Süddeutsche Zeitung

In Krisenzeiten:Konzepte für den Blackout

Immer mehr Gemeinden im Landkreis Freising wappnen sich für den Fall eines langanhaltenden Stromausfalles. Auch das Landratsamt bereitet sich vor. Was derzeit fehlt, ist eine genaue Übersicht.

Von Francesca Polistina, Freising

Die Fakten zuerst: Einen großflächigen und langanhaltenden Stromausfall hat es in Deutschland noch nie gegeben. Die Menschen hierzulande haben lediglich mit kleineren Stromausfällen zu tun, im Jahr 2020 mussten Haushalte im Durchschnitt 10,73 Minuten ohne Strom auskommen, so eine Analyse der Bundesregierung. Man könnte also meinen: Es gibt durchaus größere Probleme.

Dennoch zeigen Ereignisse wie der Krieg in der Ukraine, dass es nicht schadet, ein Notfallkonzept parat zu haben. Denn nicht nur heftige Schneefälle und Stürme, sondern auch ein zu hoher Stromverbrauch (zum Beispiel, wenn vermehrt Haushalte Heizlüfter oder Elektroheizungen nutzen, um Gas zu sparen) können zu einem Blackout führen. Deshalb bereiten sich immer mehr Gemeinden im Landkreis Freising auf einen ähnlichen Fall vor. "Das Thema ist präsent", bekommt man häufig zu hören, wenn man sich im Landkreis bezüglich Notfallkonzepten umhört.

Kürzlich war es der Neufahrner Gemeinderat, der in seiner Sitzung Ende Februar die Errichtung eines mit Notstrom versorgten SOS-Punktes in der neuen Turnhalle am Jahnweg, auch "Katastrophenschutz-Leuchtturm" genannt, und die Beschaffung eines mobilen Notstromaggregats beschloss. In Freising ist der Kauf von Notstromaggregaten, insbesondere für die Außenwachen der Feuerwehr, im Haushalt 2023 vorgesehen - denn generell dienen die Feuerwehrhäuser als erste Anlaufstelle für Hilfesuchende. Außerdem verfügen die Stadt und die Feuerwehr in Freising über Treibstoffreserven, die für einige bis mehrere Tage den Betrieb der Bauhoffahrzeuge, der zentralen Stadtverwaltung und den Brandschutz gewährleisten. In den neuen Freisinger Turnhallen soll künftig eine Notstromversorgung eingerichtet werden, damit diese als Aufenthaltsmöglichkeit genutzt werden können, wie bereits die Luitpoldhalle.

In Moosburg gibt es ein solches Konzept seit dem vergangenen Herbst, dort sind die drei Feuerwehrhäuser mit Notstrom versorgt und können als erste Anlaufstation für die Bevölkerung dienen, genauso wie die Stadthalle. Die Gemeinde Eching hat in jedem Ortsteil einen "Leuchtturm" definiert, nämlich das Bürgerhaus Eching, den Bürgersaal Dietersheim und das alte Schulhaus neben der Feuerwehr in Günzenhausen, die im Notfall durch je ein Notstromaggregat versorgt werden, so dass Strom und Wärme zur Verfügung stehen, wie Bürgermeister Sebastian Thaler erklärt. In Hallbergmoos steht am Bauhof ein mobiles Notstromaggregat zur Verfügung.

Wichtige Infrastrukturen sollen bei einem Stromausfall weiter laufen: In Freising ist die Funktionsfähigkeit des Klärwerks bereits seit Jahren gewährleistet - "über eine eigene reservierte Treibstoffreserve, über zwei stationäre Großaggregate und mehrere transportable Mittel- und Kleinaggregate", erklärt die Pressesprecherin der Stadt, Christl Steinhart. Auch in Moosburg und Hallbergmoos sind die Kläranlagen mit Notstrom versorgt.

Das Landratsamt hat eine Projektgruppe ins Leben gerufen

Wenn die Gemeinden aufgefordert sind, Anlaufpunkte zu definieren und sich um deren Ausrüstung zu kümmern, ist es Aufgabe des Landratsamts als untere Katastrophenschutzbehörde, sich mit den möglichen Szenarien zu beschäftigen und die Notfälle dann vor Ort zu koordinieren. Das Freisinger Landratsamt hat deshalb im Herbst 2022 eine Projektgruppe zur Erstellung einer Notfallvorsorgeplanung ins Leben gerufen - dazu gehören Vertreter der Feuerwehren, des Technischen Hilfswerks und der beiden freiwilligen Hilfsorganisationen Johanniter-Unfall-Hilfe und Bayerisches Rotes Kreuz sowie Vertreter der Katastrophenschutzbehörde. "Ziel dieser Projektgruppe ist es, die Probleme, die durch einen Blackout entstehen, zu ermitteln und Abhilfemaßnahmen zu planen", sagt ein Sprecher des Landratsamtes.

Das klingt gut und vernünftig, einen Haken scheint es allerdings zu geben. Denn die Gemeinden erhielten vom Landratsamt Empfehlungen, wie sie sich auf ein solches Szenario vorbereiten können. Auf die Frage, wie viele Gemeinden bereits ein fertiges Notfallkonzept erarbeitet haben, antwortet das Landratsamt: "Derzeit nicht bekannt." Eine genaue Einschätzung der Lage erweist sich somit als schwierig.

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