Die fehlenden Kita-Plätze in Neufahrn waren am Montagabend erneut Thema im Gemeinderat. Im Publikum saßen auch rund 40 bis 50 Eltern und andere Betroffene, die über die aktuelle Situation verärgert sind: Denn in den Neufahrner Einrichtungen ist es eng, und eine deutliche Besserung ist nicht in Sicht.
Konkret geht es um 70 Krippenkinder, deren Eltern auch nach der zweiten Platzvergabe eine Absage bekommen haben, und um 25 Kindergartenkinder, die ebenfalls leer ausgegangen sind. Bei Letzteren handelt es sich vor allem um Kinder, die erst Ende Juli oder später ihren dritten Geburtstag feiern.
"Alle Kinder, die bis Mitte Juli drei Jahre alt werden und deren Eltern mehr als einen Kindergarten angegeben haben, konnten wir mit einem Platz versorgen", sagte Michaela Wiencke-Bimesmeier, zuständige Abteilungsleiterin bei der Verwaltung, am Montagabend. Ausschlaggebend für die Vergabe von Krippenplätzen seien dagegen andere Faktoren, wie eine gemischte Alters- und Geschlechtsstruktur in den Gruppen. Darüber entscheiden die Einrichtungen selbst, nicht die Gemeinde.
Wiencke-Bimesmeier wies auch darauf hin, dass in der einen oder anderen Einrichtung weitere Plätze frei werden könnten, weil einige Träger in Verhandlungen mit neuen Fachkräften stünden. Endgültig bestätigen könne sie dies aber erst im Laufe des Juli, wann genau, das konnte sie nicht sagen. Das bedeutet: Eltern können weiterhin hoffen, im allerletzten Moment doch noch einen Betreuungsplatz für ihre Kinder zu ergattern - am Gesamtbild wird sich aber nichts ändern.
Doch warum ist die Lage in Neufahrn so kritisch? Die Antwort ist die gleiche wie auch in den anderen Gemeinden des Landkreises (in Freising zum Beispiel ist die Krise besonders akut) und darüber hinaus: das fehlende Personal. Derzeit gibt es in Neufahrn 134 Krippen- und 756 Kindergartenplätze, die von der Gemeinde genehmigt sind. Rund 160 von diesen Plätzen können aber nicht belegt werden, weil bei den Trägern das Personal fehlt, so Wiencke-Bimesmeier.
Die Gemeinde zahlt dem pädagogischen Personal 470 Euro
Vor allem im Kindergarten am Keltenweg, der von der Diakonie Rosenheim getragen wird, hat sich die Situation in den vergangenen Wochen zugespitzt. Die Gemeinde beklagt, vom Träger "erst sehr spät und am Anfang auch unvollständig" informiert worden zu sein. Wegen Personalmangels kann die Einrichtung am Keltenweg aktuell die Kinder nicht wie gewohnt betreuen, sodass rund 20 Kinder mitten im Kita-Jahr in andere Einrichtungen der Gemeinde wechseln müssen. Dadurch reduziert sich die Zahl der am Keltenweg betreuten Kinder von rund 70 auf knapp 50. Aber auch in Massenhausen ist die Situation schwierig, dort wird die Krippe im September vorerst schließen. Aber Plätze fehlen überall.
"Wir versuchen unser Möglichstes, um die Träger zu unterstützen", sagte Wiencke-Bimesmeier. Die Gemeinde bezahlt dem pädagogischen Personal der Träger freiwillig eine Großraumzulage von 270 Euro und eine Pädagogen-Zulage von 200 Euro pro vollbeschäftigte Person. Außerdem stehen über den neuen Einrichtungen günstige Personalwohnungen zur Verfügung und die Stellenausschreibungen werden auch auf der Homepage der Gemeinde veröffentlicht. Doch das reicht offenkundig nicht. "Der Markt ist so leer", sagte die Abteilungsleiterin. Mehr Ideen, um Fachkräfte für sich zu gewinnen, habe sie auch nicht. Auf die Frage eines betroffenen Vaters, ob die Verträge mit den Trägern Vertragsstrafen enthielten, antwortete Wiencke-Bimesmeier, dass das nicht der Fall sei, "das macht auch keiner".
Die Gemeinde macht nach Meinung vieler Eltern nicht genug
Laut Marc Bosch von der Elterninitiative Neufahrn ist die Stimmung unter den Eltern "aufgeheizt". Zwar stimme es, dass die Gemeinde nirgends so viel Geld wie in Kindertagesstätten und Schulen investiere, "aber das ist nicht genug". Es gebe zu wenig Personalwohnungen, die Gemeinde müsse attraktiver werden. Einige Erzieherinnen, die am Montagabend dabei waren und lieber anonym bleiben möchten, sagten der SZ, dass "das ganze System" schuld an der Misere sei.
Um die Mieten zu bezahlen, müssten oft beide Elternteile Vollzeit oder beinahe Vollzeit arbeiten, die Fachkräfte selbst arbeiteten unter schwierigen Bedingungen und Dauerstress, weil die Kindergartengruppen zu groß seien, folglich sei der Ruf des Jobs nicht der beste. Und von 2026 an wird der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter schrittweise eingeführt: Viele Quereinsteiger oder pädagogische Fachkräfte werden dann dort gebraucht. Aber in den Kindergärten eigentlich auch. Und in den Krippen sowieso.