Neuer Freizeitpark im Norden Münchens:Die Dauerwiesn

Vergnügen in weiß-blau: Im Norden Münchens soll ein neuer Freizeitpark mit historischen Fahrgeschäften und jeder Menge bayerischem Lokalkolorit entstehen. Ob sich das 300-Millionen-Euro-Projekt rechnet, ist fraglich. Schon öfter hat es in Bayern hochfliegende Freizeitpark-Pläne gegeben, die nicht realisiert wurden.

Alexandra Vettori und Andreas Roß

München boomt. Immer mehr Menschen ziehen zu, die Wirtschaftskraft wächst, der Tourismus gedeiht prächtig - nur Vergnügungs- und Freizeitparks, ausgerechnet die gibt es rund um die Landeshauptstadt nicht. Wer sich in schwindelnde Höhen schwingen und ordentlich durchrütteln lassen möchte, muss viele Kilometer weit fahren, ins Allgäu in den Skyline-Park oder nach Niederbayern in den Bayernpark. Nicht nur im Münchner Umland, sogar in Oberbayern sind Freizeitparks Mangelware.

Fahrgeschäfte auf dem Oktoberfest, 2009

Fahrgeschäfte auf dem Oktoberfest, 2009 Wiesnbesucher genießen die Fahrt im Kettenkarussell.

(Foto: Stephan Rumpf)

Eine Projektentwicklergruppe will das ändern, zu den Machern gehören der ehemalige Münchner Baureferent Horst Haffner sowie Gerhard Ohneis, früherer Präsident der Bayerischen Brauer. Im Münchner Norden, in der Gemeinde Neufahrn, zwischen Flugzeug-Einflugschneise, Autobahn A92, S-Bahn und Bundesstraße 11 wollen sie einen Freizeitpark bauen.

Der soll auf 18 Hektar Fläche zwar nicht High-Tech-Nervenkitzel bieten, sondern eher das Einfallstor zu bayerischer Kultur und Lebensfreude darstellen. Zwei Hotels, ein mehrstöckiges Parkdeck, Klettergarten, historische Fahrgeschäfte und viel Platz zum Verkauf von bayerischen Spezialitäten wie Bier, Trachten, Bauernmöbeln, Geräuchertem und Käse sind geplant.

Christian Breu, Geschäftsführer des Regionalen Planungsverbandes München, findet das Vorhaben interessant, das das Projektteam am Montag vorstellte: "Das ist in der Tat etwas, was wir hier im Raum München noch nicht haben." Warum es rund um München bislang keine dauerhaften Groß-Vergnügungsstätten gibt, kann auch er nicht so recht erklären. Dafür ist die Liste der gescheiterten Versuche umso länger: In Garching sind erst vor einigen Monaten die Pläne zur "Zeppelin-Erlebniswelt" auf Eis gelegt worden, weil sich kein Investor fand.

Im Freistaat gab es in der Vergangenheit immer wieder hochfliegende Pläne für Freizeit- und Vergnügungsparks. Doch die Träume von oftmals anonymen oder ortsfernen Investorengruppen sind in den vergangenen beiden Jahrzehnten so gut wie nie in Erfüllung gegangen - sieht man einmal vom Bau des Legolandparks bei Günzburg ab.

Nachdem die Schwaben im September 1999 in Konkurrenz mit der japanischen Metropole Tokio für den Bau des weltweit vierten Legolandparks den Zuschlag erhalten hatten, wurden plötzlich überall im Land Pläne und Ideen für neue Freizeitwelten entwickelt.

So wollte die Bayerische Landessiedlung an der Autobahn A96 bei Buchloe einen Ferienpark mit einer "Erlebniswasserwelt" für Kurzurlauber errichten. Gleichzeitig wurde in Oberhausen im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen von einer Münchner Immobiliengesellschaft eine sogenannte "Wunderwelt" geplant. Und in der Feriengemeinde Lechbruck im Ostallgäu wollte die Palmyra Hotelpark AG 500 Hotelsuiten, 300 Bungalows sowie ein Sport-, Einkaufs- und Kongresszentrum bauen.

