Süddeutsche Zeitung

19-jähriger Moosburger vor Gericht:Den Drogen abgeschworen

Jugendlicher kommt vor Gericht trotz großer Marihuana-Vorräte im Garten mit einer Bewährungsstrafe davon.

Von Peter Becker, Freising/Moosburg

Falsche Freunde haben einen heute 19-jährigen Moosburger dereinst zum Rauchen von Marihuana verführt. Gerade mal 13 Jahre alt, rauchte er seinen ersten Joint. Bis vor Kurzem konsumierte er noch regelmäßig. "Das Verfahren ist aber wie ein Tritt in den Hintern", ließ er über seine Verteidigerin am Dienstagmorgen vor dem Freisinger Jugendschöffengericht erklären - weshalb er seinen Konsum beendet habe. Bei dem Jugendlichen waren wiederholt größere Mengen Marihuanas gefunden worden. Es stand der Verdacht des gewerbsmäßigen Handels im Raum, der sich aber nicht erhärtete.

Jugendrichter Boris Schätz verurteilte den Moosburger wegen des Erwerbs und des Besitzes einer nicht unerheblichen Menge von Betäubungsmitteln zu einer Jugendstrafe von acht Monaten. Die ist zur Bewährung ausgesetzt.

Die falschen Freunde waren es aber nicht allein, die den 19-Jährigen immer tiefer in die Drogensucht abgleiten ließen. Die Verteidigerin schilderte in ihrer Einlassung, dass die Mutter des Beschuldigten vor einigen Jahren überraschend an Magenkrebs gestorben war. "Die Familie stand unter Schockzustand", ergänzte die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe. Die Verteidigerin schilderte weiter, dass ihr Mandant unter den Kontaktbeschränkungen während der Coronapandemie sehr gelitten habe. Dazu kam ein Unfall mit dem BMX-Rad. Verletzungsbedingt habe der Beschuldigte sein Hobby nicht mehr ausüben können. Die Konsequenz: Ihr Klient verstärkte seinen Konsum.

Für Freunde mitbestellt

Dies ist mit ein Grund, warum die Polizei im Garten der Familie im Frühjahr des vergangenen Jahres eine beträchtliche Menge Marihuana fand. Zum einen habe ihr Mandant mehr Marihuana bestellt, weil er in Coronazeiten "nicht plötzlich auf dem Trockenen sitzen wollte", erklärte die Verteidigerin. Zum anderen habe er für Freunde mitbestellt.

Ins Rollen kamen die Ermittlungen gegen den Jugendlichen durch eine Personenkontrolle in Moosburg. Dabei wurde eine geringe Menge Marihuana gefunden. Ein als Zeuge geladener Beamter der Erdinger Kripo sagte, der ertappte Jugendliche habe die Droge aus einem "Bunker" des Angeklagten entnommen. Rauschgiftfahnder überwachten deshalb die Verstecke des Beschuldigten. Weil sich dort nichts Entscheidendes tat, erwirkten die Beamten einen Durchsuchungsbeschluss. In der Wohnung des Jugendlichen fanden sie geringe Mengen Rauschgifts und Utensilien zum Konsum. Ein auf Rauschgift trainierter Hund erschnüffelte im Garten des Anwesens dann knapp 73 Gramm Marihuana.

Bis in den Juni dieses Jahres hinein war der Jugendliche immer wieder in Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz involviert. Sein Vater hatte ihn deshalb angewiesen, sich eine eigene Wohnung zu suchen. Er wünschte keine Polizeibesuche mehr in seinem Haus. Der Angeklagte ließ über seine Verteidigerin ausrichten, dass er selbst Persönlichkeitsveränderungen an sich festgestellt habe. Er schwor dem Drogenkonsum ab, mit dem Erfolg, dass sich das Verhältnis zum Vater besserte.

Der Arbeitgeber hält große Stücke auf ihn

Der 19-Jährige befindet sich jetzt im dritten Ausbildungsjahr. Sein Arbeitgeber, der große Stücke auf ihn hält, will ihn übernehmen. Das Jugendschöffengericht verurteilte den 19-Jährigen zu einer Jugendstrafe von acht Monaten zur Bewährung. Auf das Verhängen eines zweiwöchigen Dauerarrests, wie ihn die Staatsanwältin als Warnschuss gefordert hatte, verzichtete das Jugendschöffengericht. Vielmehr legt es Wert darauf, dass der Angeklagte seine Ausbildung beendet. Dazu sei die Bewährungsstrafe ein Anreiz. Jugendrichter Schätz bezeichnete die Angaben des Jugendlichen als glaubhaft.

Die Anklage wegen Handels mit Betäubungsmitteln wurde fallen gelassen. Die großen Mengen, die der Beschuldigte einkaufte, hätten zwar darauf schließen lassen, sagte der als Zeuge vernommene Polizist. In den ausgewerteten Chats hätten sich aber keine Hinweise darauf gefunden, dass der Angeklagte sie hätte gewinnbringend verkaufen wollen. Der 19-Jährige wird nun einem Bewährungshelfer unterstellt. Er hat fünf Gespräche bei der Suchtberatungsstelle Prop zu absolvieren und sich künftig von Drogen fern zu halten. Das muss er durch entsprechende Kontrollen beweisen.

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SZ vom 20.09.2021
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