Ein Durchbruch zeichnet sich bei den Gesprächen zur Rettung der Wachmannschaftsbaracken des früheren Kriegsgefangenenlagers Stalag VII A in Moosburg ab. Zumindest die Finanzierung einer Notsicherung sagten Denkmalschutz-Experten vor wenigen Tagen bei einer Besichtigung zu, damit sich der Zustand der drei verbliebenen Gebäude nicht weiter verschlechtert. Parallel dazu soll ein Konzept für die künftige Nutzung ausgearbeitet werden. Einen Rundgang für Besucher ermöglicht der Stalag-Verein schon jetzt. Einmal im Monat, jeweils am zweiten Sonntag, wird von 14 bis 17 Uhr die Baracke an der Schlesierstraße 5 geöffnet, die 85 Jahre Stadt- und Sozialgeschichte widerspiegelt.
Für die ersten Schritte ist das Problem der Finanzierung gelöst. Der Freisinger Landrat Helmut Petz (FW) sprach deshalb von einem „besonderen Tag“. Vor vier Jahren hatte es schon einmal vielversprechende Gespräche gegeben, wegen der ungeklärten Kostenübernahme aber waren sie im Sande verlaufen. Anders als damals stellten die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und das Landesamt für Denkmalschutz nun Geld in Aussicht. Denn Stadt und Landkreis haben dafür keinerlei finanziellen Spielraum, wie Petz bei dem Treffen noch einmal betonte. Beide unterstützen den Erhalt der Gebäude, vor Kurzem unterzeichneten Bürgermeister und Landrat eine Zweckvereinbarung.
Vor wenigen Jahren war das noch anders. Die Baracken an der Schlesierstraße 3 und 5 standen kurz vor dem Abriss, doch dann erfolgte in Moosburg ein Umdenken. Der Stadtrat hat seinen mehr als zehn Jahre alten Abbruch-Beschluss inzwischen zurückgenommen und weiß die Denkmalschützer an seiner Seite. „Wir halten das für ein wichtiges Projekt“, betonte Guido Siebert von der Stiftung Denkmalschutz, der für das Treffen aus Berlin angereist war.
Auch Michael Schmidt, zuständiger Abteilungsleiter im Landesamt für Denkmalpflege, zeigte sich begeistert von der Entwicklung. „Die Botschaft ist ganz wunderbar.“ Es sei ein wichtiger Auftrag, die Menschen für die NS-Zeit zu sensibilisieren und Bildungsarbeit zu leisten. Die Nationalsozialisten hatten das Kriegsgefangenenlager 1939 errichtet, bis Kriegsende 1945 wurden dort sowie in den Außenlagern mehr als 150 000 Gefangene registriert.
Außer einem Museum könnte auch ein Treffpunkt entstehen
In einem weiteren Schritt sollen die Gebäude mit einer Gesamtfläche von 1900 Quadratmeter in ein „lebendiges Denkmal“ verwandelt und nutzbar gemacht werden. „Da kann man einiges draus machen“, sagte Bürgermeister Josef Dollinger (parteilos). Neben einem Museum und einem Dokumentationszentrum könnte ein Treffpunkt für die Neustadt entstehen – in dem Stadtteil, der in der Nachkriegszeit auf dem ehemaligen Lager-Areal entstanden ist.
Bürger und Vereine sollen in die Planungen einbezogen werden. Sie freue sich „vermutlich mit Abstand am meisten“, sagte Tina Naumovic, Vorsitzende des Stalag-Vereins. „Wir können nicht erwarten, dass es weitergeht.“ Es sei wichtig, dass der Bezug zum eigentlichen Denkmal nicht verloren gehe. Die Wirkung dort sei viel unmittelbarer, als man dies mit einem Vortrag oder einer Ausstellung erreichen könne.


Architekt Christian Kayser erstellte in den vergangenen Monaten eine umfangreiche Bestandsaufnahme. Ein kleines Museum sei die Baracke an der Schlesierstraße 5 eigentlich schon jetzt, sagte er bei einem Rundgang. Viele Details aus der Bauzeit haben sich erhalten, etwa Schwingflügeltüren, Fenster, Läden, Zementfußboden oder ein großes Waschbecken mit eingelassenen Seifenschalen. Neu angelegte Zimmerfluchten und Möbel wie eine Spiegelkommode, Bett und Sofa sind Zeugnisse der Nutzung in der Nachkriegszeit, als dort zunächst Vertriebene und später Gastarbeiter untergebracht waren. „Es ist ein sehr vielschichtiges Denkmal“, so Kayser.
Der Architekt und sein Kollege Peter Kifinger stießen bei den Untersuchungen auf interessante Dokumente. Bereits mit Datum 14. März 1939, also Monate vor Kriegsbeginn, existiere eine Dienstanweisung der Nationalsozialisten für einen „Idealplan“ zum Bau von Kriegsgefangenen-Unterkünften, schilderten sie. Die Wachbaracken in Moosburg seien nach diesem Schema realisiert worden. Dank eines „Zufallsfunds“ im Stadtarchiv habe man auf Grundrissen zudem rekapitulieren können, was in den Gebäuden untergebracht war. Ursprünglich gab es sechs weitere Wachbaracken.

Kriegsgefangenenlager Stalag VII A:Schwieriges Erbe
Am 29. April 1945 befreien amerikanische Truppen das Stalag VII A in Moosburg. 150 000 Gefangene aus der ganzen Welt wurden von 1939 bis 1945 registriert. Einige Baracken stehen noch, ein einzigartiges Mahnmal. Darf man sie abreißen? Mancher wünscht sich das.
Am dringendsten ist laut Kayser die Sanierung der Dachtraufen und der Entwässerung, damit kein Wasser mehr eindringen kann. Dies soll 2026 erfolgen. Die Planung für die Notsicherung will das Landratsamt demnächst in Auftrag geben. Die Stiftung Denkmalschutz möchte sich in einem weiteren Gespräch mit dem Landesamt über die Finanzierung und das weitere Vorgehen verständigen. Von der Kostenschätzung wird dann abhängen, was alles umgesetzt werden kann.
In ein Gesamtkonzept sollte unbedingt die Sabathiel-Baracke an der Egerlandstraße einbezogen werden, betonten Michael Schmidt und Alexander Ditsche vom Landesamt für Denkmalpflege. Sie ist die letzte noch bestehende Gefangenenbaracke. Wegen Einsturzgefahr kann sie nicht betreten werden. Stützpfeiler und ein Dach schützen sie vor dem weiteren Verfall. Für Angehörige ehemaliger Internierter ist sie ein wichtiger Gedenkort – und das soll sie auch bleiben. Schmidt riet davon ab, das Denkmal „zu veredeln“. Ditsche stimmte ihm zu: „Das hat in diesem desaströsen Zustand eine wahnsinnige Aussagekraft.“