Woher kommen die 300 Millionen Euro?

Den Gemeinden wurden die Pläne meist mit der Ankündigung von 200 bis 300 Arbeitsplätzen, einer Investitionssumme von damals bis zu 500 Millionen Mark und mindestens einer Million Besucher schmackhaft gemacht. Keines dieser großflächigen Projekte ist je realisiert worden.

In der Nähe zu Legoland sollte schließlich an der Autobahn8 bei Jettingen-Scheppach ein "Familiy Entertainment Park" mit dem Namen Dinarium entstehen. Im Mittelpunkt sollte ein Museum stehen, in dem Kinder nach angelsächsischem Vorbild Themen wie Technik, Verkehr, Luftfahrt, Geografie, Umwelt und Natur "aktiv erleben und begreifen" sollten. Ein Wasserpark, eine Sportakademie, ein Multiplex-Kino, ein Kongresshotel sowie ein zum Freizeitangebot passender großflächiger Einzelhandel sollten das Spektakel abrunden. Das 350 Millionen-Projekt starb einen leisen Tod.

Der von der Schweizer Immos Group für 400 Millionen Euro geplante Freizeitpark am Friedberger Baggersee östlich von Augsburg wurde auch nie gebaut. Die Projektfirma ging in Konkurs, noch ehe sich irgendetwas Handfestes getan hatte. Weil dennoch Verträge abgeschlossen wurden, musste sich der Geschäftsführer wegen Betrugs und Bankrott 2009 vor Gericht verantworten. Und nach mehr als siebenjähriger Planungsphase droht nun auch der sogenannte Limes-Park bei Ellingen in Mittelfranken, der die Geschichte der Römer anschaulich darstellen wollte, vorzeitig unterzugehen.

Die Münchner Projektentwickler rund um Ex-Baureferent Haffner und dem Münchner PR-Büro Bavariaworld wollten ihren bayerischen Freizeitpark ursprünglich in der Landeshauptstadt realisieren, in der Eisenbahn-Ausbesserungshalle in Freimann. Nachdem diese nicht mehr zur Verfügung stand, hat sich das Team in der Region umgeschaut. Die Regierung von Oberbayern, wo sie sich nach einem verkehrsgünstigen Standort erkundigten, schickte sie zur Nordallianz, dem Zusammenschluss der Kommunen im Münchner Norden. Dort hatte man zwei mögliche Standorte für den Freizeitpark: Garching-Hochbrück an der Autobahn A9 und Neufahrn, zwischen A92 und B 11.

Der Garchinger Stadtrat erteilte dem Ansinnen damals aber eine Absage. "Uns war das eine Nummer zu groß", erinnert sich der damalige Garchinger Bürgermeister Manfred Solbrig. In Neufahrn stieß man auf offene Ohren. Dort hatte der Gemeinderat schon ein paar Jahre zuvor ein Stück Landschaftsschutzgebiet zum Logistik-Park umwidmen lassen. Drei Jahre haben sich die Grundstücksverhandlungen für den Freizeitpark dann noch hingezogen, bis die Verträge vergangene Woche unter Dach und Fach waren.

Das schwerste Stück Arbeit dürfte den Projektentwicklern noch bevorstehen: die 300 Millionen Euro aufzutreiben, die der Freizeitpark nach ersten Schätzungen kosten soll. Thomas Neff von den Projektentwicklern hat jedoch keine Bedenken: "Wir beschäftigen uns mit diesem Projekt seit fünf Jahren. Wenn wir uns nicht rückversichert hätten, dass das finanzierbar ist, hätten wir das nicht gemacht", sagt er.

Im Bavariapark solle kein klassisches Investorenmodell verwirklicht werden, sondern einzelne Investoren die verschiedenen Bereiche realisieren. Neff rechnet fest damit, dass die prognostizierten zwei Millionen Besucher im Jahr kommen, direkt vom Flughafen und aus dem Umland. Spätestens im Jahr 2015 hätte München dann seinen ersten Freizeitpark.

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