Süddeutsche Zeitung

Organisiert von Rainer Forster:Film über Zensur bei Wikipedia

Diözesansekretär darf den Veranstaltungsabend nach Rücksprache mit seinen Vorgesetzten allerdings nicht im Namen der KAB ankündigen.

Von Peter Becker, Freising/Erding

Rainer Forster, Diözesansekretär der Region Nord der Katholischen Arbeiterbewegung (KAB) in Freising, hat ein reines Gewissen. Am Samstag, 18. Februar, ist von 19.30 Uhr an bei einer Veranstaltung Forsters im Freisinger Löwenwirt eine Dokumentation "über die gezielte Manipulation" der Internetplattform Wikipedia zu sehen. Der Film von Markus Fiedler und Frank Michael Speer feiert gleichzeitig am Rande der Berlinale Premiere. Bedenken, er könnte damit wieder in Konflikt mit seinen Vorgesetzten vom Diözesanverband geraten, hat er nicht. Forster hat sich die Erlaubnis dazu geholt. Aber: "Es ist eine private Veranstaltung", erklärt der Diözesansekretär. Sie dürfe nicht im Zusammenhang mit der KAB stehen. Diözesanvorsitzender Dieter Thalhammer bestätigt diese Vereinbarung auf Nachfrage.

Forster war im vergangenen Jahr in die Kritik geraten. Zu seinen Veranstaltungen, organisiert im Namen der KAB, waren sogenannte Verschwörungstheoretiker oder Rechtspopulisten als Redner eingeladen. Der SPD-Kreisverband hatte sich darüber bei der KAB beschwert. Forster war zum Rapport bestellt worden und hatte einen Rüffel erhalten. Anfang Dezember musste der Diözesansekretär seinem Arbeitgeber zusichern, dass er künftig Veranstaltungen stärker mit ihm abstimmen muss. Daran habe er sich gehalten, versichert Forster. "Es steht mir frei", sagt er zu dem geplanten Vortrag. Aber nur auf eigene Verantwortung und die Veranstaltung darf nicht im Zusammenhang mit der KAB stehen. Was natürlich schwierig ist. Besucher unterscheiden möglicherweise nicht zwischen der Privatperson und dem Repräsentanten der Organisation.

Der Film trägt den provokanten Titel "Zensur - die gezielte Manipulation der Wikipedia und anderer Medien". Dabei geht es um die Art und Weise, wie Einträge in das Online-Lexikon zustande kommen. In seiner Einladung zu der Veranstaltung, die einen Tag später von 18.30 Uhr an im Erdinger Mayr-Wirt stattfindet, schreibt Forster von Versuchen, Wikipedia durch Einträge bewusst zu manipulieren. Der Film soll laut Forster nachweisen, dass Wikipedia "als Werkzeug und Teil eines größeren Netzwerks zur politisch-ideologischen Manipulation und für das Marketing von Unternehmen missbraucht wird". Was sich wiederum verdächtig als Verschwörungstheorie liest, ist für Forster harmlos. Er habe die Ankündigung etwas reißerisch formuliert, um die Veranstaltung für Besucher interessant zu machen, sagt er.

Auf der Internet-Plattform Youtube ist ein Trailer zu dem angekündigten Film zu sehen. Offenbar handelt es sich dabei im weiteren Verlauf um einen Ausschnitt aus dem Film "Die dunkle Seite der Wikipedia", ebenfalls produziert von Fiedler und Speer. Zu sehen ist das Logo des umstrittenen Portals KenFM des im gleichen Maße umstrittenen Publizisten Ken Jebsen. Der Beitrag beschäftigt sich mit einem angeblichen Rufmord am Schweizer Historiker Daniele Ganser in Wikipedia. Ganser war im vergangenen Jahr ebenfalls von Forster eingeladen worden. Die Veranstaltung wurde aber kurzfristig abgesagt.

Thalhammer wusste zunächst nichts von der Veranstaltung Forsters. Seinen Erkundigungen zufolge hat alles seine Richtigkeit. Er kündigt aber an, dass der Diözesanverband weiterhin auf die Veranstaltungen Forsters und dessen Internetseite ein Auge haben werde.

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Quelle:
SZ vom 14.02.2017
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