Stadtarchivar Stephan Kopp nennt es einen „schwarzen Fleck“. Der Zeit des Nationalsozialismus und speziell des Kriegsgefangenenlagers Stalag VII A, das sich zwischen Herbst 1939 und dem Frühjahr 1945 in Moosburg befand, schenkte man nach dem Zweiten Weltkrieg lange keine große Aufmerksamkeit. Dieses dunkle Kapitel der Stadtgeschichte wurde weitgehend verdrängt. Noch in den 1970er-Jahren, so erinnerte sich einmal der Heimatforscher Karl A. Bauer, „wurde das Thema in Moosburg totgeschwiegen“.
Erst nach der Jahrtausendwende begann man, die Geschichte des Stalag inklusive der späteren Nutzungen des Lagers und den Einfluss auf die Entwicklung der Stadt aufzuarbeiten. Durch das Engagement privater Akteure und Initiativen, aber auch durch die Kommune selbst. Vor allem seit Beginn der 2010er-Jahre erzielte man dabei beachtliche Fortschritte. Doch vieles blieb auch Stückwerk, ein schlüssiges Gesamtkonzept fehlt nach wie vor.
Wie wird eine Kleinstadt, die heute 20 000 Einwohner zählt und in der sich während des Zweiten Weltkriegs eines der größten Kriegsgefangenenlager Deutschlands mit insgesamt mehr als 150 000 registrierten Inhaftierten befand, diesem historischen Erbe gerecht? Welche Art von Erinnerungskultur möchte man künftig pflegen und wie lässt sich diese nachhaltig etablieren? Auch Fragen wie diesen versucht die Ausstellung „Vergessen und vorbei?“ nachzuspüren, die anlässlich des 80. Jahrestags der Stalag-Befreiung von 25. April bis 11. Mai 2025 täglich von 13 bis 18 Uhr in der Moosburger Stadthalle zu sehen sein wird.
Am 29. April 1945 befreite die US-Armee das Stalag VII A, in dem sich zu diesem Zeitpunkt bis zu 70 000 Gefangene aus aller Herren Länder befunden haben sollen. Auf den Tag genau 80 Jahre später soll dieses Ereignis nun mit einer Gedenkveranstaltung mit geladenen internationalen Gästen, unter anderem aus verschiedenen Konsulaten, angemessen gewürdigt werden.

Es ist nur eines von zahlreichen Angeboten, die die eigentliche Ausstellung flankieren. Neben Führungen und Rundgängen stehen auch Vorträge und Podiumsdiskussionen auf dem Programm. Zudem zeigen das Heimatmuseum und das Stalag-Neustadt-Museum Exponate zu diesem Thema. Auf der Internetseite stalag7a.de, die erst seit ein paar Tagen online ist, haben Teamleiter Stephan Kopp und seine Mitstreiter aus der Organisationsgruppe alles Wissenswerte zusammengetragen. Auf der modernen, optisch ansprechenden und mit umfassenden Informationen bestückten Website wird die Stadt auch künftig alle Entwicklungen zum Thema Stalag begleiten.
Die Ausstellung zur Lagerbefreiung, mit der man Besucher aus der ganzen Region ansprechen möchte, soll „mehr sein als nur eine weitere Ausstellung zum Thema Stalag“, sagt Stadtarchivar Kopp. Man habe einen umfassenden Ansatz gewählt. In jeder Hinsicht. So soll zum einen die Ausstellung alle Phasen des Stalag beleuchten: von den Anfängen als Kriegsgefangenenlager über die Nutzung als US-Internierungslager und später Zufluchtsort von Heimatvertriebenen bis hin zur Unterkunft für Gastarbeiter und Obdachlose sowie der Entstehung des Stadtteils Neustadt.
Zum anderen soll die Ausstellung aber auch generell „zum Nachdenken anregen“, so Kopp: „Wir haben dieses Erbe. Was machen wir damit?“ Davon ausgehend soll nun – im Gespräch ist bereits seit Jahren die Einrichtung eines Stalag-Dokumentationszentrums –„eine gemeinsame Vision entwickelt werden“, sagt Heimatmuseumsleiter Michael Kerscher, der ebenfalls zum Organisationsteam gehört und sich darüber freut, dass man nun endlich „mal alle Akteure unter einen Hut gebracht hat“.


Während diese bisher oft nebeneinander her gearbeitet haben, sind bei diesem Projekt nun erstmals alle in einem Boot: die Stadt mit ihrem Archiv, dem Heimatmuseum, Pressesprecherin Nicole Pfanzelt und dem Stalag-Neustadt-Museum mit Leiter Martin Pschorr. Dazu der Stalag-Verein mit den Vorsitzenden Tina Naumović und Simon Klingel, die Politikwissenschaftlerin Elena Petuhova, der Heimatverein mit Anton Neumaier, die Kunsthistorikerin Christine Fößmeier, die Gedenkstättenpädagogin Iris Hofer-Englmaier und der Historiker Dominik Reither. Weitere Hilfe kommt von Karl A. Bauer, Graphikdesigner Philipp Schilli, dem Bauhof, Jugendparlament und Jugendzentrum, Orhan Söhmelioglu und Günther Strehle.
Mit dieser geballten Kompetenz möchte man auch künftig an einem Strang ziehen und neuen Schwung in eine Diskussion bringen, bei der man sich zuletzt im Kreis gedreht hat. Darüber, wie es mit den noch stehenden, denkmalgeschützten Gefangenen- und Wachbaracken weitergeht, die in einem Spannungsverhältnis zur Erweiterung des benachbarten Schulzentrums stehen. Und ob sich ein Dokumentationszentrum verwirklichen lässt.