Süddeutsche Zeitung

Von Garching nach Neufahrn:Petz kämpft um Ausbau der U 6

Der Freisinger Landrat kritisiert das Gutachten, das eine Verlängerung der U-Bahnlinie für nicht rentabel hält. Er will auf politischer Ebene Druck machen.

Von Peter Becker, Freising

"Das Intraplan-Gutachten gefällt mir nicht", stellte Landrat Helmut Petz (FW) während der Jahrespressekonferenz fest. Er nahm damit Bezug auf die Kosten-Nutzen-Analyse, die das Büro zur Verlängerung der U-Bahnlinie 6 vom Garchinger Forschungszentrum in den Landkreis Freising erstellt hatte. Selbst die günstigste Verbindung nach Neufahrn ist aus Sicht der Planer mit einem Wert von 0,11 nicht rentabel. Dies wäre erst ab einer glatten Eins für das Projekt der Fall, das seit mindestens einem Jahrzehnt im Landkreis ein Dauerbrenner ist.

Schon im Kreistag regte sich nach der Vorstellung der Studie von Seiten einiger Kreisräte Widerspruch gegen das standardisierte Bewertungsverfahren, nach dem die Analyse erstellt worden war. Tobias Weiskopf (FDP) sagte, dass die Region im Münchner Norden boome und der Straßenverkehr extrem zunehme.

Die Entscheidung macht der Region "wenig Mut"

Der Neufahrner Bürgermeister Franz Heilmeier (Grüne) pflichtete ihm bei. Die Kriterien stammten aus den Achtzigerjahren. "Die Förderrichtlinien ziehen den politischen Zielen die Beine weg", kritisierte er. Die Entscheidung mache der gesamten Region wenig Mut. Und auch Petz hieb während der Jahrespressekonferenz in die gleiche Kerbe. "Das standardisierte Bewertungsverfahren muss man hinterfragen."

Die Strecke zwischen dem Garchinger Forschungszentrum und dem Neufahrner Bahnhof beträgt gerade mal knapp sechs Kilometer. "Das wäre eine echte Alternative zum Auto", sagte Petz zur Situation der Berufspendler. Es wäre ein schneller Weg zum Flughafen, aber auch ein direkter Anschluss zur Allianz-Arena in Fröttmaning. Viele Fußballfans könnten ihr Auto zu Hause stehen lassen und mit der U-Bahn zum Stadion fahren. Petz denkt zudem an die etwa 3000 Studierenden, die täglich zwischen den Forschungseinrichtungen in Garching und Freising hin- und herpendeln.

Petz setzt auf die "kommunale Familie"

Der Freisinger Landrat bekundete die Absicht, die Förderfähigkeit des ehrgeizigen Verkehrsprojekts zu erreichen. Im Zweifelsfalle müsse eben der politische Wille den Wert ersetzen, ab dem die Verbindung zwischen Garching und Neufahrn finanzielle Zuwendungen erlangen sollte. Petz setzt da ganz auf die kommunale Familie. Er habe schon mit weiteren Landräten Gespräche über die Verlängerung der U 6 geführt, sagte er.

Bereits unter Josef Hauner (CSU), dem Vorgänger von Petz, hat der Kreistag im Zuge der Fortschreibung des Nahverkehrsplans wichtige Entscheidungen getroffen, was die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs anbelangt. Von 2022 an soll ein Expressbus die Forschungsstandorte in Freising und Garching miteinander verbinden. Das ist nicht das einzige Busprojekt: Von Schweitenkirchen aus soll ein Expressbus über Allershausen in den Münchner Norden fahren, eine Tangentialverbindung soll durch das Ampertal nach Moosburg führen.

Die anfängliche Euphorie hat sich verflüchtigt

Der Münchner Verkehrsverbund (MVV) hat zudem registriert, dass die Bürger in der Region Landshut den Anschluss an sein Tarifgebiet wünschen. Ein erster Versuch sollte da die Buslinie 687 sein, die von Moosburg über Buch am Erlbach nach Thann führt. Im Gespräch mit der Landshuter Zeitung sprach der Landshuter Landrat Peter Dreier (FW) nun davon, dass sich die anfängliche Euphorie über einen möglichen Beitritt zum MVV zwar nicht ganz verflüchtigt, aber doch etwas relativiert habe. Für Dreier käme es nämlich nicht in Frage, beim etablierten Busverkehr in seinem Landkreis Abstriche zugunsten einer Anbindung an den MVV auf der Schiene zu machen.

Als Beispiel, wie schwierig es sei, das durch den Ballungsraum geprägte MVV-System mit dem ländlich geprägten öffentlichen Nahverkehr im Landkreis Landshut zu vereinen, nannte Dreier die geplante Buslinie 687. Seiner Auffassung nach schießt das Angebot des Landkreises Freising, einen durchgehenden Stundentakt von 5.30 bis 21.30 Uhr anzubieten, weit über das vom Landkreis Landshut avisierte Ziel hinaus.

Der Bedarf sei schon gedeckt, sagte Dreier der Landshuter Zeitung, wenn der Fahrplan der bestehenden Schulbuslinie erweitert und an Abfahrtszeiten der Züge angepasst werde. Dreier, so heißt es in dem Bericht, werde im Januar mit dem Freisinger Landrat Petz nach einer Lösung suchen. Zuletzt hatten Freisinger Kreisräte in der Sitzung des Planungsausschusses des Kreistags den Wunsch nach mehr Haltestellen in Moosburg geäußert. Das wird die Verhandlungen nicht einfacher machen.

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SZ vom 05.01.2021/psc/van
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