Naturfreunde Freising:Kleinod hoch über den Isarauen

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Vor hundert Jahren – im September 1924 - feierte das Naturfreundehaus in Hangenham Eröffnung. (Foto: Marco Einfeldt)

Vor 100 Jahren ist das Naturfreundehaus in Hangenham eröffnet worden. Es ist zum Dreh- und Angelpunkt des Vereins geworden. Mitte September ist ein großes Fest geplant.

Von Gudrun Regelein, Freising

Die Lage des Naturfreundehauses in Hangenham ist einzigartig. Von der Terrasse hat man einen weiten Ausblick auf die Auenlandschaft mit Moosach und Isar – bei Föhnwetter sieht man sogar die imposante Alpenkette. „Die exponierte Lage an der Hangkante mit dem spektakulären Blick spielt natürlich eine Rolle, die zieht auch viele Besucher aus anderen Landkreisen an“, sagt Werner Habermeyer, einer der Vorstände der Naturfreunde Freising. Das Naturfreundehaus sei das Kleinod des Vereins. In diesem Jahr feiert es sein 100-jähriges Bestehen.

Gegründet worden war die Ortsgruppe Freising der Naturfreunde Deutschland, die sich selbst als „gesellschaftspolitisch aktiven Freizeitverband“ bezeichnen, 1912. Ein Ziel damals war, den arbeitenden Menschen und deren Kindern den Zugang zur Natur zu erschließen. Bei einem der Naturfreunde-Spaziergänge in den Isarauen wurde dann der Platz hoch oben an der Hangkante bei Hangenham als perfekter Standort für ein eigenes Vereinshaus entdeckt, berichtet Habermeyer.

Von der Terrasse aus hat man einen wunderbar weiten Blick auf die Auenlandschaft, bei Föhnwetter sieht man sogar die Alpenkette. (Foto: Marco Einfeldt)

Mit viel Eigenleistung und Engagement wurde dann der Holzbau errichtet. 1924 konnte das Naturfreundehaus schließlich Eröffnung feiern – und entwickelte sich in den kommenden Jahren zum Dreh- und Angelpunkt des Vereins. „Dort wird gearbeitet und gefeiert“, sagt Habermeyer. Die Hütte sei nicht nur ein sozialer Treffpunkt, sondern auch finanzieller Grundstock. Die Mitgliedsbeiträge nämlich müssen an den Landesverband abgegeben werden, der Verein finanziere sich durch Einnahmen aus Übernachtungen und der Gaststube im Naturfreundehaus.

„An der Hütte wurde permanent gearbeitet, es gab immer etwas zu tun“, berichtet Habermeyer. Schon in den Zwanzigerjahren wurde das Fundament für die Terrasse erstellt, der ursprüngliche Bau immer mehr erweitert. Mitte der Achtzigerjahre zog das Holz dann Feuchtigkeit, das Naturfreundehaus musste abgerissen werden, der Neubau wurde in den Neunzigerjahren errichtet. Von Anfang an trafen sich dort nicht nur die Mitglieder, Gaststube und Übernachtungsmöglichkeiten waren auch immer für Besucher offen – das Haus galt schon damals als beliebtes Ausflugsziel.

Die Ortsgruppe wuchs immer mehr: Waren es bei der Gründung noch etwa 20 Personen – ausschließlich Männer – stieg die Zahl der Mitglieder Anfang der Dreißigerjahre auf etwa 350, darunter auch viele Frauen. „Die Frauen spielten und spielen bei uns eine entscheidende Rolle – wenn auch oft im Hintergrund“, sagt Habermeyer.

Jahre des Stillstandes in der Nazizeit

1933 dann folgte ein großer Einschnitt, die sozialistischen Naturfreunde wurden nach der Machtergreifung Hitlers verboten. Die Protokollbücher aus dieser Zeit konnten zwar gerettet werden, berichtet Habermeyer, aber: „Viele Seiten sind daraus entfernt worden. Wahrscheinlich stand dort der ein oder andere Satz über die Nazis. Man hatte Angst.“

Das Naturfreundehaus wurde enteignet und weiterverkauft, eine Kampagne gegen die Naturfreunde gestartet, diese wurden als Kommunisten und Radikale diffamiert. Bedrückende Jahre des Stillstandes folgten. „Die Naturfreunde trafen sich nur noch in unregelmäßigen Abständen in kleinen Gruppen zu Spaziergängen“, erzählt Habermeyer. Nach 1945 aber war der Zulauf enorm groß, nach dem Zweiten Weltkrieg erreichte die Mitgliederzahl mit etwa 450 ihren Peak.

Die Freisinger Ortsgruppe der Naturfreunde setzt sich vor allem für Umweltbildung ein. Sie will für Menschen aller Bevölkerungsschichten bezahlbare Angebote – egal ob bei den Getränke- oder den Übernachtungspreisen – bieten, sich aber auch politisch einmischen. In Freising machen das die Naturfreunde auf ganz verschiedene Weise. So haben sie sich am Bündnis für das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ beteiligt, sich im Kampf gegen die dritte Startbahn engagiert und an der „Demo gegen Rechts“ in Freising in diesem Juni teilgenommen.

Die Naturfreunde bekennen sich zu demokratischen Grundwerten, betont Werner Habermeyer, einer der Vorstände. (Foto: Marco Einfeldt)

Gefeit gegen eine Unterwanderung von rechtsradikalen Kräften ist man deshalb aber nicht: Kurz vor den Wahlen des neuen Vorstands 2017 flog auf, dass ein Kandidat in den sozialen Medien Postings verbreitete, die eindeutig dem rechten Lager zuzuordnen waren. Die Person sei ein langjähriges Mitglied gewesen, sehr engagiert, bekannt und beliebt. „Wir mussten uns mobilisieren, damit diese Person nicht zum Vorstand gewählt wurde“, sagt Habermeyer.

Schlussendlich trat die Person aus dem Verein aus. Eventuell sei es sein Ziel gewesen, den Vorstand von rechts zu unterwandern, sagt Habermeyer. „Es war eine schwierige Zeit – aber wir haben daraus gelernt.“ Die Satzung wurde geändert, die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt. Vor einer Aufnahme werden nun mit den Bewerberinnen und Bewerbern Gespräche geführt. „Wir bekennen uns zu den demokratischen Grundwerten“, betont Habermeyer. Das rechte Spektrum sei definitiv unerwünscht.

Nachwuchsprobleme gibt es keine

Aktuell zählt der Verein, der in den Corona-Jahren viele Mitglieder verloren hat, wieder 250. Aktiv sind die Wassersportabteilung, die Kinder- und Jugendgruppen, die Seniorenabteilung und die Trommlergruppe. Neue Fachgruppen werden aufgebaut, die Wander- und Radgruppe beispielsweise. Nachwuchsprobleme habe man glücklicherweise keine, sagt Habermeyer. „Aber Jugendleiter fehlen uns.“

Was den Naturfreunden aber Sorgen bereitet, sind die zunehmenden Abrutsche entlang der Hangkante. Das passiere – sicher auch wegen des Klimawandels – immer häufiger, schildert Habermeyer. „Wir fragen uns, was in 50 oder 100 Jahren sein wird – wir sind schließlich von diesem Standort abhängig.“

Das Jubiläum wird bei einem großen Fest am Samstag, 14. September, gefeiert. Daneben wird das ganze Jahr über ein kulturelles Programm geboten. Weitere Infos unter www.naturfreunde-freising.de.

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