

Nach der Sanierung sollen Räume für die Heimatgeschichte und ein multifunktionaler Raum zur Verfügung stehen

Das Landesamt für Denkmalpflege ist laut Peschmann jedenfalls mit dem jetzigen Zustand des Gebäudes "sehr zufrieden". Nach der Sanierung sollen Räume für die Heimatgeschichte und ein multifunktionaler Raum für diverse Nutzungen zur Verfügung stehen. Bestuhlt hätten dort 50 bis 60 Leute Platz, sagt der Architekt. Dem Neufahrner Burghart Rübenthal (CSU) würde es gefallen, wenn auch der Keller "nicht nur eine restaurierte Ruine" wäre, sondern genutzt würde. Peschmann verwies auf Brandschutzauflagen, die eine Nutzung als öffentlichen Raum eigentlich nicht zuließen. Man suche aber derzeit nach Möglichkeiten, dort etwa Ausstellungen zu zeigen.

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SZ vom 19.05.2021/ilos
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